Weiden in der Oberpfalz
04.12.2018 - 16:36 Uhr

Schwitzen im Schnee

Wenn der Schnee fällt, denken Kinder ans Vergnügen und Erwachsene an die Pflicht. Bis wann geräumt werden muss und was gegen Eisglätte auf den Gehweg darf, erklärt der Fachmann vom Winterdienst.

Was es rund ums Räumen und Streuen zu wissen gibt, erklärt der Mann vom Winterdienst. Bild: Astrid Graf - stock.adobe.com
Was es rund ums Räumen und Streuen zu wissen gibt, erklärt der Mann vom Winterdienst.

Nach dem ersten Schnee: Kinder beschließen Schlittenfahren zu gehen. Sofort! Eltern und andere Erwachsene sind gestresst: "Bis wann muss der Bürgersteig vor dem Haus geräumt sein? Komme ich auf der Autobahn durch?" Die OWZ klärt, auf welche Sicherungsmaßnahmen ein jeder von uns im Winter Anspruch hat - was bedeutet, dass er sie einfordern kann, aber auch gewährleisten muss. Die Schlitten-Frage beantworten wir ganz zum Schluss.

Welche Winterdienste gibt es?

Räumen, Streuen und auf mögliche Dachlawinen und Eiszapfen hinweisen, beziehungsweise sie entfernen. Letzteres im akuten Notfall sogar mit der kostenpflichtigen Hilfe der Feuerwehr. Immer gilt: Erst räumen, dann streuen.

Wer muss diese Dienste ausführen?

Für Gehwege entlang privater Grundstücke sind die Eigentümer verantwortlich. Sie können ihre Pflicht per Mietvertrag und Hausordnung auf Mieter übertragen. "Der Trend geht zum Hausmeisterdienst", erklärt Marc Badhorn, seit 15 Jahren Sachgebietsleiter für Straßenunterhalt und Winterdienst bei der Stadt Weiden, und er nennt Gründe: "Die Bevölkerung wird älter, bei vielen ist tagsüber keiner zu Hause und auch auf unbebauten und unbewohnten Grundstücken gelten alle Pflichten." Anlieger an Stichstraßen sowie Vorder- und Hinterlieger sind aufgefordert, sich abzusprechen.

Übrigens: Alle Winterdienste der Kommunen, der Länder und des Bundes, beispielsweise der Autobahneinsatz rund um die Uhr, sind freiwillige Leistungen. Es besteht kein Rechtsanspruch auf geräumte und gestreute Straßen, andernfalls würde eine Klagelawine nach der anderen das verschneite Land überrollen.

Was muss wie breit geräumt werden?

Im Flyer "Sicher durch den Weidener Winter" ist von "Gehbahnen" zu lesen, die frei von Eis und Schnee sein müssen. Dazu werden "auch kombinierte Rad- und Gehwege entlang des Grundstücks" gezählt. Falls kein Bürgersteig vorhanden ist, müssen die Sicherungsarbeiten auf einem mindestens einem Meter breiten Streifen entlang der Grundstücksgrenze vorgenommen werden - falls kein Gehweg da ist, dann auf der Straße. Auch Abflussrinnen, Hydranten, Kanaleinlaufschächte und Fußgängerüberwege - erkennbar an abgesenkten Bordsteinkanten - sollen problemlos zugänglich bleiben.

Was darf gestreut werden?

Stumpfes Material wie Sägespäne, Splitt und Sand sind erlaubt und in jedem Baumarkt erhältlich. Nach der Schneeschmelze müssen sie in der Restmülltonne entsorgt werden. Die Stadt Amberg stellt für die Ablagerung von gebrauchtem Streugut einen gekennzeichneten Abschnitt des Parkplatzes am Hockermühlbad zur Verfügung.

Darf man Salz streuen oder nicht?

Nein. Salz schädigt nachweislich Pflanzen und Tiere. Wer es doch verwendet, macht sich einer Ordnungswidrigkeit schuldig. Privatpersonen dürfen nicht streuen, nur städtische Räumfahrzeuge verwenden mit Verweis auf die Verkehrssicherungspflicht eine Salzsole. "Das verflüssigte Salz wird nicht verweht, bleibt auf der Straße haften und ermöglicht eine Einsparung beim umweltschädlichen Salz um zwei Drittel. Wir verwenden Salz außerdem nur auf den Straßen", so der Winterdienst-Chef Badhorn.

Eine Ausnahme mit Einschränkung gibt es aber doch: Bei starken Steigungen, Treppen und im Falle von gefährlichem Eisregen, der einen Spaziergang in eine gefährliche Rutschpartie verwandeln würde, ist Privatpersonen eine Beimischung von 25 Prozent Salz erlaubt, außer Bäume und Grünanlagen säumen den Weg.

Bis wann sollte geräumt sein?

An Werktagen muss ab 7 Uhr und an Sonn- und Feiertagen ab 8 Uhr geräumt werden. Diese Sicherungsmaßnahmen sind bis 20 Uhr so oft zu wiederholen, wie es für die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer und Fußgänger erforderlich ist. Falls es über längere Zeit schneit, muss nicht ständig geräumt werden. Danach: umso mehr.

Wohin mit dem Schnee?

Die geräumten Schnee und Eisreste sollen so neben der Fahrbahn gelagert werden, dass der Verkehr nicht behindert wird. Der Schnee aus Höfen und Hofeinfahrten darf nicht auf öffentlichen Straßen und Wegen abgelagert werden.

Wenn der städtische Schneeräumer den Schnee von der Straße auf den Gehweg befördert ...

... muss man diesen Schnee wieder entfernen. Und kann sich trotzdem glücklich schätzen, denn Fakt ist: Der Winterdienst ist eine freiwillige Leistung des Straßenbaulastträgers, verpflichtend nur bei Ortsdurchfahrten (mit vielen Ausnahmen) und auf freier Strecke nur bei besonders gefährlichen Fahrbahnstellen. "Wir in der Stadt Weiden sind mit bis zu 100 Personen im Einsatz, legen uns mit sieben 18-Tonnern, sieben Traktoren und 15 Kleinlastern ins Zeug, um die Straßen freizuhalten", schildert Badhorn die Bemühungen seines Teams, dem er für seinen Einsatz dankt.

Dürfen Radfahrer auf Gehwege ausweichen?

Nein, Gehwege sind Fußgängern vorbehalten. Radfahrer dürfen Radwege nutzen oder normale Straßen. Autofahrer dürfen großzügig Abstand halten.

Warum kommt die Müllabfuhr nicht?

An steilen, engen, nicht geräumten und nicht gestreuten Straßen könnte ein 26-Tonner leicht ins Rutschen geraten. Ein zweifelhaftes Vergnügen, weshalb die eine oder andere Straße auch mal von vollen Tonnen gesäumt bleibt. Dafür gibt es später Extratouren.

Wo bleibt meine Post?

Postboten dürfen trittsicheren Zugang zu Privatgrundstücken beanspruchen. Falls dies nicht gewährleistet ist, dürfen sie die Zustellung vertagen.

Was mache ich, wenn jemand nicht räumt und mich das stört?

"Mit Red'n kemman'd Leit z'amm." Und ansonsten können Verstöße als Ordnungswidrigkeiten mit Geldbußen geahndet werden.

Was, wenn ich zu spät zur Arbeit komme?

Kommt ein Mitarbeiter wegen schlechten Wetters zu spät oder gar nicht zur Arbeit, ist das kein "in seiner Person liegender Grund" - folglich hat er keinen Anspruch auf Lohn. Das hat das Bundesarbeitsgericht bereits 1982 entschieden (Az. 5 AZR 283/80). Grundsätzlich können Arbeitgeber verlangen, dass die fehlende Arbeitszeit durch Mehrarbeit zu einem späteren Zeitpunkt oder den Abbau von Überstunden ausgeglichen wird, auch Lohnkürzungen sind denkbar. Sinnvoll ist eine klare Regelung schon vorab.

Und wann gehen wir jetzt Schlittenfahren?

Mit Schnee sind Pflichten verbunden, doch er hat auch das Potenzial zum Vergnügen. "Seid's freindlich", ruft der Musiker Haindling. Und wir ergänzen: Fahrt's Schlitten! Mitanand. (mvs)

Wie hat sich der Winterdienst verändert?:

Weiden. (mvs) Marc Badhorn blickt auf 15 Jahre Erfahrung im Winterdienst zurück: „Ein knackiger Winter mit durchgehend Minusgraden war für uns leichter zu managen als das Hin und Her von Tauen im Lauf des Tages und Gefrieren in der Nacht, wie es neuerdings der Regelfall ist. Auch das Anspruchsdenken und die Unverschämtheit der Menschen hat deutlich zugenommen – dass unsere Fahrer den Vogel gezeigt bekommen, angeschrien werden oder mit gefährlichen Manövern überholt, ist noch das Wenigste. Ich wünsche mir mehr Anstand im Umgang miteinander.“ Wer den Winterdienst der Stadt Weiden kontaktieren möchte, mit Fragen und vielleicht auch mit einem Dankeschön, erreicht ihn per E-Mail an winterdienst[at]weiden[dot]de. „Dieser Service wird von vielen genutzt und wir geben gern Auskünfte.“

Alle Winterdienste der Kommunen, der Länder und des Bundes, beispielsweise der Autobahneinsatz rund um die Uhr, sind übrigens freiwillige Leistungen. Es besteht kein Rechtsanspruch auf geräumte und gestreute Straßen. Bild: Petra Hartl
Alle Winterdienste der Kommunen, der Länder und des Bundes, beispielsweise der Autobahneinsatz rund um die Uhr, sind übrigens freiwillige Leistungen. Es besteht kein Rechtsanspruch auf geräumte und gestreute Straßen.
Vorbereitet: Weidens Winterdienst-Chef Marc Badhorn vor 1300 Tonnen aufgetürmten Salzvorrat auf dem Bauhof in der Vohenstraußer Straße. Bild: Stadt Weiden
Vorbereitet: Weidens Winterdienst-Chef Marc Badhorn vor 1300 Tonnen aufgetürmten Salzvorrat auf dem Bauhof in der Vohenstraußer Straße.
Sieben 18-Tonner sind für die Sicherheit der Weidener Bevölkerung im Zwei- und Drei-Schicht-Betrieb im Einsatz. „Einmal voll machen“ bedeutet hier: 200 Liter Diesel und bis zu 8 Tonnen Salz oder 2400 Liter Salzsole. Bild: Stadt Weiden
Sieben 18-Tonner sind für die Sicherheit der Weidener Bevölkerung im Zwei- und Drei-Schicht-Betrieb im Einsatz. „Einmal voll machen“ bedeutet hier: 200 Liter Diesel und bis zu 8 Tonnen Salz oder 2400 Liter Salzsole.
 
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