Das Licht geht aus. Die Menge tobt. Eine spektakuläre Feuershow eröffnet das Konzert und die Frau vor mir zückt ihr Smartphone. Til Lindemann tritt auf die Bühne. Begeistert zoomt die Frau auf den Sänger. Danach folgt ein verwackelter Schwenk über die Bühne. Anschließend noch einmal umdrehen, um auch im Video festzuhalten, wie viele Leute der deutschen Metalband Rammstein zujubeln. Nach circa 30 Sekunden wird die Aufnahme gestoppt. Es folgen Selfies mit ihren Freunden. Danach blinkt wieder der rote Aufnahmeknopf. Zwischendrin vergisst sie die Aufnahme und filmt den Boden oder ihren Vordermann. Ihr Gegröle macht den Video-Ton bestimmt unbrauchbar. Und ich frage mich, schaut sie sich die Aufnahme danach je an?
Nach zwei Jahren Corona-Pause können wir endlich wieder auf Konzerten richtig abfeiern. Und anstatt die spektakuläre Pyro-Show zu genießen, auf die sie wahrscheinlich wie ich sehnsüchtig gewartet hat, starrt sie die ganze Zeit auf ihr Handy. Zugegeben, mein Handy bleibt auch nicht die ganze Zeit in der Tasche. Ich mache auch Fotos, halte kurz den Moment fest und Teile das Erlebnis mit Freunden. Aber die meiste Zeit genieße ich die Show. Denn Fotos und selbst Videos fangen die Stimmung nie so gut ein, wie sie tatsächlich in diesem Moment ist. Die plötzliche Hitze, die von den Feuersäulen ausgeht, die in den Himmel schießen und der anschließende verbrannte Pyro-Geruch, kann das Handy nicht einfangen. Genauso wenig, wie die euphorische Energie im Publikum.
Obwohl der Veranstalter vorher extra darum bittet, während der Show nicht zu filmen, strecken zahlreiche Fans ihre Smartphones in die Höhe. Neben den wilden Handy-Filmern, wie die Frau vor mir gibt es noch die "Professionellen". Sie tanzen nicht, sie singen nicht - Alles für ein Video, das fünf Klicks bei Youtube erzeugen wird. Die Filmerei muss ganz schön ermüdend für die Arme sein. Ist es das wert, alles zu verpassen?
Die Hobbyfilmer sind mir aber nicht nur bei Rammstein aufgefallen. Egal ob Mark Forster oder Judas Priest. Bei jedem Konzert verdeckten zahlreiche Handydisplays die Sicht. Das Bildschirmlicht und die wackelnden Handy-Arme lenkten mich ab. Filmt der Mann gerade den Bildschirm des Vordermanns ab? Warum filmt das Pärchen die ganze Zeit ihre Gesichter? - wundere ich mich, anstatt das Event zu genießen. Fokus! Auf der Bühne spielt die Musik.
Packt das Handy weg. Weniger Filmen, mehr Genießen. Das verschönert euch und allen anderen das Konzert-Erlebnis.
OTon
Wir sind junge Mitarbeiter der Oberpfalz-Medien. In unserer Kolumne „OTon“ schreiben wir einmal in der Woche über das, was uns im Alltag begegnet – was wir gut finden, aber auch, was uns ärgert. Dabei geht es weniger um fundierte Fakten, wie wir sie tagtäglich für unsere Leser aufbereiten, sondern um unsere ganz persönlichen Geschichten, Erlebnisse und Meinungen. Wir wollen zeigen, dass nicht nur in Hamburg, Berlin oder München Dinge passieren, die uns junge Menschen bewegen. Alle Teile dieser Kolumne sind zu finden unter onetz.de/oton.
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