Weiden in der Oberpfalz
13.02.2019 - 19:49 Uhr

Rund 15.500 Bienenretter in Weiden und dem Landkreis Neustadt

Die Initiatoren des Bienen-Volksbegehrens haben offenbar einen Nerv getroffen. Rund 15.500 Unterstützer reißen in Stadt und Landkreis mit ihrer Unterschrift locker die Zehn-Prozent-Marke. Doch viele sind sich einig: Jetzt wird es erst kompliziert.

Dem Aufruf "Rettet die Bienen" via Unterschrift kommen in Stadt und Landkreis zahlreiche Unterstützer nach. Bild: phs
Dem Aufruf "Rettet die Bienen" via Unterschrift kommen in Stadt und Landkreis zahlreiche Unterstützer nach.

(phs/mte/dko) Bereits am Montag hat das Volksbegehren in Weiden die Hürde genommen. "Der Andrang am Sonntag und bei der Abendöffnung war enorm", sagt der Leiter des Ordnungsamtes, Reinhold Gailer. Bis Mittwochabend votierten 14,3 Prozent der stimmberechtigten Weidener (32.553) mit 4665 Unterschriften für die Mission "Rettet die Bienen".

Ähnlich sieht es im Landkreis aus. Vor allem die Sonderöffnungszeiten am Abend und am Wochenende nutzten viele Unterstützer des Aktionsbündnisses. Zum Beispiel in der Verwaltungsgemeinschaft (VG) Weiherhammer, informiert Karin Bertl. "Am Samstag waren über 90 Leute da, und gestern kamen über 30 Mann in einer halben Stunde." Thomas Kost erlebte so etwas im Neustädter Rathaus. "Am Dienstag hatten wir bis 20 Uhr offen, da kamen über 120 Leute, am Sonntag waren es 70."

Die bayernweite Tendenz, dass vor allem Städter dem Aufruf zur Eintragung folgten, hält einer harten Analyse in der Nordoberpfalz nicht stand. So sind Neustadt/Kulm und Kohlberg, zwei stark landwirtschaftlich geprägte Orte, unter den Spitzenreitern bei der Unterschriftensammlung. Im multikulturell geprägten Grafenwöhr gingen dagegen nur 9,18 Prozent der Stimmberechtigten ins Rathaus.

Eigenartig sind auch die Ergebnisse in Bechtsrieth und Irchenrieth, die bis 1993 eine Gemeinde bildeten. Während sich die Bechtsriether fleißig als Bienenretter gerieren, stehen die Irchenriether dem Volksbegehren eher skeptisch oder desinteressiert gegenüber. Beide Orte gehören zur VG Schirmitz, legten aber in ihren Rathäusern Listen auf. Dagegen könnte vielen Leuchtenbergern und Michldorfern der Weg zur zuständigen VG nach Tännesberg zu weit gewesen sein. 7,21 Prozent deuten so etwas an. In der VG Weiherhammer konnten die Bürger der Mitgliedsgemeinden Etzenricht und Kohlberg dagegen im Weiherhammerer Rathaus und in dem ihres Wohnorts unterschreiben. Das erklärt nur einen Teil des starken Kohlberger Ergebnisses. Den anderen bildet eine Allianz von Bienenzuchtverein, OWV und Landesbund für Vogelschutz, die sich dort zusammengetan haben.

An das Weidener Votum des Volksbegehrens für die Abschaffung von Studiengebühren in Bayern 2013 von 15,29 Prozent reicht die Artenvielfalt trotzdem nicht heran. "Das dürfte in der jüngeren Vergangenheit das bislang erfolgreichste Volksbegehren in Weiden gewesen sein", sagt Gailer. Und wohl auch das mit der unmittelbarsten Wirkung: Ende Januar 2013 stand das Ergebnis, bereits Ende April fiel die Studiengebühr. So leicht dürfte es bei der Bienen-Rettung nicht vorangehen.

Reaktionen:

Agrarökologe Andreas Gmeiner vom Artenvielfalt-Aktionsbündnis kündigte am Mittwoch an, im Weidener Greenpeace-Büro mit einem Teil der etwa 150 Mitstreiter aus Stadt und Land „die gute Stimmung sacken zu lassen“. Das klingt etwas vornehmer als Party. Dass der Entwurf des Volksbegehrens unverändert in einen Volksentscheid mündet, glaubt er nicht. Es seien noch „handwerkliche Verbesserungen“ zugunsten von Bauern notwendig. Und auch über manche Terminplanungen, die die Bienenretter fordern, sei das letzte Wort noch nicht gesprochen. „Etwa wenn es heißt, dass bis 15. März auf Feldern nicht gewalzt werden darf. Da muss man flexibler sein.“ Die rote Linie der Umweltschützer sei aber der Biotopverbund. „Der muss kommen.“

Den von der Staatsregierung angekündigten Runden Tisch mit Naturschützern und Bauern begrüßt neben ihrem CSU-Kollegen Stephan Oetzinger auch SPD-Landtagsabgeordnete Annette Karl, die das Aktionsbündnis unterstützt hat. Man müsse den Fokus beim Artenschutz nicht immer auf die Bauern legen. „Beispielsweise könnte man in den Entwurf reinnehmen, dass Kommunen gepflasterte und geschotterte Gärten verbieten dürfen,“ sagt sie. Viele Bauern ließen auch schon freiwillig Gewässerrandstreifen unberührt. Dafür kassieren sie Geld aus dem Kulap-Programm. „Wenn man die jetzt dazu verpflichtet, fallen die Kulap-Mittel weg, das ist für manche existenzgefährdend“, mahnt Karl einen Ausgleich an. Auch eine höhere Bioquote sei nicht so leicht. „Was machen Sie mit Milch, die Ihnen die Molkerei nicht abnimmt, weil sie sie nicht los wird?“

Kommentar:

Das hat Art

Die Situation nach dem Volksbegehren bietet eine Chance. Das sagen am Mittwoch Befürworter und Gegner der Bienenrettungskampagne, als ob es vorher keine erbitterten Diskussionen gegeben hätte. Wenn das beide Seiten so ernst und unideologisch meinen, könnte etwas dabei rauskommen. Hans Winter, der Geschäftsführer des Bauernverbands, hat recht. Manch Unterstützer des Volksbegehrens wird vielleicht erst jetzt auf die Nöte der Bauern aufmerksam. Und mancher Landwirt könnte nun eher bereit sein, vom ökologisch wirtschaftenden Kollegen zu lernen. Den stärksten Hebel zu mehr Tierwohl und Artenschutz hat aber der Verbraucher in der Hand – indem er sich auch bei engem Budget von einem Kilo Schweinebraten für 2,99 Euro vom Fleischregal abwendet.

Friedrich Peterhans

 
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