Weiden in der Oberpfalz
23.06.2020 - 10:26 Uhr

Geschleuste werden im Gerichtssaal verhaftet

Vieles belastet ihn. Doch er leugnet hartnäckig. Ein Iraker soll der mittleren Organisationsebene einer Schleuserorganisation angehört haben und viele Ausländer nach Deutschland gebracht haben. Der Prozess vor dem Landgericht geht weiter.

Justitia – bestenfalls blind. Die Augenbinde steht als Symbol für die Unparteilichkeit, also das Richten ohne Ansehen der Person. Symbolbild: Peter Steffen/dpa
Justitia – bestenfalls blind. Die Augenbinde steht als Symbol für die Unparteilichkeit, also das Richten ohne Ansehen der Person.

Schwierig wird es, zu beweisen, dass der 36-Jährige einer weit verzweigten, gut organisierten Schleuserbande angehörte. Der vom Weidener Staranwalt Dr. Hans-Wolfgang Schnupfhagn verteidigte Iraker bestreitet noch immer jegliche Beteiligung an vier Schleusungen, die ihm Staatsanwaltschafts-Gruppenleiter Dr. Marco Heß vorwirft. Als Organisationsleiter, zuständig für die Teilstrecke Griechenland – Serbien, soll der Ledige für die Schleusung von mindestens 84 Irakern, Iranern und Syrern verantwortlich gewesen sein und dafür insgesamt über 109.000 Euro kassiert haben.

Am Montag wurde Dr. Heß angesichts offensichtlicher Lügen von zwei Geschleusten wütend. Er ließ beide im Gerichtssaal wegen ihrer Falschaussagen verhaften. Einer der beiden besann sich daraufhin auf die Wahrheit und wurde wieder frei gelassen. Ein Komplize – offensichtlich der Chef der Scheuserbande – sitzt nach Londoner Auslieferungshaft jetzt in Hof. Er hatte dem Angeklagten eine SMS geschrieben, dass die Flüchtlinge „noch aushalten sollen“, als sie im Lastwagen im Stau gestanden waren. Einen anderen hält die Polizei in Griechenland fest.

„Gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen“ wirft die Justiz dem 36-Jährigen vor. Große Geldeingänge auf dem Konto seines Bruders in der Türkei, sichergestellte Chat-Verkehre und Identifizierungen auf Lichtbildern durch Geschleuste machen seine Schuld wahrscheinlich. Schwierig wird die Wahrheitsfindung durch die 1. große Strafkammer dadurch, dass die meisten der Geschleusten mittlerweile in viele andere europäische Staaten weiter gezogen sind. Für kommenden Freitag kündigte Dr. Schnupfhagn mehrere weitere Beweisanträge an.

Weiden in der Oberpfalz19.06.2020
 
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