Auch wenn von der Politik die Bündnisverteidigung als Aufgabe für die Bundeswehr in den Vordergrund gestellt wird, geprägt haben die Soldaten vor allem die Auslandseinsätze der vergangenen Jahrzehnte - darunter der seit 17 Jahren laufende in Afghanistan. Dort war der evangelische Militärbischof Sigurd Rink vor wenigen Tagen bei den deutschen Soldaten zu Besuch: in Masar-i-Scharif und in Kabul. In der afghanischen Hauptstadt ist derzeit auch der evangelische Militärpfarrer aus Kümmersbruck (Kreis Amberg-Sulzbach), Gunther Nagel, im Einsatz.
"Vorsichtig optimistisch" beschreibt Rink im Gespräch seinen Eindruck. Dabei macht er deutlich, dass letztlich bei den Akteuren im Land der Wille zur Aussöhnung reifen müsse. Die internationalen Truppen könnten bestenfalls den Raum dafür schaffen, wie dies von Militärs genannt wird. Hoffnung auf Aussöhnung weckte etwa die Feuerpause zwischen Regierungstruppen und Taliban zum Ende des Ramadans. Rink berichtet, dass bei Deutschen im Land die Haltung herrsche: Wir können die junge aufstrebende Generation nicht allein lassen. Es gelte, das zarte Pflänzchen zu stärken. Auf der anderen Seite durchdringt die organisierte Kriminalität in Afghanistan alles und die Drogenproduktion hat einen neuen Höhepunkt erreicht.
Besuche bei den Soldaten in Auslandseinsätzen führen auch die Begrenztheit der Mittel vor Augen. Als Beispiel nennt der Militärbischof Mali. Ein vorbildlicher Einsatz mit UN-Mandat, doch die Soldaten im Land sprechen von Afghanisierung. Auf ihren Patrouillen um die ehemalige Rebellenhochburg Gao drohen ihnen Gefechte mit islamistischen Terroristen und kriminellen Banden.
Aufgabe für Generationen
Afghanistan und Mali zeigen aus Rinks Sicht angesichts der Größe der Länder und der mangelnden Bildung der Bevölkerungen noch etwas anderes: Stabilisierung eines Landes oder gar Fluchtursachenbekämpfung ist eine Aufgabe für Generationen. Eine Armee funktioniert nicht ohne Logistik und Vorratshaltung. Aber das umzusetzen, fällt Soldaten, die zum Teil erst Schreiben und Lesen gelernt haben, unendlich schwer. Hindernisse, die beim Verwaltungsaufbau noch mehr zum Tragen kommen. Als Seelsorger die Soldaten in Auslandseinsätze zu begleiten, macht der Militärbischof deutlich, bedeutet, diese in existenziellen Situationen zu begleiten: die Trennung von Freunden und Familien, Tod und Verwundung, aber auch das Thema Schuld, sind Punkte, die Rink nennt.
Ärzte und Therapeuten hätten ihm gesagt, sie können den Soldaten helfen, mit ihren Erfahrung zu leben, aber sie könnten ihnen nicht die Schuld vergeben. Der Militärbischof erzählt zur Illustration vom Gespräch mit einem Offizier, der vor mehr als einem Jahrzehnt in Afghanistan entgegen dem Wunsch seiner Soldaten eine unsichere, neue Route genommen hat, um auch in dieser Gegend auftragsgemäß nach dem Rechten zu sehen. Dort gab es einen Anschlag. Die Folge: Ein Soldat war tot und einer ist für sein Leben gezeichnet. Eine Verantwortung und Schuld, die diesen Offizier bis heute belastet.
Holm Haschker ins Amt eingeführt
Soldaten sei es letztlich egal, welcher Konfession der Pfarrer angehört. Wichtig sei, dass einer da ist, sagt Rink. Derzeit gebe es 106 evangelische und gut 80 katholische Pfarrer. In Einsätzen wechseln sich beide Kirchen ab. Gelebte Ökumene. Am stärksten sei Militärseelsorge dort, wo beide Kirchen gut zusammenarbeiten, betont Rink. Die evangelische Militärseelsorge wächst derzeit. So entsteht in Cham, am Standort der Panzerbrigade 12 "Oberpfalz", ein neues evangelisches Militärpfarramt. Künftig gibt es drei evangelische Militärpfarrer in der Oberpfalz: in Cham, Kümmersbruck und Weiden. Hier führte Rink am Dienstag Militärpfarrer Holm Haschker ins Amt ein.
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