Der Beginn der Vorstellung verzögert sich leicht. Um 18.15 Uhr betritt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder das Neue-Welt-Kino und erntet bereits Applaus und Standing Ovations noch vor Beginn der Vorstellung. Deren Titel lautet am Donnerstagabend übrigens "Stadtgespräch", ein Format, mit dem die Landes-CSU Wahlkampfhilfe bietet. In Weiden für Oberbürgermeister-Kandidat Benjamin Zeitler.
Dabei ist alles etwas anders an diesem Abend im Kino. Die ersten Reihen sind heiß begehrt. Der Film dauert nur wenige Minuten. Er ist ein Image-Streifen der CSU, während dem es sich Markus Söder mit der Leinwand im Rücken und Popcorn in der Hand zwischen Benjamin Zeitler und Moderatorin Stefanie Dippl sowie vor 289 Kinobesuchern – überwiegend CSU-Anhängern – gemütlich macht. Die Talkrunde startet sodann mit einer starken Ansage.
Behörde für Weiden
Es geht um die schon mal von Markus Söder in Aussicht gestellte Behördenverlagerung nach Weiden. In Richtung Albert Füracker, Bayerns Finanzminister und Söders Spezl in der ersten Reihe, sagt der Ministerpräsident in dieser Sache: "Albert und ich überlegen, was wir da machen können: Weiden und die nördliche Oberpfalz werden dabei sein. In den nächsten Tagen wird es gute Nachrichten geben."
Zuvor aber gibt's kurzweilige Anekdoten aus Söders Leben, gepaart mit Wahlkampfhilfe für Benjamin Zeitler. "Ihr habt einen echt starken Oberbürgermeister-Kandidaten, der in dieser Welt, die sich stark verändert, wirklich was hermacht", sagt Söder. Sein Wahlkampftipp von einst: Auf Leute zugehen, ihnen zuhören – und sich deshalb in Supermärkte stellen und Freitagfrüh Friseurläden besuchen. Oder eine Zuhörtour mit 17 Veranstaltungen absolvieren, entgegnet Zeitler und berichtet von seiner Fahrt mit der Ape zu den Weidenern.
Als OB würde sich Zeitler für neue Gewerbe- und Wohnflächen einsetzen, Innovation fördern und den Investitionsstau bei Schulen („117 Millionen Euro“) beheben. Weiden und die nördliche Oberpfalz seien „die Boomregion der Zukunft“, denn in den größeren Städten „wird es immer enger“. Und was, fragt die Moderatorin und JU-Bezirksvorsitzende, ist mit Bayern in zehn Jahren? Söder: „Wir wollen mithalten mit Weiden.“
Aber es geht auch ernst zu. Die "Fridays for Future"-Demonstrationen sind Thema. Und der erste und einzige Zwischenruf schallt aus dem Publikum: "Dafür muss man aber keine Schule schwänzen." Das mag stimmen, sagt Söder. "Aber mir sind manche, die sich engagieren, lieber, als andere, die alles mit sich geschehen lassen." Denn in Sachen Klima müsse etwas getan werden. "Aber nicht durch Verzicht, sondern durch Innovation." Und es müsse bezahlbar bleiben, ergänzt Zeitler. "Ich glaube, wir haben hier vor Ort in Weiden große Hebel." Der OB-Kandidat nennt die eigenen Stadtwerke, den Verkehr, Begrünungsflächen – und jeden einzelnen, der gefordert ist.
Bürger kommen auch zu Wort
Einzelne dürfen sich schließlich auch in einer Fragerunde zu Wort melden. Helmut Schöner etwa wagt's. Der Naturschützer aus Waldthurn will von Söder, der selbst einmal erklärt habe, Bäume zu mögen, hören, dass er sich für den „wunderschönen Wald“ am westlichen Stadtrand Weidens einsetzt. Den Gefallen tut ihm der Angesprochene nicht, weil das Gewerbegebiet West IV kommunale Angelegenheit sei. Stattdessen antwortet Zeitler: Weiden brauche dringend diese Gewerbeflächen, die im übrigen „im Einklang mit der Natur und den Menschen“ entwickelt würden und dabei höchste Standards aufweisen.
Für mehr Barrierefreiheit (besonders auf dem Weidener Bahnhof) kämpft leidenschaftlich Maria Rahn aus Wiesau, für einen Nachtzug von München nach Weiden Robert Müllbauer aus Neunkirchen, gegen eine staatliche Gängelung der Banken bei der Zinspolitik der Weidener Tobias Winklhofer. Söder antwortet ausführlich, erklärt die Barrierefreiheit etwa zu einem großen politischen Ziel und Negativzinsen zur Absurdität. „Dafür, dass man Geld zurücklegt, muss man die Banken bezahlen." Falls der Staat nichts dagegen unternehme, fördere er das Spekulieren.
Spekulieren muss der Ministerpräsident und Parteichef am Ende des Stadtgesprächs selbst: Über die Bedeutung des Kunstwerks von Susanne Kempf, das ihm die Weidener CSU-Verantwortlichen neben einem Lebkuchenherz überreichen. Zu einem Ergebnis kommt der leidenschaftliche Cineast nicht, dafür aber nach zwei Stunden zum finalen Satz des Abends: "Ende der Vorstellung."
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