Wenn Kurt Seggewiß wie am Mittwoch die Tafel in der Fichtestraße besucht, hat Josef Gebhardt einen Wunschzettel im Kopf. Die Menge der Lebensmittel und sonstigen Waren, die bei der Tafel erhältlich sind (zum Beispiel Kinderbücher, Reinigungs- und Körperpflege-Produkte, Weihnachts- und Osterartikel), habe sich seit 2014 "mindestens verdoppelt". "Wir haben seit letztem Jahr ein drittes Fahrzeug und sind damit flexibler bei der Abholung von Paletten", so Gebhardt. Was einerseits eine gute Sache ist, sorgt für übervolle Kühlzellen und Lagerräume. "Wir müssen expandieren", so Gebhardts deutliche Botschaft an den OB.
1500 Euro Kaltmiete
Direkt neben der Tafel stehen auf 800 Quadratmetern in drei Stockwerken seit langem Räume leer, die Hausbesitzer Josef Waldemar Reil gerne an die Tafel vermieten würde. 1500 Euro Kaltmiete sollen sie kosten. Diese kämen zu den bisherigen 3000 Euro Kaltmiete, die zu zwei Dritteln von der Stadt und einem Drittel vom Landkreis getragen werden, hinzu.
Der Tafel würden die Räume im Erdgeschoss laut Gebhardt eigentlich reichen. Doch da die oberen Etagen nur über diese Räume zu erreichen sind, gibt es den Platz nur als Gesamtpaket. "Ich nehme an, wir werden uns einig. Sie haben ein großes Herz und sind offen für die Bedürfnisse der Tafel", so Seggewiß zu Reil. Er kündigte an, das Thema in den Stadtrat zu geben.
Im Erdgeschoss des Hauses stehen volle Paletten, weil Josef Gebhardt nicht weiß, wo er sie sonst lagern soll. Drei Monate dürfen sie kostenlos hier stehen.
Seggewiß war auch gekommen, um "die Hemmschwelle zu senken". Viele Menschen, die sich hier versorgen dürfen, schämen sich. Manch andere wiederum haben Vorurteile. Auf letztere wiesen zweiter Vorsitzender Engelbert Mayer und Beisitzer Hermann Rothballer hin. "Jeder, der Vorbehalte hat, darf vorbeikommen und sich das Geschehen und unsere Ware selbst ansehen", so Mayer.
Gute Nachbarschaft
Nach einer "richtigen Gegenbewegung" (Seggewiß) gegen den Standort Fichtestraße, den die Tafel 2017 bezog, sei Ruhe eingekehrt, so Gebhardt. "Jetzt weiß jeder: Wir sind ordentlich, man kann sich auf uns verlassen." Es kämen mehr Bedürftige als am Stockerhut, weil sie nicht mehr draußen warten müssen und gesehen werden. Es gebe "fast keine Reaktionen mehr aus der Nachbarschaft wegen des Standortes", so Gebhardt. Auch Seggewiß bestätigte, es gebe keine Beschwerden.
Zahlen und Daten zur Tafel
Bei der Tafel arbeiten 70 Ehrenamtliche, 1 Angestellte und 10 vom Jobcenter geförderte Mitarbeiter. 2018 wurden 33676 Lebensmittelkörbe an fast 1300 Abholer ausgegeben. Ein Korb versorgt im Schnitt 2,5 Personen. Dass das Jahr 2018 finanziell positiv abgeschlossen worden ist, sei auch dem Flohmarkt für die Tafel-Kunden zu verdanken, so Gebhardt. "Wir haben damit 8000 Euro eingenommen."
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.