„Da, wo mer zosamme groß jeworde sin, do zieh'n mer alle irgendwann wieder hin.“ Der kölsche Satz aus dem Lied Tommi von AnnenMayKantereit beschreibt das Gefühl von Heimat und den Wunsch, dorthin zurückzukehren. Als jemand, der frisch in die Oberpfalz gezogen ist, möchte ich wissen, was die Oberpfalz zu einer Heimat macht. Dafür habe ich mir als erstes ein wenig Hilfe vom Heimatmobil geholt.
Das Heimatmobil – Heimat ist individuell
Der Begriff Heimat ist vielfältig. Das weiß auch Tobias Appl von der Kultur- und Heimatpflege des Bezirks Oberpfalz. Gemeinsam mit seinen Kollegen hat er das Heimatmobil ins Leben gerufen. Das Heimatmobil soll in der ganzen Oberpfalz auf Tour gehen und Begegnungen mit verschiedenen Menschen ermöglichen, sagt Appl. „Dabei ganz wichtig: Was ist für mich Heimat. Von der Sprache über Objekte, über Themen, über gemeinsame Geschichten. Vielleicht auch Reibepunkte in der Heimat, unterschiedliche Auffassungen von Heimat.“ Auf der Webseite des Heimatmobils können Interessierte Fotos von Orten und Objekten aus der Oberpfalz einreichen, die für sie für die Heimat stehen. Außerdem kann jeder unter dem Reiter „Heimatsprache“ seinen Dialekt einsprechen, erklärt Appl. „Wir wollen mit einem sehr offenen Heimatbegriff arbeiten. Es geht eben nicht darum, den letzten Dialektsprecher zu suchen, gerne auch. Es geht aber eben auch um Menschen wie Sie, die ganz frisch in die Oberpfalz gekommen sind, dass Sie uns erzählen, was sind Dinge, die es Ihnen vielleicht leichter machen, die Oberpfalz zu Ihrer neuen Heimat zu machen oder vielleicht zu Ihrer zweiten oder dritten Heimat.“ Appl betont, dass sie ein vielfältiges Bild von dem Begriff Heimat schaffen wollen, mit dem sich jeder angesprochen fühlt. „Es gibt so viele Heimaten, wie es Menschen gibt. Für jeden ist das ein Stück weit etwas anderes.“ Dennoch wollen Appl und seine Kollegen mithilfe des Heimatmobils herausfinden, ob es Dinge gibt, die die Menschen in der Oberpfalz verbinden. Jeder sei eingeladen etwas beizutragen, sagt Appl.
Das bedeutet Heimat für die Oberpfälzer
Die Oberpfalz – eine zweite Heimat?
Laut der Bundeszentrale für politische Bildung ist der Begriff Heimat mit einer vordefinierten Bedeutung besetzt. So sieht die Brockhaus-Enzyklopädie die Heimat als einen Ort, an dem ein Mensch auf die Welt kommt und frühe Sozialisationserfahrungen stattfinden. In der Heimat prägt sich laut Brockhaus die Identität, Charakter, Mentalität, Einstellungen und auch die Weltauffassung.
„Heimat ist da, wo die Seele zu Hause ist“, sagt eine Weidenerin zu mir. Als meine Heimat sehe ich Nordrhein-Westfalen. Genauer gesagt: Das Münsterland. Hier bin ich geboren und aufgewachsen. Hier hat sich mein Charakter, meine Identität und meine Mentalität geprägt. Appl sagt ,Menschen können auch mehrere Heimaten haben. Für Studium, Praktikum oder Auslandssemester war ich immer für kurze Zeit an verschiedenen Orten. Meine Heimat blieb jedoch immer gleich. Die Stadt Telgte im Münsterland. Kann also die Oberpfalz eine zweite Heimat für mich sein? Kann ich vielleicht sogar in einer Woche zur Oberpfälzerin werden? Und was ist überhaupt typisch oberpfälzisch?
Typisch oberpfälzisch
Vorurteile gibt es bekanntlich für jede Region. So habe ich, bevor ich herzog, gehört, der Oberpfälzer sei bekannt für seine Bodenständigkeit, den wenigen Humor, unhöflich soll er sein und heimatverbunden. Sind das bloß Klischees oder ist da etwas dran? „Der Oberpfälzer ist ein zurückhaltender Mensch. Der braucht lange, bis er warm wird und der sucht sich seine Freunde und seinen Bekanntenkreis schon ganz bewusst“, sagt mir eine Frau in der Weidener Fußgängerzone. Unhöfliche Oberpfälzer habe ich so auch noch nicht getroffen. Zurückhaltend, aber freundlich trifft es da ganz gut, finde ich. Der Dialekt scheint mir auch eine wichtige Rolle zu spielen. Die Frau aus der Weidener Fußgängerzone bestätigt mir, dass sie sich mit dem Oberpfälzer Dialekt verbunden fühlt. Sie versucht so viel es geht im Dialekt zu sprechen. Mit dem Dialekt habe ich allerdings so meine Probleme. Ich verstehe ihn einfach nicht und sprechen kann ich ihn erst recht nicht. Scheitert mein Vorhaben, Oberpfälzerin zu werden, bereits am Dialekt?
Die Oberpfalz als zu Hause
In zehn Punkten zur Oberpfälzerin? Tobias Appl rät mir von so einer Liste ab. „Ich empfehle Ihnen, die Region mit offenem Herzen und offenen Augen wahrzunehmen.“ Er sagt, ich soll die Landschaft und die Leute entdecken und nicht danach schauen, irgendwelche Klischees erfüllen zu müssen. Puh, Glück gehabt: Den Dialekt lernen muss ich also nicht.
Den Rat von Tobias Appl möchte ich aber annehmen. Die Oberpfalz als Region und auch die Menschen wirklich kennenzulernen, geht nicht von heute auf morgen. Es dauert seine Zeit. Ich bin jetzt seit knapp drei Monaten hier und kann die Region noch nicht als meine Heimat sehen. Dafür kenne ich sie zu wenig. Meine Heimat bleibt das Münsterland in Nordrhein-Westfalen. Auch wenn die Oberpfalz nicht meine Heimat ist, kann sie trotzdem ein zu Hause für mich sein.
Was ist das Heimatmobil?
- Die Kultur- und Heimatpflege des Bezirks Oberpfalz hat das Heimatmobil ins Leben gerufen.
- Noch im Sommer 2021 soll das Heimatmobil auf Tour gehen und verschiedene Städte und Landkreise in der Region anfahren.
- Das Bayerische Staatsministerium für Finanzen fördert das Projekt mit rund 170 000 Euro.
- Das Heimatmobil soll Begegnungen schaffen und sich auf die Suche nach Aspekten von Heimat in der Oberpfalz machen.
- Mit der Webseite zum Heimatmobil sollen Heimatsprache und Heimatobjekte gesammelt werden.
- Interessierte können Fotos oder Sprachaufnahmen auf der Webseite einreichen: https://heimatmobil.de/heimat_mobil
- Studierende und Forschende der Universität Regensburg nehmen die Heimatsprache und die Heimatobjekte als Grundlage, um die regionale Identität genauer zu untersuchen.
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