Rund 250 Milliliter Sonnenblumenöl benötigt man für mein liebstes Karottenkuchen-Rezept. Er ist fluffig und nussig und man muss kein schlechtes Gewissen haben, wenn man ihn verspeist, weil es ist ja quasi Gemüse, also gesund. Da gibt es nur einen Haken im Moment: Es gibt kein Sonnenblumenöl mehr.
Meine einzige Flasche ist, genau wie die Regale in den Supermärkten, seit Tagen leer. Nach Hefe und Klopapier schlägt der menschliche Hamster nun also beim Öl zu. "Nur drei Flaschen pro Person". Diese Zettel hängen über den leeren Regalen. Drei? Ich wäre ja schon froh, wenn ich irgendwo eine bekommen würde. Aber Fehlanzeige.
Drei Flaschen pro Person
Die meisten Menschen sind auch ohne Zettel vernünftig, kaufen auch weiterhin nur das, was sie brauchen und nehmen Rücksicht auf andere. Da Ausnahmen bekanntlich die Regel bestätigen, eine kurze Anekdote von vor wenigen Tagen: Nach einem weiteren erfolglosen Versuch im Supermarkt an eine Flasche Sonnenblumenöl zum Zweck der Karottenkuchenherstellung zu gelangen, steht eine Familie vor mir an der Kasse. Jeder von ihnen kauft – kein Witz – drei Flaschen Sonnenblumenöl. Fein säuberlich abgetrennt. Sind ja nur drei Flaschen pro Person erlaubt.
Ich bin verwirrt und frage mich, ob es seit neuestem einen geheimen Raum im Supermarkt gibt, wo das Öl gelagert wird? Hektisch blättere ich das Prospekt nach einem versteckten Hinweis ab. Nichts. Die Familie lädt am Parkplatz ihre 15 (!) Flaschen Öl ins Auto. Kurz nachgerechnet: Geht man von einer ein Liter Flasche aus, könnte sie damit 60 Karottenkuchen backen. Nicht, dass die jetzt auch noch anfangen Karotten zu hamstern. Wobei das einem Nagetier immerhin mehr entsprechen würde. Vielleicht wollen sie ja auch einen Weltrekord aufstellen? Das weltgrößte Schnitzel frittieren?
Leben im Überfluss
Eins wurde mir bei meinem Supermarkt-Besuch auf jeden Fall klar: Wir leben im Überfluss. Aber sowas von. Es gibt von allen Dingen nicht nur eins, sondern gleich zehn. In günstig und teuer, Markenprodukt und No-Name, mit künstlichen und natürlichen Aromen. Wir fahren mit unseren riesigen Wägen durch die Gänge und kaufen zu viel Zeug, das wir gar nicht brauchen. Und wenn auch nur eines dieser schier Millionen Dinge wegzubrechen droht, bricht Panik aus.
Dabei haben wir mehr als wir jemals essen können, was nicht für alle Menschen dieser Erde gilt. Deshalb backe ich jetzt einfach einen anderen Kuchen. Mit Butter. Für den Fall, dass es jemals wieder Sonnenblumenöl gibt, hier trotzdem noch die restlichen Infos zu "Kathis Karottenkuchen": 4 Eier, 250 Gramm Zucker, Öl und etwas Zimt verrühren, dann 375 Gramm geriebene Karotten und 200 Gramm Mandeln hinzugeben und 250 Gramm Mehl und 2 Teelöffel Backpulver unterrühren. Bei 180 Grad Ober-/Unterhitze 40 bis 50 Minuten backen.
OTon
Wir sind junge Mitarbeiter der Oberpfalz-Medien. In unserer Kolumne „OTon“ schreiben wir einmal in der Woche über das, was uns im Alltag begegnet – was wir gut finden, aber auch, was uns ärgert. Dabei geht es weniger um fundierte Fakten, wie wir sie tagtäglich für unsere Leser aufbereiten, sondern um unsere ganz persönlichen Geschichten, Erlebnisse und Meinungen. Wir wollen zeigen, dass nicht nur in Hamburg, Berlin oder München Dinge passieren, die uns junge Menschen bewegen. Alle Teile dieser Kolumne sind zu finden unter onetz.de/oton.
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