Wohnungsbau-Offensive, kaputte Infrastruktur, unzählige Aufträge: Die Arbeit geht der Baubranche jetzt und auch in den nächsten Jahren nicht aus. Das ist laut Gewerkschaft IG Bau sicher. Gerade in der nördlichen Oberpfalz sind Baufirmen beheimatet, die Unternehmen suchen händeringend Beschäftigte. Vor allem junge Mitarbeiter sind gefragt - doch gerade diese können wegen schlechter Bedingungen letztendlich nicht in der Branche gehalten werden. Heike Stoffels ist stellvertretende Regionalleiterin der Gewerkschaft in Bayern und gibt beim Jahresgespräch des Deutschen Gewerkschaftsbundes Einblicke.
"Die Baubranche leidet unter einem Facharbeitermangel, weil nicht genügend Azubis gefunden werden, die die Aufgaben übernehmen könnten", macht Stoffels klar. Sorgen bereite das relativ hohe Durchschnittsalter innerhalb der Betriebe. "Wir brauchen junge Leute, um weiterhin produktiv sein zu können."
Arbeitszeiten schwierig
Und dennoch: "Wir sehen, dass wir junge Leute oft nicht in der Branche halten können." Das sei nicht nur ein Problem in den Städten, sondern mittlerweile auch eines in den ländlichen Regionen, zu denen auch Weiden und der Landkreis Neustadt zählen. Die Arbeitsbedingungen seien schwierig, man sei häufig unterwegs und feste Arbeitszeiten seien meist "eher nicht gegeben". "Unsere Kollegen wissen morgens oft nicht, wann sie abends nach Hause kommen, teilweise sind sie die ganze Woche unterwegs." Für die körperlich harte Arbeit und die Umstände sei die Bezahlung ebenso zu niedrig.
Das Problem: Die Arbeitgeber würden sich gegen Verbesserungen sperren. Das ist zumindest der Eindruck von Gewerkschafterin Stoffels. "Es ist erschreckend, wie schleppend die Tarifverhandlungen im Baugewerbe vonstatten gehen, wir haben Arbeitgeber, die sich zum Teil komplett verweigern." In den vergangenen Jahren sei man "immer wieder in Schlichtungen gegangen". Eine Lösung zu finden, die für beide Seiten angenehm ist, sei nicht möglich gewesen.
Tarifverhandlungen mühsam
Aktuell würden Tarifverhandlungen für einen Mindestlohn laufen. "Das gestaltet sich aber schon wieder schwierig." Am Dienstag vergangene Woche habe die Gewerkschaft beschlossen, die Schlichtung einzuberufen, weil es "wieder nicht möglich ist, mit den Arbeitgebern wenigstens die Untergrenze der Arbeitsbedingungen im Bauhauptgewerbe festzusetzen." Manchmal, gibt sie zu, sei es wirklich nicht nachvollziehbar. "Auf der einen Seite haben wir einen Fachkräftemangel, auf der anderen Seite aber keine Idee, wie man die Arbeitsbedingungen am Bau verbessern kann - und, wie man Nachwuchs nicht nur ausbildet, sondern auch hält."
Einen kleinen Fortschritt gibt es trotzdem. Vergangenes Jahr habe die IG Bau ein gutes Ergebnis abgeschlossen. Die Fahrtzeit zur Baustelle sei bis dato nicht bezahlt worden. Nun würden die Wegezeiten nach Kilometerstaffel bezahlt. "Ein erster Aufschlag, aber der ist noch nicht zufriedenstellend", gibt sie zu.
Positiv sieht Stoffels die Anhebung des Mindestlohns auf 10 Euro. "Das ist gerade in Branchen wie der Gebäudereinigung vorteilhaft." Dadurch würde man zumindest "ein klein wenig aus der Altersarmut herauskommen". Gerade die Branchen, in denen Minijobs verbreitet waren - Gebäudereiniger oder Floristen - seien am Ende die Verlierer der Coronapandemie gewesen. "Die Minijobber waren die ersten, die von den Arbeitgebern entlassen worden sind." Jeder Job sollte, dafür plädiert Stoffels, sozialversicherungspflichtig sein. "Das wäre wünschenswert."
"Wir brauchen junge Leute, um weiterhin produktiv sein zu können."
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