Der "Rote Baron" schafft es ins Ziel: Familie Ruppert bewältigt die Dakar Classic

Schnaittenbach
31.01.2022 - 10:22 Uhr
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Rallyesport und Wüstenfeeling: Vier Oberpfälzer erfüllen sich mit der Teilnahme an der Dakar Classic einen Traum. Auf einen "adeligen" Mitstreiter ist das "Fun42-Racing"-Team besonders stolz.

Der "Rote Baron" auf der Fahrt durch die arabische Wüste.

Zugegeben, er ist nicht mehr der Jüngste. Und bis er mit seinen 180 Pferdestärken auf Touren kommt, dauert's schon mal ein paar Umdrehungen. Aber Adel verpflichtet. Der "Rote Baron" macht letztendlich seine fehlende Schnelligkeit durch ganz andere Tugenden wett. "Er ist ein echter Kämpfer und total zuverlässig", spricht Christian Ruppert fast schon liebevoll über jenen wuchtigen, rot lackierten Mercedes G-Klasse, der bereits 1981 an der Rallye Paris-Dakar teilgenommen hatte. Nun ließ der Oldtimer in der saudi-arabischen Wüste erneut Träume wahr werden. "Die Dakar Classic", schwärmt der Schnaittenbacher, "war das Abenteuer unseres Lebens."

Knapp ein Jahr lang hatte sich die Familie Ruppert aus Schnaittenbach auf den Tag X vorbereitet. Monatelang wurde der Start bei der Dakar Classic 2022 penibel geplant, in unzähligen Stunden am Wagen geschraubt, die Rollenverteilung bis ins Detail durchgesprochen. Auf Christian Ruppert (58), ein ehemaliger Motocross-Sidecar-Fahrer, kam die Aufgabe zu, den Wagen durch arabischen Sand und Geröll zu lenken, Ehefrau Ursula (48) übernahm als Co-Pilotin die Navigation. Sohn Matias (20) sowie Rudi Weich (57), ein Freund der Familie, vervollständigten als Mechaniker das Quartett. "Wir hatten ja vorher noch nie an einer Rallye teilgenommen. Für uns war das alles Neuland", erzählt Christian Ruppert von der kraftraubenden, da zeitintensiven Vorbereitung.

Ende Dezember – der "Rote Baron" war mitsamt Servicefahrzeug bereits Wochen vorher von Marseille aus verschifft worden – brachen die Oberpfälzer mit dem Flieger nach Saudi-Arabien auf. Mit dem einen gemeinsamen Ziel: Nach 12 Etappen und insgesamt 7216 Kilometern wieder die Stadt Jeddah zu erreichen – idealerweise wohlbehalten und eine Lebenserfahrung reicher. "Das Glücksgefühl war unglaublich", beschreibt Christian Ruppert jenen Moment, als der "Rote Baron" am 14. Januar tatsächlich die Ziellinie überfuhr. "Die ganze Anspannung ist von uns abgefallen. Wir waren alle unendlich froh, diese riesige Herausforderung so gut bewältigt zu haben."

Von Erleichterung war knapp zwei Wochen vorher im "Fun42-Racing"-Team noch nicht viel zu spüren. Beim Start am 1. Januar in der Oasenstadt Hail schwankte die Stimmung eher zwischen freudiger Erwartung und der bangen Frage: Welche Überraschungen warten auf den bis zu 750 Kilometer langen Etappen? Viel Zeit zum Grübeln blieb allerdings nicht. Von Tag eins an mussten Abläufe im Fahrerlager verinnerlicht, Roadbook und Zeitvorgaben umgesetzt werden. "Wir waren ja Teil der großen Rallye Dakar mit Autos, Motorrädern und Trucks. Es gab ständige neue Eindrücke, die wir zu verarbeiten hatten", sagt Christian Ruppert.

Die ersten Etappen verliefen für die Rallye-Newcomer besser als erwartet. Während so manch andere Teams bereits vom Start weg mit technischen Problemen zu kämpfen hatten, biss sich der "Rote Baron" mit lobenswerter Beharrlichkeit durchs Gelände. "Wenn es zu heftig wurde, sind wir vom Gas weg", erzählt Ruppert von Fahrten durch ausgetrocknete Flussbette. "Falls man hier zu schnell unterwegs ist, können spitze Steine aufgewirbelt werden, die dann das Differentialgehäuse oder die Reifen beschädigen. Da sind wir lieber im Schritttempo gefahren." Richtig schwierig wurde es immer dann, wenn Sanddünen zu bewältigen waren. "Die sind oft kilometerlang, aber vom Fahrkönnen her nicht unbedingt anspruchsvoll", berichtet Christian Ruppert. Was ins Kontor schlägt, sind die hohen Drehzahlen. "Die bedeuten eine enorme Belastung für Motor und Getriebe. Da leidet man so richtig mit dem Auto mit."

Ganz ohne Pannen ging es aber auch für die Oberpfälzer nicht ab. Einmal mussten die Mechaniker Matias und Rudi ein Loch im Tank reparieren, auf der vorletzten Etappe ging auf einer Dünenfahrt gar eine hintere Dämpferaufhängung kaputt – beinahe ein Super-Gau. "Das war für uns die heikelste Situation im gesamten Rennen", erzählt Ruppert. "Wir mussten ins Lager zurückfahren, um den Schaden zu reparieren. Wir waren plötzlich völlig alleine in der Wüste, weil alle anderen schon durch waren. Da hatten wir schon ein mulmiges Gefühl." Aber einmal mehr erwies sich Ursula Ruppert als hervorragende Lotsin: "Meine Frau ist ein Navigationstalent. Die hatte alles im Griff."

Unfreiwillig spannend geriet die letzte Etappe. 606 Kilometer waren von Bisha nach Jeddah zurückzulegen. Es zählte nur noch das Ankommen, da der "Rote Baron" mittlerweile mehr ächzte und stöhnte als allen lieb war. "Ich bin bei jeder Welle und Senke Schritt gefahren. Wir haben gebangt und gehofft, dass auf den letzten Metern bloß nichts mehr passiert." Doch auf die G-Klasse war Verlass. Endlich im Ziel lag sich die Crew aus der Oberpfalz in den Armen. Übermüdet und gezeichnet von den Strapazen, aber unendlich glücklich. "Jeder von uns hat ein paar Kilo abgenommen. Mal sehen, ob noch alle Hosen passen", schmunzelt Christian Ruppert.

Ein Lächeln ins Gesicht zauberte auch der Blick in die Gesamtwertung. Von insgesamt 143 Teilnehmern an der Dakar Classic schafften es letztlich 120 in die Wertung. Das "Fun42-Racing"-Team belegte Platz 97. "Damit sind wir super zufrieden. Für uns war das Wichtigste durchzukommen, die Platzierung ist reine Nebensache."

Schnee statt Sand, Schnaittenbach statt Jeddah – seit gut einer Woche hat der Alltag die Familie Ruppert wieder. Freunde, Bekannte, Sponsoren, jeder will wissen, ob das Rallye-Abenteuer so toll war wie erhofft? "Ja, das war es", gibt Christian Ruppert als Antwort. "Es war intensiv, ein Erlebnis wie wir es so noch nie hatten." Und dennoch kommt ein erneuter Start bei der Dakar Classic nicht in Frage. "Beim ersten Mal ist es ein Abenteuer", sagt Christian Ruppert. "Wenn du das ein zweites Mal machst, wird es zum Wettbewerb. Dann ist die Gefahr der Enttäuschung groß, wenn es nicht so läuft oder du gar ausscheidest."

Angst, dass nun im Kopf die große Leere einsetzt, hat Christian Ruppert aber nicht: "Es gibt genügend tolle Sachen, die man unternehmen kann." Und er schmunzelt: "Meine Frau hat mich schon gefragt, mit welcher nächsten Idee ich um die Ecke komme." Der "Rote Baron" wird dann allerdings nicht mit von der Partie sein. "Von ihm müssen wir uns leider trennen", bedauert Ruppert. Interessenten gibt es schon. Vielleicht kämpft sich der Oldtimer irgendwann ein drittes Mal durch die Wüste.

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Schnaittenbach02.09.2021
Das "Fun42-Racing"-Team und der "Rote Baron" bei der Dakar Classic: Christian Ruppert (hinten rechts) steuerte den Wagen, Ehefrau Ursula (hinten links) war für die Navigation zuständig. Sohn Matias (vorne rechts) sowie Rudi Weich standen als Mechaniker ihren Mann.
Vor dem Start zur Dakar Classic erfolgte die Präsentation der einzelnen Teams.:
Info:

Dakar Classic

  • Die Oldtimer-Rallye fand im Januar 2022 zum zweiten Mal statt.
  • Nur Fahrzeuge, die bereits an der Rally Paris-Dakar teilgenommen haben und ein Baujahr vor 2000 haben, sind startberechtigt
  • Die Teams fahren nicht auf Schnelligkeit, sondern müssen ihre Aufgaben in einem bestimmten Zeitkorridor bewältigen.
  • Eingebunden ist die Dakar Classic in das Hauptrennen, die Rallye Dakar.
  • 2022 waren insgesamt 7216 Kilometer in 12 Etappen zu bewältigen.
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