(tsa) Fünf Bücher hat Nicole Stich bereits geschrieben. Ihr neuestes Werk "Shiok Singapur" entführt den Leser in die kulinarische Welt Singapurs. Im Interview erzählt die 44-Jährige von ihrem Drang nach Perfektion und warum sie von sich selbst sagt, dass sie keine besonders gute Gastgeberin ist.
ONETZ: Warum Singapur?
Nicole Stich: Das war ein Zufall. Ich war vor zehn Jahren mal da und war hin und weg. Ich kann nur Kochbücher schreiben, wenn ich ein Herzensbedürfnis danach habe. Und dieses Land hat mein Herz gestohlen.
ONETZ: Woher kommt dieses Herzensbedürfnis der Küche Singapurs gegenüber?
Nicole Stich: Ich bin Fan von asiatischem Essen. Und Singapur ist sowas wie die eierlegende Wollmilchsau. Es ist ein kleiner Inselstaat, aber man findet dort jede asiatische Küche. Das ist unglaublich verlockend. Ich verbringe die Zeit in Singapur nur mit essen – und laufen, um die Kalorien wieder abzutrainieren.
ONETZ: Haben Sie noch nie etwas Schlechtes dort gegessen?
Nicole Stich: Ich hatte noch keine Schwierigkeiten. Im Gegensatz zu anderen asiatischen Ländern ist der Hygiene-Standard in Singapur sehr hoch. Ich habe mir noch nie den Magen verdorben.
ONETZ: Wie kommen Sie an die Rezepte?
Nicole Stich: Ich esse etwas, das mir schmeckt und koche es nach. Und zwar solange, bis es perfekt ist. Mein Vorteil: Ich kann mich gut an Geschmäcker erinnern. Ich habe in Singapur einmal Süßkartoffelbällchen entdeckt und regelmäßig gegessen. Ein Jahr später hatte der Stand der beiden Damen geschlossen. Ich habe solange rumprobiert, bis sie perfekt waren. Da waren sicher fünf bis sechs Anläufe nötig.
ONETZ: Gibt es Gerichte, die Sie gerne aufgenommen hätten, die Ihnen aber einfach nicht gelungen sind?
Nicole Stich: Ich habe großen Ehrgeiz. Es fuchst mich, wenn ich was nicht hinkriege. Also mache ich es, bis es passt. Ich bin mein schärfster Kritiker.
Manchmal waren Rezepte eingeplant die dann wieder rausgeflogen sind – aber nur, weil ich der Meinung war, die weiß nicht jeder zu schätzen. Ich habe ein Eis aus lila Süßkartoffeln entdeckt. Mit meinem Ergebnis war ich auch zufrieden, aber das Eis fühlte sich nicht an wie Eis. Es hatte ein ganz eigenes Essgefühl. Fein, aber gleichzeitig rau. Und ich befürchte, das würden viele als nicht gelungen bezeichnen – einfach, weil es ihnen fremd ist.
ONETZ: Mögen Sie alle Gerichte, die im Buch sind?
Nicole Stich: Absolut! Mir sind schon viele Buchprojekte zu Trendthemen angeboten worden. Ich habe abgelehnt. Ich will mich nicht mit Gerichten auseinandersetzen, die mich nicht interessieren. Das würde mir widerstreben.
ONETZ: Was essen Sie nicht?
Nicole Stich: Ich fasziniere mein privates Umfeld total. Als Kind war ich nämlich heuglig. Alles, was mit Zwiebeln oder Grünzeug zu tun hatte, habe ich nicht gegessen. Erst im Studium habe ich den Spaß am Essen und Kochen entdeckt. Da hab ich plötzlich begonnen, auch Käse, Koriander, Oliven und Anchovis zu essen. Es gibt jetzt nur noch zwei, drei Sachen, die ich nicht mag. Kutteln zum Beispiel. Aber ich nutze jede Gelegenheit, die zu probieren, wenn sie angeblich gut zubereitet sind. Leider schmecken sie mir einfach nicht. Ich gebe aber nicht auf.
ONETZ: Sie sagen von sich selbst, dass Sie Rezepte solange ausprobieren, bis sie gelingen. Essen Sie ihre ganzen Versuche selbst?
Nicole Stich: Ich wohne in einem sehr kulinarischen Haus. Meine Nachbarn sind happy, wenn sie Testessen dürfen.
ONETZ: Was ist, wenn mal was schiefgeht?
Nicole Stich: Ich ärgere mich, wenn ich etwas esse, das unterdurchschnittlich ist. Deshalb koche ich erste Versuche nicht für sechs Leute, weil das Verschwendung wäre. Ich probiere mich in kleinem Maßstab aus. Deshalb ist es auch nicht schlimm, wenn etwas nicht so klappt. Oft versuche ich, Misslungenes abzuwenden, indem ich was anderes draus koche. Das ist Routinesache. Schwierig ist Teig. Der kann gehörig daneben gehen.
ONETZ: Werden Sie oft zum Essen eingeladen?
Nicole Stich: Das ist der Nachteil als Kochbuch-Autorin. Die Menschen haben immer größeren Respekt davor, mich zu bekochen. Dabei bin ich selbst nicht der beste Gastgeber. Ich koche zwar wahnsinnig gerne, aber kein gehobenes Dinner für sechs Leute, das auf den Punkt fertig sein muss. Ich mag es lieber gemütlich. Ich freue mich auch über eine Brotzeit, wenn ich bei Freunden eingeladen bin. Es muss nicht immer kulinarisch anspruchsvoll sein. Da bin ich relaxt. Es ist unnötig, sich da Sorgen zu machen.
ONETZ: Gehen Sie dann auch gerne ins Restaurant?
Nicole Stich: Selten. Das soll nicht überheblich klingen, aber ich mache das Meiste einfach besser. Ich weiß, wie ich es haben will.
ONETZ: Was macht Ihnen am Kochen am meisten Spaß?
Nicole Stich: Der Aspekt des Einkaufens. Ich kaufe nicht auf Vorrat, sondern ziehe jeden Tag los und kaufe nach Lust und Laune. Ich könnte nicht alles für Montag bis Freitag besorgen. Vor allem, weil es mein Lieblingszustand ist, mir abends etwas zu kochen, auf das ich mich schon den ganzen Tag gefreut habe. Ich drehe dann Musik auf und koche mit dem Wissen: Genau das mag ich jetzt machen, darauf habe ich Lust.
ONETZ: Verstehen Sie Menschen, die nicht gern kochen und essen?
Nicole Stich: Nein. Ich kann mich nach dem Kochen zum Beispiel alleine hinsetzen und essen. Das macht mich total glücklich. Das tut der Seele gut. Viele vernachlässigen das. Essen ist ein Seelenstreichler. Man tut sich selbst was Gutes. Das fördert Glück und Wohlbefinden. Leute, die dafür keine Zeit haben, verschenken unglaubliches Potenzial. Denn ich traue es jedem zu, gut zu kochen, der mit Spaß an der Sache ist.
Leckere Kimchi-Pancakes
Nicole Stich verrät ihr Rezept für vier Pfannkuchen mit fermentiertem Kohl, das ideal fürs Frühstück ist.
Zutaten: 200 g Kimchi, 2 Eier (M oder L), 1 TL koreanische Chiliflakes, 2 Frühlingszwiebeln, 50 g Mehl, 50 g Kartoffelstärke, 1⁄4 TL Zucker, 1⁄4 TL feines Meersalz, 2–3 EL Öl, 2 TL helle Sesamsamen.
Ein großes Sieb in eine Schüssel hängen. Den Kimchi samt der Flüssigkeit in das Sieb geben und den Kohl mit einer Suppenkelle gut ausdrücken – es sollten mindestens 3 bis 4 EL Kimchi-Flüssigkeit herausgepresst werden, damit die Pancakes den typischen Geschmack und die typische Farbe bekommen. (Ist der Kimchi sehr trocken, vor dem Ausdrücken mit 2 bis 3 EL Wasser verrühren und kurz stehen lassen.) Die Eier und Chiliflakes zur Flüssigkeit in die Schüssel geben, verrühren.
Die Frühlingszwiebeln putzen und waschen, dunkelgrüne Teile abschneiden. Die weißen und hellgrünen Teile der Frühlingszwiebeln ebenso wie den ausgedrückten Kimchi fein hacken. Gehackte Zwiebeln und Kohl mit dem Mehl und der Kartoffelstärke zur Eiermischung geben. Mit einer Gabel verrühren, dabei esslöffelweise Wasser dazugeben, bis der Teig sämig, aber dickflüssig ist. Mit Zucker und Salz würzen.
In einer Pfanne nacheinander etwas Öl erhitzen und darin 4 Pancakes backen: Ein Viertel des Teigs in die Mitte der Pfanne schöpfen und den Teig mit dem Löffelrücken zu einem runden, dicken Pfannkuchen verteilen. Mit etwas Sesamsamen bestreuen und den Pancake 2 bis 3 Minuten bei mittlerer Hitze stocken lassen. Sobald die Unterseite goldbraun ist, den Pancake mit einem Pfannenwender umdrehen und auch die andere Seite bräunen.
Fertige Pancakes aus der Pfanne nehmen, vierteln, sechsteln oder ähnlich einem Schachbrett in mundgerechte Stücke schneiden. Die Pancakes auf Teller verteilen, mit Frühlingszwiebelringen und Sesamsamen betreuen und heiß mit der Chilicreme (oder pur) servieren.
Mein Tipp: Ein Dip aus heller Sojasauce, Reisessig und Wasser (Verhältnis 2:1:1). Wer mag, kann den Dip mit braunem Zucker, Sesamöl, Sesamsamen, Chiliflakes, gehackten Frühlingszwiebeln verfeinern.




















"Als Kind war ich nämlich HEUGLIG." Eine interessante Schreibweise im ansonsten gar nicht mundartlich dargestellten Text!
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