Mal angenommen, man könnte sich eine Strategie basteln, die dazu beiträgt, die Läden in der Weidener Innenstadt inzidenzunabhängig wieder öffnen zu können – was wäre nötig? Bundestagsabgeordneter Albert Rupprecht (CSU), IHK-Geschäftsführer Florian Rieder, Einzelhandelssprecher Tobias Sonna und Cornelia Gebell versuchten bei einem Treffen für sich diese Frage zu beantworten. Der Politiker hatte schon vor drei Wochen zum "Ideensammeln" aufgerufen. „Der Druck ist erheblich. Viele sind an ihre Grenzen gestoßen, emotional wie finanziell.“
„Die Mutation hat uns alles versaut“, klagte Rupprecht. „Ohne die hätten wir es hingekriegt. Sie hat unsere Hoffnungen und Planungen zerschlagen.“ Prognosen für eine baldige Rückkehr zur Normalität seien schlecht. Mit einer Entspannung sei wahrscheinlich nicht vor Juni zu rechnen. "Es sei denn, wir kriegen Instrumente an die Hand, die wir so einsetzen können, dass wir Öffnungsschritte mit Verantwortung einleiten können." Was bedeute: Testen, testen und nochmal testen. Denn: Zwei Wochen lang aufmachen, um dann wieder schließen zu müssen, wolle doch schließlich keiner.
Rupprecht verlangte nach pragmatischen Lösungen. Gemeinsam mit Sonna war er sich allerdings klar darüber, dass natürlich der Impfstoff zentrales Thema sei. „Aber wir brauchen zeitnahe Lösungsmodelle, die kurzfristige Verbesserungen bringen." Es müssten Impulse speziell für die Modellregion Weiden gesetzt werden, unterstrich Rieder. Berlin und München stuften Bayern als viel zu homogen ein. Dabei gebe es massive, regionale Unterschiede zwischen Großstädten und der nördlichen Oberpfalz. "Wir haben keinen Massen-ÖPNV. Bei uns sind die Kunden mit Pkws unterwegs."
Sonna hinterfragte den Weg, wie die Inzidenzwerte ermittelt würden. Vielleicht brauche Deutschland zur Erhebung seiner Zahlen ja ganz andere Quotienten, sagte er. Testen ja, aber: "Muss ich meinen Kunden dann raten, sich nicht testen zu lassen, nur um den Inzidenzwert niedrig zu halten?" Auch sollte in die Überlegungen einfließen, dass sich der Kundenstrom verteilen würde, je mehr Geschäfte geöffnet hätten. Thematisiert wurde das "Click & Meet"-Angebot.
Das von Rupprecht favorisierte Testverfahren koste Geld. Bei 60 Kunden pro Tag und Geschäft im Regelbetrieb – allein in der Innenstadt gebe es 250 Läden und Lokale – kämen locker fünfstellige Euro-Beträge pro Einkaufstag zusammen. Sonna: "Der Handel ist bereit, sich zu beteiligen, kann aber nicht alles zahlen." Vielleicht sollte man einen Teil der Kosten über den Einkauf rabattieren.
Rieder gab zu bedenken, dass die von Rupprecht für die Innenstadt angedachten Teststationen überfordert sein könnten. "Eine gute Teststation schafft derzeit 4000 Tests pro Tag", rechnete er vor. Hier gehe es aber um eine viel größere Zahl. Corona-Tests würden auch nur in Kombination mit anderen Bausteinen greifen, gab Sonna zu bedenken. "Sie zur alleinigen Voraussetzung für einen Einkauf zu machen, sehe ich kritisch. Ich fürchte, hier setzt man aufs falsche Pferd." Allein die Erlaubnis, sich privat Kreis wieder im größeren Rahmen treffen zu dürfen, erhöhe das Ansteckungsrisiko. Und das mache es wiederum für den Händler schwierig.
"Wir brauchen eine automatisierte Frequenzerfassung. Ich hoffe, die kommt bald. Dann hätten wir die Chance, Frequenzen zu lenken", sagte Rieder. Man benötige eine funktionierende App. Aufgrund der Geschäftsöffnungen in inzidenzschwachen Städten wie Regensburg oder Ingolstadt spüre man in Weiden seit gut drei Wochen ein Gerechtigkeitsproblem. Den Lockdown vor einem Jahr hätten die Menschen akzeptiert, erklärte Sonna. Der hätte alle betroffen. "Jetzt ist die Akzeptanz nicht mehr da, weil die Ausgewogenheit fehlt. Die einen haben offen, die anderen haben zu." Seine Erkenntnis: "Wir müssen uns vor Ort selber helfen, denn von oben kommt nichts."
Sonna versicherte mit Nachdruck, dass der Handel fürs Inzidenzgeschehen nicht verantwortlich sei. "Wir können in dieser Runde keine Lösung für Deutschland formulieren." Rupprecht erwartet jetzt von seinen Gesprächspartnern die Formulierung eines Strategiepapiers, das er in Abwägung mit seinen ostbayerischen Abgeordnetenkollegen dem zuständigen Gesundheitsministerium vorlegen möchte.
„Corona-Tests zur alleinigen Voraussetzung für einen Einkauf zu machen, sehe ich kritisch. Ich fürchte, hier setzt man aufs falsche Pferd.“
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.