Deutschland und die Welt
11.12.2025 - 07:57 Uhr

OTon: Über Horrorhotels und kleine Ansprüche

Ein Hotel ohne Schimmel an der Wand, mit U-Bahn vor der Tür, aber nicht zu teuer? In einer Metropole wie London gibt es leichtere Suchen. Florian Bindl schreibt über die wohl schäbigste Bude der Stadt, Limonade und Lord Voldemort.

Ein gutes Hotel in Londons Zentrum, das kein Vermögen kostet? Schwierig. Bild: Swen Pförtner
Ein gutes Hotel in Londons Zentrum, das kein Vermögen kostet? Schwierig.

Ich bin kein allzu anspruchsvoller Typ. Also meistens. Dass ich mich lauthals über etwas beschwere, weil es mir zu wenig, zu viel oder nicht gut genug wäre, passiert selten. Beispiel: Über Mensa-Essen in der Uni habe ich mich wohl als einziger nie beklagt. Hallo, es ist warm und kostet fast nix. Mensa-Essen eben. Was erwartet ihr? Ich fand es eher zum Lachen, wenn passionierte Dosenravioli-Köche dort zu Kurzzeit-Gourmets aufstiegen und ständig etwas auszusetzen hatten.

Auch abseits des Tellers: Ich nehme, was mir das Leben vorsetzt. Am Ende liegt’s bei einem selbst. Aus Zitronen macht man Limonade. Ich erwarte wenig.

Mit einer Ausnahme: Hotels. Aktuell suche ich nach einem für fünf Nächte in London. Wer jemals nach einer Bleibe in der englischen Metropole gegoogelt hat, der weiß: Man findet dort genau zwei Kategorien. Bruchbuden und Luxusschlösser. Ich kenne keine Stadt, in der so viele Fünf-Sterne-Tempel mit Preisen weit jenseits 500 Euro pro Nacht Tür an Tür mit heruntergekommenen Baracken liegen.

Meine bislang schlechteste Hotel-Erfahrung habe ich vor Jahren, genau, in London gemacht. Gute Lage, schicke Lobby, vernünftiger Preis, immerhin drei Sterne. Und dann: ein Zimmer im Untergeschoss. Stellen Sie sich den Geruchsmix aus verschimmeltem Abflussrohr und feuchtem Kartoffelkeller vor, dann stehen Sie rein nasentechnisch schon in diesem Zimmer.

Der Duft war kein Zufall. Großflächiger Schimmelbefall an Wänden und Decke, heillos verstopfte Abflüsse, kaputtes Klo. Das vergitterte Fenster ließ den Blick frei auf den vermutlich scheußlichsten, düstersten Gebäudeschacht der Stadt. Wenn ich wetten müsste: Dort draußen nistet die Spinne aus „Herr der Ringe“ zusammen mit Lord Voldemort. Und Jack the Ripper plant hier seinen nächsten Mord. Für kein Geld der Welt wäre ich durch dieses Fenster geklettert. Der London Dungeon ist dagegen Wellness. Wir blieben eine Nacht in dem Zimmer und ließen uns dann in den dritten Stock verlegen. Weit weg von Voldemort und dem Ripper.

Seitdem achte ich vor allem bei Städtetrips penibel auf die Hotelauswahl. Der Anzahl der Sterne traue ich grundsätzlich nicht, negativen Bewertungen auf Hotelportalen schon eher. Leider ist London hier der Endgegner. Vielleicht bin ich auch zu anspruchsvoll.

Oberpfalz04.12.2025
Info:

OTon

Wir sind junge Mitarbeiter von Oberpfalz-Medien. In unserer Kolumne "OTon" schreiben wir einmal in der Woche über das, was uns im Alltag begegnet – was wir gut finden, aber auch, was uns ärgert. Dabei geht es weniger um fundierte Fakten, wie wir sie tagtäglich für unsere Leser aufbereiten, sondern um unsere ganz persönlichen Geschichten, Erlebnisse und Meinungen. Wir wollen zeigen, dass nicht nur in Hamburg, Berlin oder München Dinge passieren, die uns junge Menschen bewegen.

 
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