Weiden in der Oberpfalz
18.09.2023 - 12:36 Uhr

Ausbildung in Teilzeit mit Kind

Eine herausfordernde Ausbildung und gleichzeitig ein kleines Kind und einen eigenen Haushalt – kann das klappen? Ja, das geht. Wenn man sich etwa, wie Jasmin Kummert (24) für eine Teilzeit-Ausbildung bei Oberpfalz Medien entscheidet.

Wenn so mancher Azubi am Morgen noch etwas unausgeschlafen in seine Kaffeetasse gähnt, hat Jasmin Kummert schon ein straffes Programm absolviert. Denn die angehende Kauffrau für Büromanagement aus Waldeck ist alleinerziehende Mama von Noah (4). Sie erzählt gemeinsam mit Ausbilderin Anna Grüner, wie sie Familien-Aufgaben und Job unter einen Hut bringen kann.

Aufstehen, ab ins Bad, anziehen, Frühstück für Sohn und Mama und dann los in den Kindergarten. All das noch, bevor die Arbeit beim Weidener Hauptsitz von OM, der rund 30 Min Fahrtzeit entfernt vom Heimatort liegt, beginnt.

Vier statt drei Jahre

Hier arbeitet Jasmin an fünf Tagen die Woche mit reduzierter Stundenzahl von 25 Wochenstunden. Und in die Berufsschule geht’s erst ab dem zweiten Jahr der Ausbildung. Dafür dauert die dann natürlich etwas länger – im Fall von Jasmin Kummert vier statt ansonsten drei Jahre. „Im August 2026 bin ich dann fertig“, erzählt die Auszubildende.

Möglich sind aber bei der Teilzeit-Ausbildung generell auch andere Konstellationen, je nach individuellen Anforderungen. „Wie lange die Ausbildung dauert, kommt immer drauf an, um wie viele Stunden die wöchentliche Arbeitszeit reduziert wird“, sagt Personalreferentin Anna Grüner. „Im Fall von Jasmin wird die Zeit in Absprache mit der IHK einfach an die regulären drei Jahre hinten angehängt.“ Und weil die Berufsschulzeit für die angehende Kauffrau für Büromanagement erst in ihrem zweiten Ausbildungsjahr startet, kann sie die komplette Vorbereitung für die Abschlussprüfung später auch gemeinsam mit ihren Klassenkameraden in der Schule absolvieren.

Soweit zu den organisatorischen Rahmenbedingungen. Und wie klappt es mit der Praxis? Hier achtet Oberpfalz Medien etwa bei der Gestaltung der Ausbildungspläne darauf, dass Jasmin etwas länger in ihren jeweiligen Abteilungen bleiben kann, um die Abläufe und Projekte ebenso detailliert kennenzulernen wie die anderen Vollzeit-Azubis im Unternehmen. Im Verlagsinnendiest und im Servicecenter hat sie schon mitgearbeitet und freut sich nun auf die nächsten Stationen.

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Organisationstalent und guter Wille

Auch bei den internen Azubi-Terminen achten die Ausbilderinnen und Kollegen darauf, Jasmin stets einzubinden. „Wir stimmen im Vorfeld ab, ob es klappen kann, dass Jasmin dabei ist. Bisher funktioniert das alles reibungslos“, freut sich Anna Grüner. Denn auch für Oberpfalz Medien ist das Projekt Teilzeit-Azubi eine Premiere. „Wir waren aber sehr offen für dieses neue Modell und wollten Jasmin unbedingt die Möglichkeit bieten, bei uns ihre Ausbildung zu machen.“

Das eine solche Offenheit von Arbeitgeberseite leider noch keine Selbstverständlichkeit ist, hat die Auszubildende bei der Suche nach ihrer Stelle erfahren. „Ich hatte vorher schon gearbeitet, aber noch keine Ausbildung abgeschlossen. Dann bekam ich vom Berufsberater den Tipp: Mach’ doch die Ausbildung in Teilzeit, so kannst du Kind und Beruf leichter unter einen Hut bringen“, erzählt sie. Das hört sich zwar zunächst einfach an, aber …

„Ich habe rund 30 Bewerbungen geschrieben, und Oberpfalz Medien waren die einzigen, die mir sofort eine Einladung zum Gespräch geschickt haben und mich unterstützen wollten.“ Das bestätigt auch Ausbilderin Anna Grüner: „Wir haben nach Jasmins Bewerbung auch gleich mit der Berufsschule Kontakt aufgenommen, um uns abzustimmen – und da waren wir damals die ersten, die so etwas machen wollten.“ Anscheinend ist die Möglichkeit, angehenden Fachkräften im Unternehmen auch eine Ausbildung in Teilzeit anzubieten, noch nicht bei vielen Firmen richtig ins Bewusstsein gerückt.

Bleibt Zeit für Privates?

Aber auch, wenn die reduzierte Anzahl an täglichen Arbeitsstunden Jasmin die Vereinbarkeit von Beruf und Familie etwas erleichtert – einfach ist die Angelegenheit trotzdem nicht, wie sie zugibt: Wenn ich um 14 Uhr heimkomme, hole ich Noah aus dem Kindergarten … und dann geht der Alltag los.“ Nach einem stressigen Tag im Büro erst einmal die Beine hochlegen, etwas ausspannen oder raus oder zum chillen und shoppen in die Stadt, das wird schwierig.

„Du kommst heim und kannst nicht einfach mal erst schnell fünf Minuten ausruhen“, sagt die junge Mutter. „Man muss schon funktionieren.“ Der Sohn, der Haushalt und dann ab Herbst auch die Schule – das alles ist schon fordernd und gewöhnungsbedürftig. Zum Glück unterstützen auch ihr Freund und seine Familie Jasmin gerne, wenn sie Hilfe braucht. Und das kommt durchaus auch ab und an vor. Schließlich ist ja im Leben nicht alles zu 100 Prozent im Voraus planbar.

Einfach „nur“ Mama sein, das war für Jasmin Kummert aber trotzdem auf Dauer nie eine Option. „Das wäre nicht meine Welt“, sagt sie. „Aber man muss schon daran arbeiten“, dass die Kombination aus Beruf und Familie funktioniert.

Bleibt da überhaupt noch Raum für einen selbst? Ja, durchaus, sagt Jasmin Kummert. Allerdings müsse man auch da mit etwas Organisationstalent an die Sache herangehen. „Noah etwa verbringt jedes zweite Wochenende mit seinem Papa, da bin ich schon froh, etwas durchatmen zu können“, erzählt sie. „Außerdem geh’ ich zum Gardetraining – selbst wenn ich mich dafür nach einem anstrengenden Tag oft auch echt aufraffen muss, weil mir eigentlich etwas die Energie fehlen würde. Aber man muss sich einfach auch die Zeit für sich selbst nehmen, um sich nicht zu verlieren.“

Alles in allem betrachtet ist die Kombination Kind, Haushalt, Ausbildung und Schule eine tolle Idee, gerade für Mütter, die ansonsten den Spagat zwischen Familie und Job nicht schaffen würden. Es ist aber zugegebenermaßen auch nicht immer einfach. Jasmin Kummert hat hier auch das Glück, dass ihr Noah ein absolut verständiges, liebes Kind ist. Da wird am Morgen nicht groß herumgezickt und wenn die junge Mutter etwas zu Eile mahnt ist es der Kleine, der sagt „Ich weiß doch … du musst gleich in die Arbeit“ und einen Zahn zulegt.

Tipps:

Was Jasmin Kummert Teilzeit-Azubis rät

Mit einigen Tipps aus der Praxis fällt es leichter, die vielfältigen Anforderungen unter einen Hut zu bringen. Jasmin Kummert rät dazu aus ihrer Erfahrung:

  • Glaubt nicht, mit zwei oder drei Bewerbungen ist es getan. Einen Ausbildungsplatz in Teilzeit zu suchen, das braucht viel Zeit.
  • Egal, wie hart es ist und wie lange es dauert: Gebt nicht auf, es lohnt sich!
  • Überlegt euch schon vor der Bewerbung gut: Wie viele Stunden Arbeit pro Woche könnt ihr realistisch betrachtet schaffen?
  • Stellt euch drauf ein: Nicht jeder Morgen ist gleich. Denn so, wie dein Kind drauf ist, so ist dein Morgen. Und ja – es gibt auch miese Tage.
  • Organisiert viele Dinge in Ruhe am Abend vorher – zum Beispiel Klamotten, die Jacke, Schuhe und Mütze für den Kindergarten gemeinsam mit dem Kind raussuchen und bereitlegen. Dann passt am anderen Tag gleich alles.
So läuft das:

Die organisatorischen Grundlagen

Grundsätzlich kann die tägliche oder wöchentliche Arbeitszeit bis auf die Hälfte verkürzt werden. Auch dann geht der Gesetzgeber noch davon aus, dass sich die Auszubildenden in vertretbarer Zeit mit den wesentlichen Betriebsabläufen vertraut machen können.

Auszubildende und Betrieb müssen sich einig sein, wie viele Arbeitsstunden täglich oder in der Woche geleistet werden müssen.

Wird pro Tag oder Woche weniger gearbeitet, verlängert sich die Ausbildungsdauer entsprechend. Insgesamt kann sie höchstens das Eineinhalbfache der regulären Ausbildungsdauer betragen.

Der Berufsschulunterricht kann in der Regel nicht verkürzt werden und findet in Vollzeit statt. Für eventuell dennoch erforderliche Ausnahmeregelungen sollten Betroffene und Ausbildungsbetriebe das Gespräch mit der Berufsschule suchen.

Ausbildungsplan und Berufsschulzeiten müssen an die verringerte Stundenzahl angepasst werden.

Danach können die angehenden Azubis und ihre Arbeitgeber die Ausbildung in Teilzeit beantragen. Das Berufsbildungsgesetz gibt vor, welche Stelle dafür zuständig ist, zum Beispiel die Handwerkskammer.

Zielgruppen der Berufsausbildung in Teilzeit können sein:

  • Frauen, die ein Kind erwarten
  • Mütter und Väter mit kleineren Kindern
  • Menschen, die Angehörige pflegen
  • Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder Behinderungen
  • Menschen, die zusätzlichen Förderunterricht oder einen Deutschkurs benötigen
  • Menschen aus dem Ausland
  • Auszubildende, die nebenbei erwerbstätig sein wollen oder müssen
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