Der Weidener ÖDP-Stadtrat Helmut Schöner sieht die Gesundheit von Schulkindern durch das Tragen von Masken im Unterricht in Gefahr. Deshalb hat er einen Offenen Brief an Oberbürgermeister Jens Meyer, Eltern, Schulleiter, Lehrer, Ärzte und Bürger geschrieben. In diesem macht er auf Messungen aufmerksam, die er mit zwei Mitstreitern durchgeführt hat. „Man merkt ja selber, dass es einem mit Maske schwerer fällt, zu atmen“, sagt Schöner gegenüber Oberpfalz-Medien. „Wenn man die Maske lange auf hat, wird man früher müde.“ Dies deute auf einen zu geringen Sauerstoffgehalt im Blut hin, vermutet der Stadtrat, der mit Sonja Schuhmacher – die zuletzt nicht an einer Stadtratssitzung teilgenommen hat, weil sie das Tragen einer Maske auf dem Weg zur Sitzung verweigerte – eine Ausschussgemeinschaft bildet. Er halte die durch das Atmen entstehende CO2-Konzentration unter Masken für gesundheitsgefährdend.
Schöner nennt konkrete Werte, die er mit zwei Privatleuten und einem geliehenen CO2-Messgerät ermittelt habe. Unter selbstgemachten und käuflichen OP-Masken sei mit Hilfe eines drei Millimeter dünnen Schlauches mehrere Minuten lang der CO2-Wert unter der Nase gemessen worden. Dieser sei im Schnitt vier Mal höher gewesen als der vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit (LGL) für Raumluft als gesundheitsgefährdend eingestufte Wert, so der Stadtrat. „Ich schätze die Ergebnisse unserer Messungen schon als zuverlässig ein“, sagt er am Telefon. Sie seien reproduzierbar. Das Leihgerät habe er noch. „Wer will, kann die Messung gerne durchführen lassen“, heißt es im letzten Absatz seines Briefes.
Die Herstellerfirma des Geräts, Driesen und Kern aus Bad Bramstedt, bestätigt auf Nachfrage, dass das benutzte Modell für eine punktuelle Messung ausgelegt sei, wissenschaftlichen Standards genüge und mit Kalibrier-Zertifikat ausgeliefert werde. Eine Aussage über die Verlässlichkeit der Messung sei aber aus der Ferne nicht möglich.
Forderung: Blutgaswerte messen
Stadtrat Schöner richtet eine direkte Aufforderung an Eltern, Lehrer und Schulleiter: „Bitte gestatten Sie nicht, dass Ihre Kinder, dass Schüler an Ihren Schulen, in Ihrer Klasse solchen Werten ausgesetzt werden!“ Es solle dringend geklärt werden, wer im Falle einer gesundheitlichen Schädigung eines Kindes die Haftung übernehme: „Nach unserer Information ist das der betreffende Lehrer bzw. sind es die Eltern.“ Schöner geht aber noch weiter.
„Dringend notwendig wäre, und ich bitte sehr darum, dass das Gesundheitsamt oder Ärzte Untersuchungen zu den Blutgaswerten vornehmen (d.h. Prüfen des Sauerstoffgehalts im Blut), [...] um entweder dann Entwarnung geben zu können oder aber das Maskentragen für Kinder im Unterricht wirklich abzusetzen“, schreibt er.
"Mehr Aufklärung erforderlich
„Das ergibt keinen Sinn“, lautet die eindeutige Einschätzung von Professor Michael Pfeifer, Chefarzt der Pneumologie an der Klinik Donaustauf, zu der in Weiden durchgeführten Messung. In einer aktuellen Studie bei Gesunden und bei Patienten mit schwerer COPD, einer Lungenerkrankung, hätten sich nach Tragen einer Maske von 30 Minuten in Ruhe sowie nach einem Belastungstest keine Änderungen der fraglichen CO2-Werte ergeben. Eine vermutete Gesundheitsschädigung durch unter Masken eingeatmetes CO2 sei grundsätzlich nicht realistisch. „Ich habe selbst Enkelkinder in der Schule und für die ist das kein Problem.“ Der Pneumologe zeigt sich besorgt über das hartnäckige Gerücht bezüglich der angeblich gefährlichen CO2-Konzentration unter Masken: „Da ist mehr Aufklärung erforderlich.“
Deutliche Worte findet auch Professor Robert Schwinger, Chefarzt der unter anderem auf Pneumologie spezialisierten Medizinischen Klinik 2 der Kliniken AG. „Pseudo-wissenschaftliche Messungen bringen uns nicht weiter. Das ist blödes Dahergerede und gesundheitsgefährdend für die Allgemeinheit.“ Das Tragen von handelsüblichen und selbstproduzierten Masken sowie Schals vor Mund und Nase sei „nicht gefährlich“. „Ich habe den ganzen Tag eine Maske auf. Selbst bei OP-Zeiten bis zu acht Stunden ist noch kein Operateur tot umgefallen.“
Wer in Fachportalen und Medien recherchiert, stößt auf wiederkehrende Argumente gegen eine Gesundheitsgefährdung durch CO2 unter Masken. Professor Schwinger und Professor Pfeifer helfen bei der Einordnung:
Durchlässigkeit von Masken
Der Stoff, aus denen die üblicherweise getragenen Masken sind, ist viel zu durchlässig, um das CO2 zu halten. Außerdem schließen die Masken an den Rändern nicht luftdicht ab. „Wenn man ausatmet und es bleibt in der Maske CO2 stehen, verdünnen Sie dieses sofort, wenn Sie einatmen“, erklärt der Chefarzt aus Donaustauf. Man atme die Umgebungsluft mit ein. Andernfalls bestünde beim Einatmen auch sofort Atemnot, erklärt sein Weidener Kollege. „Denn die Menge an Sauerstoff, den die Lunge aufnehmen kann, ist viel Größer als das Volumen der Maske.“
Giftigkeit von CO2 und Blutwerte
„Die Dosis macht das Gift. Zu viel CO2 kann tödlich sein“, sagt der Weidener Professor. Schließlich könne man durch das Atmen in eine Plastiktüte eine CO2-Vergiftung erleiden. „Das ist hier aber keine Begründung. Solange die Maske durchlässig ist, wird das CO2 darin nicht gefangen“, so der Chefarzt.
Auch sein Kollege aus Donaustauf zieht die Plastiktüte als Vergleich heran: „Wenn Sie in eine Plastiktüte atmen, provozieren Sie das Extrem. Das schaffen Sie aber wegen der Körperreaktion nur ganz kurz, dann halten Sie es nicht mehr aus. Sobald das CO2 im Blut leicht ansteigt, stimuliert das eine sofortige Atemantwort.“ Das CO2 sei nicht grundsätzlich toxisch oder schädige direkt Organe. Das Gas reguliere vielmehr den Atemantrieb: „Wenn man den CO2-Wert im Blut nur ein bisschen erhöht, fangen Sie sofort an verstärkt zu atmen oder zu hyperventilieren – es sei denn, Ihr Körper ist zum Beispiel durch Bewusstlosigkeit gehemmt.“ Deshalb komme es bei Gesunden überhaupt nicht zu stark erhöhten CO2-Werten im Blut. Wer als Gesunder lange Zeit eine Maske trägt, könne wegen der erhöhten Atemarbeit lediglich „abends etwas erschöpfter sein“. Pfeifers Fazit: „Ein direkt hinter der Maske gemessener Wert sagt nichts aus über den CO2-Wert im Blut. Man darf nicht davon ausgehen, dass das CO2 im Blut erhöht ist.“
Geeignete Messmethoden
„Eine Messung unter offener Maske ist immer falsch“, sagt der Weidener Professor Schwinger. Bei Messungen der Lungenfunktion von beispielsweise Sportlern würden in der Pneumologie abgedichtete Masken verwendet. Verlässlicher als eine CO2-Messung unter der offenen Maske sei das Messen der Sauerstoffsättigung am Finger: „Wenn dieser Wert in Ordnung ist, ist keine Gefahr im Verzug.“
Ein Fehler ist es laut Professor Pfeifer, die vom LGL genannten CO2-Grenzwerte für Innenräume als Vergleich heranzuziehen. „Das ist keine Messmethode, um zu bestimmen, wie unter einer Maske das CO2 ansteigt.“ Der Donaustaufer Chefarzt sagt im Gegenteil: „Der Wert unter der Maske ist ja höher, weil wir das CO2 ausatmen. Um zu wissen, was wir an CO2 einatmen, muss das bei der Einatmung in den Atemwegen gemessen werden, was messtechnisch schwierig ist. Der entscheidende Wert jedoch ist das CO2 im Blut und der ist nach wissenschaftlichen Messungen unter einer Maske nicht erhöht.“
Tipps für Eltern und Lehrer
Kinder und Masken: Professor Robert Schwinger gibt Eltern und Lehrern Ratschläge.
- Die Einhaltung der AHA-Formel (Abstand halten, Hygiene beachten, Alltagsmaske tragen) hält Schwinger für essentiell. Ein üblicher Mund-Nase-Schutz verhindere das Durchtreten kleiner Tröpfchen, schütze das Gegenüber und möglicherweise den Träger selbst. Schulkinder sollten Masken tragen, wenn sie nahen Kontakt zu anderen Schülern oder Mitmenschen haben.
- "Jedes Schulkind kann eine Maske tragen“, so Schwinger. Eine Ausnahme würde er nur während der Durchführung von Kampf- oder Leistungssport machen.
- Als Altersgrenze für das Tragen von Masken bei Kindern gelte folgende Formel: „Die Kinder müssen verstehen, was sie tun, sonst gefährden sie sich.“ Ein Kind müsse eine Maske beispielsweise von einer Plastiktüte unterscheiden können.
- Verwendet werden sollten keine Masken aus Plastik, sondern durchlässige Modelle. „Sie sollen den Träger nicht abschotten.“
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