Weiden in der Oberpfalz
08.01.2020 - 19:14 Uhr

Lehrer kritisieren Maßnahmen zur Bekämpfung der Personalnot

Vier Maßnahmen sollen den Lehrermangel ab dem Schuljahr 2020/21 ausgleichen. Sie sind den Lehrkräften in Bayern am Dienstag vom Kultusministerium mitgeteilt worden. Seitdem herrscht Aufregung.

Bis einschließlich 2023 prognostizieren die Kultusminister einen deutlichen Lehrermangel an Grundschulen. Deshalb sollen Grundschullehrer ab nächstem Schuljahr pro Woche eine Stunde mehr unterrichten. Diese und weitere geplante Maßnahmen stoßen auf Kritik in der Lehrerschaft. Bild: Sebastian Gollnow/dpa
Bis einschließlich 2023 prognostizieren die Kultusminister einen deutlichen Lehrermangel an Grundschulen. Deshalb sollen Grundschullehrer ab nächstem Schuljahr pro Woche eine Stunde mehr unterrichten. Diese und weitere geplante Maßnahmen stoßen auf Kritik in der Lehrerschaft.

Vier Maßnahmen sollen den Lehrermangel an bayerischen Grund-, Mittel- und Förderschulen ab dem Schuljahr 2020/21 ausgleichen. Sie sind den Lehrkräften am Dienstag vom Kultusministerium mitgeteilt worden. Seitdem herrscht Aufregung. "Wir brauchen dringend Nachwuchs, aber weniger Geld und Flexibilität steigern die Attraktivität des Berufs nicht gerade", meint ein Lehrer aus dem Landkreis Neustadt/WN, der namentlich nicht genannt werden möchte. Katja Meidenbauer aus Vohenstrauß, Bezirksvorsitzende des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), hat am Tag nach der Ankündigung der Maßnahmen nach eigener Aussage alle Hände voll zu tun. Die Aufregung sei groß. "Das war schon eine Hiobs-Botschaft."

Die Maßnahmen seien viel zu kurzfristig gedacht, erklärt sie. Christine Söllner, Direktorin des Schulamtes Neustadt/Weiden, hält dagegen: "Das Kultusministerium muss sie ergreifen. Wir können die Kinder ja nicht auf der Straße stehen lassen." Es gebe durchaus langfristige Instrumente wie die Schaffung neuer Ausbildungsstätten. "Aber es dauert, bis die greifen."

München07.01.2020

"Als Gesellschaft Not erkennen"

Nach Meinung von Meidenbauer sollen nun "diejenigen, die eh am allermeisten belastet sind, nämlich die Grundschullehrer, alles rausreißen". Damit bezieht sie sich auf die Wiedereinführung des Arbeitszeitkontos für Grundschullehrer. Wer jünger als 58 Jahre ist, soll bei Vollzeit in einem Zeitraum von fünf Jahren 29 statt 28 Unterrichtsstunden halten, die nach diesen fünf Jahren erstattet werden sollen. 170 von 1400 fehlenden Vollzeitstellen in Bayern soll das ausgleichen.

Schulamtsdirektorin Söllner verteidigt die Maßnahme, erinnert sich aber auch daran, wie sie sich für Betroffene anfühlt: "Ich habe das als Lehrkraft selber Anfang der 2000er Jahre mitgemacht. Damals mussten wir über fünf Jahre 29 Stunden arbeiten und haben die zusätzlichen Stunden zurückerstattet bekommen. Das führt natürlich nicht zu Hurra-Rufen. Aber wir müssen als Gesellschaft zusammenstehen und die Not erkennen."

"Für Nachwuchs nicht attraktiv"

Lehrerausbildung und Unterrichtsversorgung seien generell nicht breit genug aufgestellt, und die Rahmenbedingungen des Berufs seien für den Nachwuchs nicht attraktiv, kritisiert Meidenbauer. Das neue Konzept ändere daran nichts. Zu viele Ressourcen würden außerdem durch "Kür-Aufgaben" gebunden: Digitalisierung, Evaluation, Informatik als neues Fach an Mittelschulen. "Vielleicht sollten wir die Kür runterschrauben und uns mehr auf Pflicht konzentrieren."

Ob die Maßnahmen reichen, um die Engpässe in der Region abzudecken, sei "schwierig zu sagen", weil demnächst erst eruiert werde, wie viele Teilzeit-Anträge gestellt werden und wie viele Nachwuchskräfte ihre Prüfungen bestanden haben. Darauf verweist auch die Schulamtsdirektorin. Im März könne man weitersehen.

 
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