22.12.2022 - 12:48 Uhr

Mein WM-Boykott hielt nicht lange

Glühwein und Gündogan – das große Spektakel fand dieses Jahr in der Vorweihnachtszeit statt. Im neuen OTon schreibt Julian Trager, warum sein WM-Boykott scheiterte, welche Spiele er geschaut und welche Spiele er weshalb verpasst hat.

Der Große Bruder des Weltfußballs: Fifa-Präsident Gianni Infantino während der WM-Eröffnungsfeier. Archivbild: Robert Michael
Der Große Bruder des Weltfußballs: Fifa-Präsident Gianni Infantino während der WM-Eröffnungsfeier.

Das große, schon lange in der Kritik stehende Spektakel startete in diesem Jahr zum ersten Mal im November und endete erst in der Adventszeit. Aber egal, was war da wieder los – Wahnsinn! Verrückte Spiele, langweilige Spiele. Stars und viele, die sich für Stars halten. Aufreger und Tränen. Ein legendärer Sportreporter, der bereits vor dem großen Finale ging. Ein Mann, der über alles wachte. Knallharte Regeln und Verträge. Jede Menge Aufmerksamkeit trotz niedriger TV-Quoten. Ein Busenwunder, das es ständig auf die Homepage der "Bild" schaffte. Und am Ende gewann tatsächlich Rainer Gottwald die zehnte Ausgabe von "Promi Big Brother". Der Box-Manager setzte sich gegen Nackt-Model Micaela Schäfer durch – eine silikonbrustdicke Überraschung war das.

Und sonst so? Klar, die Fußball-Weltmeisterschaft war auch. Die große Katarstrophe. Die Kritik daran war gigantisch. Und wie beim Reality-TV behaupteten viele Menschen, den "ganzen Schmarrn" nicht anschauen zu wollen – um es dann doch zu machen. Ich war einer davon.

Eigentlich wollte ich das Turnier boykottieren, es war ja auch ein Witz. Die Lage in Katar, der korrupte Weltverband. Die ersten WM-Tage haben mich in meinem Boykott bestärkt. Zuschauer, die zur Halbzeit flüchten. Der Fifa-Präsident Gianni Infantino, der wie der Große Bruder über alles wachte, was Gastgeber Katar nicht passte, zum Beispiel eine harmlose Kapitänsbinde. Eine Woche lang habe ich kein Spiel gesehen.

Aber dann kam das zweite Spiel der Deutschen, gegen Spanien – und ich wurde schwach. Offenbar so schwach, dass ich mir gleich eine Erkältung einfing. Daheim gelangweilt auf der Couch herumlungernd war ich dann wie Jamal Musiala: Keiner konnte mich halten. Ein Spiel am Nachmittag, eins am Abend, ich habe mir alles reingezogen.

Die Dribblings von Jamal Musiala, die marokkanische Überraschungsmannschaft, die Stadion-Partys der argentinischen Fans. Die Magie, die Emotionen, die diese Sportart auslöst. Der Profifußball ist mir doch nicht so egal, wie ich es mir vorher versucht habe einzureden. Aber so wichtig wie früher eben auch nicht mehr.

Wieder gesund habe ich mir ab dem Achtelfinale schon wieder weniger Spiele angeschaut. Weil ich kein Magenta-TV-Abo besitze. Weil ich was Besseres zu tun hatte: Hallentraining, Hallentraining, Weihnachtsfeier. Und das große Finale? Das habe ich natürlich auch verpasst. Ich war beim Skifahren.

 
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