Weltenbummler in Wartestellung: Mit dem alten "Frosch" rund um den Globus

Wiesau
05.08.2021 - 15:58 Uhr
OnetzPlus

Michaela und Thorben Schmitt haben jahrelang die Welt erkundet, erst alleine und dann mit ihren Kindern. Die Corona-Pandemie sorgte jedoch für eine Zwangspause. Im Wartestand im Landkreis Tirschenreuth erzählen sie von ihren Erlebnissen.

Wenn man Michaela und Thorben Schmitt gegenübersitzt, ahnt man nicht, dass sie sich dauerhaft auf einer Reise befinden – aktuell hängen sie lediglich in einer Zwangspause fest. Das Paar hat jahrelang die Welt bereist und ist dadurch auch einem großen Publikum bekannt geworden – etwa aus der ZDF-Reihe Terra X. Infolge der Corona-Pandemie leben die Globetrotter mit ihren beiden Kindern Levi und Romina seit dem vergangenen Frühjahr im Landkreis Tirschenreuth – natürlich nur vorübergehend. Bei einem Vortrag an der Grundschule Wiesau, wo ihre Tochter die Klasse 2b besuchte, sagten sie spontan zu, mehr über sich und ihre Abenteuer zu erzählen.

Begonnen habe alles sehr banal, erzählt die aus Nürnberg stammende Steuerfachgehilfin. „Die erste Reise, eine Campingtour, führte uns nach Italien.“ Schnell sei bei der heute 42-Jährigen der Wunsch aufgekommen, noch viel mehr zu sehen. Ihr 36-jähriger Ehemann, der in Würzburg zur Welt kam und als selbstständiger Programmierer arbeitet, habe sich von der Abenteuerlust anstecken lassen. Gemeinsam habe man ein großes Ziel ins Auge gefasst: „Es wäre toll, wenn wir alle Länder sehen könnten.“

90 Länder bereist

Von 2009 an bis 2020 sind Michaela und Thorben Schmitt jeweils mehrere Monate im Jahr unterwegs gewesen. Mit einem umgebauten Mercedes-Lkw, Baujahr 1980, den sie wegen der grünen Farbe „Frosch“ nennen, wollen sie alle 193 Länder auf dem Globus erkunden. 90 davon haben sie bereits bereist. Wäre nicht die Corona-Pandemie ausgebrochen, würde die Familie aktuell noch immer die berühmte Seidenstraße erkunden.

„Über Nacht kam die Vollbremsung“, blickt Thorben zurück ins vergangene Jahr. Grenzen wurden geschlossen, Visa wurden verweigert, sämtliche Alternativ-Routen schieden aus. Die Reise musste abgebrochen werden. „Die Freiheit wurde uns genommen“, bedauert Schmitt. Im April 2020 strandete die Familie schließlich in der Oberpfalz. Bis Mitte März 2021 lebte sie am Ortsrand von Wiesau, wo sie von Bekannten aufgenommen wurde. Derzeit wohnen die Schmitts auf einem Pferdehof bei Immenreuth und hoffen darauf, dass sie bald wieder aufbrechen können in die weite Welt.

Leihgabe für Scheich

Auf die Frage, wo denn der Lkw namens „Frosch“ geblieben ist, lächelt Thorben und verrät: „Unser Reisegefährt steht auf einem Privatgrundstück, das einem Scheich gehört.“ Und zwar im Emirat Dubai. „Beim Einkaufen dort trafen wir einen Einheimischen, der sich als vermögender Scheich entpuppte“, berichtet Thorben und zitiert den damals Fremden: „Wenn ihr Hilfe braucht – hier ist meine Telefonnummer.“ So entstand eine besondere Verbindung und der „Frosch“ wurde zu einer vorübergehenden Leihgabe für den neuen Freund und Sammler, der unter anderem drei Farmen und 150 Oldtimer besitzt. „Der Scheich darf ihn auch fahren. Und wir freuen uns, dass unser Diesel nicht einrostet“, betont der Weltenbummler lachend.

Von all den Reisen mit unzähligen Erlebnissen und den dabei gesammelten Erfahrungen berichtet Michaela in ihren Büchern „Ausreißer“ und „Hippie Trail.“ Aktuell in Arbeit ist ein Reisebericht mit dem Titel „Die Seidenstraße“. Zudem erzählen die beiden gerne in Vorträgen von den Familien-Abenteuern. „Wir arbeiten hart und sparen fleißig. Jeder übriggebliebene Euro wandert sofort in die Reisekasse“, erklärt die 42-Jährige.

Familienzuwachs in Mexiko

Zu den persönlichen „Rosinen“ der bisherigen Reisen zählen eine Tour durch das verschlossene Nordkorea und eine Panamericana-Tour von Alaska bis Feuerland, bei der sie erstmals von Töchterchen Romina begleitet wurden. Das Mädchen – heute acht – war damals gerade mal ein Jahr alt geworden. Wenige Jahre später kam Söhnchen Levi zur Welt – in einem Krankenhaus in Mexiko, weshalb er neben der deutschen auch die mexikanische Staatsangehörigkeit hat. Levis Geburtstag feierte man einst unter einem Palmendach.

„Die Wüsten wurden zu großen Sandkästen, die Dünen zu Rodelbahnen“, beschreiben Michaela und Thorben einige Eindrücke auf ihren Touren. Voller Begeisterung erzählen sie vom Baden im Toten Meer, vom Besuch der jordanischen Felsenstadt Petra oder von der Fahrt auf dem „Hippie Trail“ in Indien. Doch ganz so unbeschwert lebt es sich nicht. „Wenn wir auf Reisen sind, müssen wir uns jeden Tag neu orientieren“, berichtet der 36-Jährige. Mit den Sprachen Deutsch, Englisch, Spanisch und Französisch seien die Schmitts bisher gut durch die Welt gekommen. „Vieles geht auch mit Händen und Füßen“, fügt Michaela lachend hinzu.

Großzügig beschenkt

Die Weltenbummler seien frei von Vorurteilen, wie sie versichern. Und sie geben auch nicht auf im „Kampf gegen die Windmühlen“, also mit den Bemühungen, auch andere von einer vorurteilsfreien Sicht auf die Welt zu überzeugen. „Ausgerechnet in den Ländern mit dem schlechtesten Ruf empfing man uns am herzlichsten“, geben die beiden zu bedenken. „Im Iran kamen die Leute auf uns zu und erklärten uns, dass sie anders seien, als es die Medien oft berichten.“ Häufig sei die Freude über Besucher aus dem fernen Deutschland groß gewesen, vielfach sei die Familie großzügig beschenkt worden. Gut angekommen sei auch oft, dass ihre Kinder mit auf Tour waren. In Saudi-Arabien lernten die Schmitts den Tourismusminister kennen, einen sehr freundlichen Mann. „Ein schönes Erlebnis hatten wir in Saudi-Arabien auch bei einem Treffen mit einem Prinzen, der uns spontan zum Abendessen einlud.“

Fast nirgends habe die Familie so richtig schlechte Erfahrungen gemacht. „Bis auf einmal in Marokko, wo wir überfallen wurden“, erzählen Michaela und Thorben. „Passieren kann überall etwas“, sind sie sich einig. Man müsse die Augen offen halten und dürfe nicht blauäugig durch die Welt fahren.

Auf die Frage nach dem Schulunterricht informieren die Schmitts, dass Romina während der Reisen an einer „Roadschool“ teilnimmt, die Fernunterricht anbietet. In der ersten Klasse wurde sie unterwegs von den Eltern selbst unterrichtet. Nach dem nun erfolgten Abschluss der zweiten Klasse soll der Unterricht wieder im „Frosch“ stattfinden – sofern die Corona-Lage eine baldige Wiederaufnahme des Reisens zulässt. Dankbar sind die Eltern der Wiesauer Grundschulrektorin Inge Dick, die versichert habe, Romina umgehend von der Schule freizustellen, wenn es wieder losgeht.

Was sagen eigentlich Freunde und Verwandte zum Abenteuer-Leben der Familie? „Die haben sich daran gewöhnt, dass wir oft auf Achse sind“, betont das Paar.

OnetzPlus
Pechbrunn07.03.2021

„Wir arbeiten hart und sparen fleißig. Jeder übriggebliebene Euro wandert sofort in die Reisekasse.“

Michaela Schmitt

 
 

Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.