Historische Spritze "Rumania" kehrt als Leihgabe zur Feuerwehr Wiesau zurück

Wiesau
14.08.2023 - 14:52 Uhr
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Lange stand die 1927 gebaute Hochleistungszentrifugalspritze in der Goethestraße in Wiesau. Ihr Name: „Rumania“. Das Gerät hat eine interessante Geschichte. Am Freitag kehrte die historische Spritze zur Feuerwehr zurück.

„Der höchste Zweck der Feuerwehr ist die Menschenrettung“, äußerte einmal der Unternehmer, Erfinder der Feuerwehrleiter und Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Ulm, Conrad Dietrich Magirus. Dem Gedanken folgend fertigte dessen Unternehmen in Ulm bereits ab den 1860er Jahren – neben der 1904 vorgestellten Leiter mit vollautomatischem Antrieb – eine Vielzahl an Geräten und Fahrzeugen, die beim Brandschutz wertvolle Dienste leisteten. Zum Angebot gehörte auch die Hochdruckzentrifugalpumpe „Magirus-Rumania“. Und genau solch eine wünschte sich die Feuerwehr Wiesau vor 96 Jahren.

Geld- und Getreidespenden

Vom Nutzen dieser Maschine überzeugt, baten die Verantwortlichen darum, das Kaufanliegen im Gemeinderat zu behandeln. Kosten würde die Anschaffung 3000 Mark, teilte man der Verwaltung mit. Wie aber sollte die Investition gestemmt werden? Gelöst wurde das Problem laut Chronik der Feuerwehr mit einer später erfolgreichen Haussammlung im Gemeindebereich. Zusammengerechnet 1000 Mark steuerten das Tonwerk, das Dampfsägewerk Zehendner und die Firma Maurer bei. Weitere 200 Mark flossen von der seinerzeit eigenständigen Gemeinde Voitenthan. Einen ungewöhnlichen Beitrag leisteten die Landwirte in und um Wiesau. Die Bauern verschenkten Getreide, das später verkauft wurde.

Dank der Verkaufs- und Spendenerlöse konnte das auf einem Fahrgestell montierte Löschgerät bestellt werden. Weil die vorhandenen Gelder offenbar ausreichten, entschied man sich zudem für eine Vollgummibereifung. Als Gegenleistung für die 500-Mark-Spende forderte die Unternehmensleitung des Tonwerks, dass die nach wenigen Monaten gelieferte Neuanschaffung in einer der Fabrikhallen untergestellt und dort auch gewartet werde. Mit betreut wurde die Pumpe vom damaligen Lehrling und späteren Schlosser im Tonwerk, Ottomar Spörl aus Wiesau.

Automobilspritze Modell „Büdelsdorf“

Am 11. November 1932 stand in Leugas das Mühlenanwesen in Flammen. Beim Löscheinsatz wurde die Motorspritze über die Maßen beansprucht und fiel wegen eines Schadens wochenlang aus. Zu einem großen Problem wurde das Fehlen eines geeigneten Transportgerätes, um die Motorspritze vom Tonwerk zum Brandort und wieder zurück zu bringen.

Möglicherweise wurde das Löschgerät einige Jahre von Hand, von Pferden oder Ochsen zum Einzsatzort gezogen. Überliefert ist das aber nicht. Sicher ist, dass man bei einem Brandfall, so berichtet die Chronik der Feuerwehr, die umliegende Gemeinden stets nur verspätet erreicht habe. Das änderte sich mit der Anschaffung der neuen Automobilspritze vom Modell „Büdelsdorf“ mit einem motorisierten Fahrgestell der Rüsselsheimer Opel-Werke.

Bei der Feuersbrunst in den 1930er Jahren im Nachbarort Friedenfels jedoch fehlten die erst vor kurzem gelieferte Automobil- und die 1927 angeschaffte Hochleistungszentrifugalspritze. Vergeblich wartete man auf das Eintreffen des Löschgespanns, das, so war man sich damals sicher, großen Schaden hätte verhindern können. Das noch fast nagelneue Blaulichtfahrzeug war wegen eines Defekts nicht mehr fahrbereit. Folglich musste auch die wichtige "Rumania"-Spritze in Wiesau stehen bleiben.

Vermutlich in den 1960er Jahren macht der für die Wartung mit zuständige Ottomar Spörl seinem Arbeitgeber ein Kaufangebot. Die „Rumania“ ging in seinen Besitz über und stand zuletzt auf dem Firmengelände des Dachdeckerei- und Spenglermeisterbetriebes Spörl in der Goethestraße.

Jetzt endete der jahrzehntelange Dornröschenschlaf der "Rumania". Den Wechsel von der Goethestraße an den neuen Standort Egerstraße ins Feuerwehrgerätehaus verdankt sie einem Mann, der den Besitzer jahrelang gelöchert hatte: Dem, so formulierte es der aktuelle Eigentümer Helmuth Spörl, „1000-prozentigen Feuerwehrmann, Ehrenamtlichen beim BRK Wiesau und Nachbarn Fabian Krämer". Lange Zeit zögerte Spörl. Schließlich ließ er sich erweichen: „Weil es sich um ein Erinnerungsstück an meinen Vater Ottomar Spörl handelt, soll das Gerät in gute Hände kommen“, sagte Helmuth Spörl bei der Übergabe und betonte: „Nur leihweise.“ Wie viel sein Vater damals bezahlen musste, weiß Feuerwehrmitglied Helmuth Spörl nicht. Gekauft habe er die Spritze wohl deshalb, weil er an ihr hing.

Datenblatt noch vorhanden

Auf die eingehende Besichtigung, bei der eine gehörige Portion Fachsimpelei nicht fehlen durfte, folgte die Verladung der mindestens zehn Zentner schweren Leihgabe auf einen Anhänger der Feuerwehr. Nächste Schritte seien die Restaurierung der Leihgabe und vielleicht sogar Revitalisierung der fast 100 Jahre alten, benzinbetriebenen Löschmaschine. „Schau'n mer mal“, erwiderte Feuerwehr-Vorsitzender Manfred Beer auf die Frage, was man damit vorhabe. „Ideen haben wir bereits.“ Mit einem Mitarbeiter des Unternehmens Magirus habe man sich schon in Verbindung gesetzt. „Wir bekommen das noch vorhandene Datenblatt zugeschickt“, erklärte Fabian Krämer, dem es gelungen ist, die „Rumania“ zur Restaurierung und weiteren Pflege für die Wehr zu sichern.

Hintergrund:

Daten zur Hochleistungspumpe "Rumania"

  • Hersteller: Magirus Ulm
  • Baujahr: 1927
  • Typenbezeichnung: P1/3
  • Anschaffungskosten: 3000 Mark
  • Damalige Lieferzeit: 4 Monate nach Auftragseingang
  • Gewicht: Mehr als 10 Zentner
  • Löschleistung: 600 Liter pro Minute
  • Förderhöhe: 60 Meter
  • Maschinenleistung: 2700 Umdrehungen pro Minute
  • Letzter Standort in Wiesau: Firmengelände des Dachdecker-Meisterbetriebs, Spenglerei und Baustoffhandel Spörl
 
 

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