Weiden in der Oberpfalz
11.07.2019 - 17:15 Uhr

Psychose-Seminar: Zwangseinweisung als allerletzte Maßnahme

Für Menschen, die an einer psychischen Erkrankung leiden, gibt es zahlreiche Hilfen. In den Psychose-Seminaren werden sie mit Betroffenen diskutiert. Diesmal ging es um eine Maßnahme, die als allerletztes Mittel in Betracht kommt.

Richter Dennis Herzog und Moderatorin Gerlinde Sölch Bild: Bühner
Richter Dennis Herzog und Moderatorin Gerlinde Sölch

Im Seminarthema „Psychose und Zwangsmaßnahmen“ wurde sie ausführlich behandelt und diskutiert. Richter Dennis Herzog vom Amtsgericht Weiden stand als Experte zur Verfügung. Er erläuterte die gesetzlichen Regelungen, die es im Falle einer psychischen Krankheit erlauben, in die grundgesetzlich garantierten Persönlichkeitsrechte eingreifen zu dürfen.

Im Vortrag ging es nicht um Zwangsmaßnahmen im Rahmen eines Strafverfahrens, wie zum Beispiel im Fall Mollath. Ausgangspunkt ist laut Herzog immer eine Abwägung zwischen dem Recht auf Freiheit eines Einzelnen und dem Gesundheitsschutz des Betroffenen oder von Gesellschaftsmitgliedern. Gegen den Willen des Betroffen können Zwangsmaßnahmen durch richterlichen Beschluss nur angeordnet werden, die Gefahren bestünden, sich selbst oder auch andere zu schädigen. Es muss auch eine krankheitsbedingte Gefahr einer Selbstschädigung bestehen, die aus einem Arztgutachten zum Ausdruck kommt. Betreuer und Verfahrenspfleger als neutrale Person müssten eingeschaltet werden.

Ausdrücklich betonte Herzog: „In Deutschland gibt es keine staatliche Entscheidung, ohne die Möglichkeit, Rechtsmittel dagegen einlegen zu können.“ Eine zwangsweise Abholung durch Vollzugsbeamte sei das allerletzte Mittel. Viel besser sei ein einvernehmlicher Weg. Aber immer müsse ein Verfahren vorgeschaltet sein. Keinesfalls könnten Zwangsmaßnahmen „auf Zuruf eines Angehörigen“ erfolgen, betonte Herzog.

Und er wies auch darauf hin, dass als Zwangsmaßnahmen nicht nur die Einlieferung in eine geschlossene psychiatrische Klinik gelten würde, sondern bereits die Anbringung eines Bettgitters oder eine Mehrpunktfixierung. Für Angehörige psychisch kranker Menschen, die zeitweise oder dauerhaft ihre eigenen Angelegenheiten nicht erledigen können, gibt es die Möglichkeit als Betreuer bestellt zu werden. Dabei wird die zuständige Betreuungsstelle eingeschaltet und ein medizinisches Gutachten angefordert.

Betreuer haben Anspruch auf ärztliche Auskunft über den Patienten. Der Referent betonte allerdings, dass eine vorliegende Vorsorgevollmacht alleine für Auskunftsansprüche eventuell nicht ausreichen würde. Es könne jemand den Nachweis verlangen, dass die Vorsorgevollmacht „im vollen Bewusstsein des Betroffenen“ erteilt worden sei. Besucher schilderten im Psychose-Seminar auch eigene Erfahrungen, vor allem bei psychisch kranken Angehörigen. Immer wieder wurde dabei festgestellt, dass es zu wenige Hilfestellungen für Betroffene und ihre Angehörige gibt. Diplom-Psychologin Gerlinde Sölch von der Caritas Beratungsstelle für seelische Gesundheit moderierte die Diskussion.

 
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