Ende August verdunkelten sich die Wolken über dem Flugplatz Latsch dramatisch. Zwei Unfälle bei Landemanövern innerhalb von nur einer Woche, einer davon tödlich, riefen die Gegner verstärkt auf den Plan, wenig später schlossen sich rund 50 Bürger auch schon zur Bürgerinitiative "Fluglärm Weiden" zusammen. Ihre Klage findet Gehör – nicht zuletzt im Weidener Stadtrat. In dessen Sitzung am Montag, 22. November, erläutert die Stadtverwaltung erste Anstrengungen und weitere Möglichkeiten, um den Betroffenen zu helfen. Die haben aber ganz andere Vorstellungen: In einer Stellungnahme schlägt die BI die Stilllegung vor.
Im Stadtrat geht es ab 15 Uhr in der Max-Reger-Halle konkret um "Möglichkeiten zur Lärmreduzierung und zur Minderung der niedrigen Vorbei- und Überflüge insbesondere über den Stadtteilen Frauenricht, Halmersricht, Neunkirchen, Wiesendorf und Weiden-West", wie die SPD-Fraktion und die Ausschussgemeinschaft Grün.Bunt.Weiden in ihrem gemeinsamen Antrag festhalten. Dabei sei auch die Herunterstufung des Luftlandeplatzes zu prüfen, um den Betrieb einzuschränken. Die Antragssteller verweisen auf die stark gestiegene Zahl der Ultraleichtflüge von rund 2000 im Jahr 2018 auf knapp 20.000 nur zwei Jahre später. Ihre Forderung: "Seitens der Stadt Weiden sollte nicht akzeptiert werden, dass das sicherlich reizvolle Hobby von wenigen BürgerInnen so vielen BürgerInnen Belastungen zumutet."
Viel mehr Flüge seit 2019
Im Vorlagebericht bestätigt die Verwaltung: "Seit erneuter Ansiedlung einer privaten Flugschule (...) im Jahre 2019 hat die Zahl der Flugbewegungen insbesondere in der Klasse der Ultraleichtflugzeuge – wozu auch "Gyrokopter" bzw. "Tragschrauber" gehören – zugenommen." Die Zunahme an Flugbewegungen habe "zwangsweise akustische und optische Einwirkungen auf die unmittelbar benachbarten Ortsteile" zur Folge – besonders bei Platzrundflügen, die nahe an bebauten Gebieten vorbeiführen.
Die Verwaltung erinnert an den ersten runden Tisch vom 6. Oktober, an dem sich Vertreter der BI und der Luftsportvereine austauschten. Ergebnis: Gemeinsam sollte eine Alternative zur Platzrunden-Route erarbeitet werden. "Auch ein vorverlegter Anrollpunkt bei Starts zur früheren Erreichung größerer Flughöhen wurde thematisiert." Die Luftsportvereine versicherten, auf ihre Piloten und Flugschüler so einzuwirken, dass die Platzrunde auch eingehalten wird.
Abstufung: Nutzen zweifelhaft
Nicht neu ist der Vorstoß, den Verkehrslandeplatz (VLP) in seinem Status abzustufen. Letzteres könne nicht die Stadt vornehmen, sie könne es nur beim Luftamt beantragen, stellt die Verwaltung klar. Die Behörde müsse dann sämtliche Beteiligten und Träger öffentlicher Belange anhören. "Es handelt sich beim VLP Weiden-Latsch schließlich um eine Einrichtung der öffentlichen Infrastruktur mit entsprechenden Betriebspflichten und Nutzungsrechten für die Allgemeinheit, vergleichbar mit einem Bahnhof oder einer Autobahn."
Eine Abstufung zu einem Sonderlandeplatz hätte den Wegfall der Betriebspflicht zur Folge. Dies mache eine höhere Flexibilität bei den Öffnungszeiten möglich, könne motorisierte Fluggeräte aber nicht ausbremsen, heißt es sinngemäß im Vorlagebericht. Und die Kosten für Flugleitung und baulichen Unterhalt blieben bestehen – bei sinkenden Einnahmen, falls die Frequenz sinkt. "Im Abstufungsfall" müsste die Stadt auch Fördermittel für die Sanierung der Tankstelle zurückzahlen. Im Beschlussvorschlag bietet die Verwaltung an, sich weiterhin um einen Ausgleich zwischen den "widerstreitenden Interessen" zu bemühen und das Luftamt Nordbayern dabei einzubinden.
Kosten einer "halben" Schule
Dabei macht die Bürgerinitiative Fluglärm keinen Hehl daraus, dass ihr die radikalste Lösung die liebste wäre: gar keinen Flugplatz mehr. In einer Stellungnahme von vergangener Woche nehmen die Vorsitzenden Christian Rittner und Hans Babl Bezug auf die prekäre Finanzlage der Stadt und fordern sie auf, "defizitären städtischen Einrichtungen, die nicht der breiten Allgemeinheit dienen, wie zum Beispiel den Flugplatz in Latsch", zu überprüfen: "Die Stadt bezuschusst den Betrieb jährlich mit einem Betrag von wenigstens 100.000 Euro. Den Presseberichten zufolge hat die Stadt seit 2007 bis jetzt mehr als 2,1 Millionen Euro für den Flugplatz ausgegeben. (...) Für die neue Tankanlage wurde zusätzlich zu den Betriebskosten ein Betrag von über 250.000 Euro ausgegeben. Die Förderung vom Luftamtes Nordbayern belief sich dabei mit einer einmaligen Zahlung auf lediglich 52.000 Euro. Bleibt zu überlegen, worin für die Allgemeinheit der größere Nutzen liegt, da man mit dem Zuschuss für den Flugplatz wenigstens eine ,halbe' Grund- oder Mittelschule finanzieren könnte."
Die BI hat auch einen Vorschlag, was mit den Flächen passieren könnte: "Eine innovative Idee wäre die zukunftsorientierte Nutzung des städtischen Flugplatzgeländes für die Erzeugung erneuerbarer Energien mit einer Freiflächenphotovoltaikanlage. Damit könnte das jährliche Defizit von wenigstens 100.000 Euro kurzfristig in eine Einnahmequelle für die Stadt von geschätzten 30.000 Euro Pacht und 20.000 Euro Gewerbesteuer umgemünzt werden."
Die angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen würden den Agrarbetrieben weiterhin zur Verfügung stehen, die am Flugplatz befindlichen Biotope könnten erhalten oder sogar ausgebaut werden. "Unser Rettungshubschrauber Christoph 80, welcher vom Flugplatzbetrieb völlig unabhängig ist, würde sich in diese Art der Flächennutzung sehr gut integrieren und bräuchte kein Augenmerk mehr auf zusätzlichen Flugverkehr nehmen", schreiben Rittner und Babl. Lärmbelastung, das Risiko von Flugunfällen und "damit verbundenen Bergungskosten für Feuerwehr und THW" entfielen.
Auch die SPD-Fraktion und Grün.Bunt.Weiden spielen offenbar mit dem Gedanken einer Radikallösung. In ihrem Antrag fragen sie, welchen Effekt die "Umnutzung der Flächen des bisherigen Luftlandeplatzes" hätten. Wenig überraschende Antwort der Stadt: Dies "käme einer gänzlichen Auflassung mit Entfall aller flugbedingten Lärmeinwirkungen gleich".
"Seitens der Stadt Weiden sollte nicht akzeptiert werden, dass das sicherlich reizvolle Hobby von wenigen BürgerInnen so vielen BürgerInnen Belastungen zumutet."
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