Weiden in der Oberpfalz
02.03.2020 - 17:45 Uhr

Klagen über Verkehrslärm überhört

Wohnen an der Vohenstraußer Straße? "Gesundheitsgefährdend", meint Roland S., der den Verkehrslärm erduldet. Dabei wäre die Lösung so nah: Die Verlängerung der Südost-Tangente in Weiden vom Butterhof nach Tröglersricht muss her.

Ein Laster noch von der leichteren Sorte. Zu schaffen macht den Anwohnern in der Vohenstraußer Straße der ständig steigende Verkehr, darunter viele schwere Lastwagen. Der Weiterbau der Südost-Tangente vom Butterhof nach Tröglersricht könnte ihre Probleme lösen. Bild: Gabi Schönberger
Ein Laster noch von der leichteren Sorte. Zu schaffen macht den Anwohnern in der Vohenstraußer Straße der ständig steigende Verkehr, darunter viele schwere Lastwagen. Der Weiterbau der Südost-Tangente vom Butterhof nach Tröglersricht könnte ihre Probleme lösen.

Die Forderung ist uralt. Dass sie erfüllt wurde, verhinderte vor vier Jahrzehnten ein "Interessens-Konstrukt", umschreibt der ehemalige Kripobeamte die Berichte aus der angestammten Nachbarschaft. "Der damals geplante und auch genehmigte Weiterbau der Südosttangente ist offenbar von Verantwortlichen der Stadt Weiden blockiert worden. Die Gründe dafür sind wohl vielfältig", deutet der Anwohner an. Dennoch erinnert er an die "gängige Meinung" in der Vohenstraußer Straße: "So lange in Weiden-Ost einflussreiche Personen wohnen, die teilweise auch politisch tätig sind, ist ein Weiterbau der Tangente nicht durchführbar."

Prognosen überholt

Ein weiteres Zuwarten hält der pensionierte Polizist für unverantwortlich. Explosionsartig habe der Verkehr zugenommen. Die alten Berechnungen und Prognosen der Stadt seien durch die tatsächliche Entwicklung längst überholt. Besonders problematisch sei der sprunghaft ansteigende Schwerlastverkehr. Die Vohenstraußer Straße müsse nach der Neustädter und der Christian-Seltmann-Straße das höchste Verkehrsaufkommen der Stadt verkraften. "Völlig unnötig, weil es ja eine baulich durchaus machbare Lösung gibt."

Schon seit zehn Jahren sei vom Stadtrat ein "Ratsentscheid" über den Bau der Osttangente zugesagt. "Getan hat sich nichts. Die Stadt muss uns endlich helfen." Der Weiterbau der Südost-Tangente sei und bleibe für die Anwohner im Gebiet der Vohenstraußer Straße alternativlos. "Nur durch den Weiterbau ist bei uns eine spürbare Lärmreduzierung zu erreichen", zeigt sich der Anwohner überzeugt, der auch im Namen seiner Nachbarn spricht.

Fraktionen zurückhaltend

Als Chance, das Thema bei den Stadträten wieder in Erinnerung zu rufen, sieht Roland S. im Spätherbst, als der Kommunalwahlkampf langsam Fahrt aufnimmt und die Parteien daran gehen, die Bürger nach ihren Wünschen und Anregungen abzuklappern: Er schreibt nicht nur an das Staatliche Bauamt Amberg-Sulzbach, das für Planung und Bau zuständig ist und bereits 2021 an die Projektierung gehen könnte.

Noch mehr Hoffnungen setzt er auf seine Briefe an die Stadtverwaltung und vor allem an die Stadtratsfraktionen von SPD (Vorsitzender Roland Richter), der CSU (Markus Bäumler), der Bürgerliste (Christian Deglmann) sowie an Karl Bärnklau von den Grünen. "Die Reaktion auf meinen Brief ist niederschmetternd, kein Kommentar, nicht mal eine Empfangsbestätigung. Als einzige Stadtratsfraktion antwortet Bärnklau prompt. "Respekt." Bürgerliste und CSU warten bis weit ins neue Jahr.

Seine Erfahrungen fasst Roland S. so zusammen. "Es ist bezeichnend, wie ernst die Sorgen der Bürger von den politisch Verantwortlichen wahrgenommen werden. Da kann sie jeder selbst eine Gedanken machen." Seit Jahrzehnten würden die Klagen über die steigende Verkehrslärmbelastungen in der Vohenstraußer, aber auch in der Biberstraße und Hopfenweg im Rathaus "konsequent überhört."

Der Weidener setzt auf einen "vorausschauenden Entwurf" des Flächennutzungsplanes. Spätestens bei dessen Diskussion sei über die Ost-Tangente zu sprechen.

Info:

Erste Abhilfe: Tempoüberwachung mit Geschwindigkeitsanzeige in Vohenstraußer Straße

Der Brief von Roland S. zur Verkehrsbelästigung in der Vohenstraußer Straße datiert vom 6. September. Am 26. September antwortet Grünen-Fraktionschef Karl Bärnklau. Und dann beginnt das Warten.

Am 27. Januar 2020 schreibt CSU-Fraktionsvorsitzender Markus Bäumler zurück, am 15. Februar Christian Deglmann, Fraktionsvorsitzender der Bürgerliste. Immerhin: Sie reagieren. Nicht einmal den Eingang des Schreibens bestätigten bis zum 2. März 2020, also nach fast vier Monaten, die SPD-Fraktion, das Staatliche Bauamt Amberg-Sulzbach, das für Planung und Bau der Osttangente zuständig ist, sowie die Stadtverwaltung.

Bei der Verlängerung der Südost-Tangente handele es sich um ein komplexes Thema, das über die aktuelle Legislaturperiode hinausgehen werde, betont Karl Bärnklau. Die Grünen im Stadtrat seien bestrebt, über eine eventuelle Aufnahme der Verlängerung in den Flächennutzungsplan zu beraten „und dabei die Belange aller Bürger zu berücksichtigen“. Bärnklau lehnt die Ost-Tangente, die über den Schirchendorfgraben führen und massive Eingriffe in Natur und Landschaft verursachen würde, offenbar nicht kategorisch ab.

Auf viele noch zu klärende Fragen verweist Markus Bäumler. Die CSU habe sich Gedanken über Möglichkeiten gemacht, kurzfristig das Lärmproblem zu lindern. Er schlägt Tempokontrollen mit Geschwindigkeitsanzeigen vor. Dies würde bei vielen Autofahrern zu langsameren Fahren und damit zur Lärmreduzierung führen.

Die Bürgerliste teilt schließlich mit, dass Christian Deglmann in der Runde der Fraktionssprecher regelmäßig versucht, das Thema Osttangente wieder aufs Tablett zu bringen. „Offensichtlich möchte der Oberbürgermeister (SPD) das Thema auf einen Zeitpunkt nach der Wahl schieben.“ Die Bürgerliste werde „nicht aufhören, das Thema im politischem Gestaltungsprozess zu behalten“. (wd)

Kommentar:

Stich ins Wespennest

Die Wahlkämpfer tingeln wochenlang durch die Stadt, um von den Bürgern Nöte und Wünsche zu erfahren. Roland S. bringt sein Anliegen vor. Er klagt über die „unerträgliche Verkehrsbelastung in der Vohenstraußer Straße“, fordert die Verlängerung der Südost-Tangente – und wird beflissentlich überhört. Nur Grünen-Chef Karl Bärnklau reagiert sofort. Bei allen anderen herrscht zunächst Ruhe. Mit Verzögerung geben CSU und Bürgerliste eine Rückmeldung.
Kommt der Brief von Roland S. zur falschen Zeit? Ist er ein Stich ins Wespennest? Seit der Testabstimmung bei der Bürgerversammlung im Jahr 2012 ist klar, dass durch die Bürgerschaft ein Riss geht. Die Lager sind etwa gleich groß. Wer klar Position bezieht, gewinnt an der Wahlurne vielleicht einen Teil, verliert aber den anderen. Wird deshalb eine politische Diskussion sorgfältig unter der Decke gehalten?
Über Machbarkeit und Nutzen der Osttangente wird der neue Stadtrat reden müssen. Nochmals lange warten wollen weder die Anlieger in der Vohenstraußer Straße, die entlastet würden, noch die in der Leuchtenberger Straße, die mehr Verkehr abbekämen.

 
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