Ein Pkw wird nach dem Grenzübertritt in Waldsassen angehalten, bei der Kontrolle entdecken die Beamten auf dem Rücksitz und im Kofferraum insgesamt 19 Hundewelpen, verteilt in mehrere Boxen. An sich keine Straftat - allerdings kann der Fahrer für die Tiere nicht die notwendigen Papiere vorlegen. Die Polizeiinspektion (PI) Waldsassen bittet das Veterinäramt in Tirschenreuth um Amtshilfe. Dr. Elisabeth Prölß macht sich zusammen mit einem Kollegen auf den Weg zur PI Waldsassen für die tierärztliche Begutachtung der jungen Hunde. "In den Boxen waren insgesamt zehn Labradorwelpen und neun Dackelwelpen. Ihr Gesundheits- und ihr Pflegezustand war zum Zeitpunkt der Kontrolle gut. Alle Welpen waren mindestens acht Wochen oder älter", erzählt die Veterinärmedizinerin.
Zwei wichtige Feststellungen. Erstens: das Alter, nämlich "mindestens acht Wochen." Denn gemäß den Vorgaben der Tierschutz-Hundeverordnung ist ein Welpe mit zwei Monaten nicht zu jung für die Trennung von seiner Mutter. Zweitens: sämtliche Welpen "in einem guten Pflege- und Gesundheitszustand." Alles im grünen Bereich, oder? Was spricht dann eigentlich dagegen, einen solchen Hund "aus dem Kofferraum" zu kaufen?
Bescheinigungen nötig
"Sehr viel", erklären Dr. Klemens Dötsch, der Leiter des Veterinäramts in Tirschenreuth, und seine Mitarbeiterin Dr. Elisabeth Prölß übereinstimmend. "Damit Hundewelpen über die Grenze dürfen, benötigen sie einen EU-Heimtierausweis sowie eine amtstierärztliche Bescheinigung (TRACES-Bescheinigung), die für den Handel nötig ist", erklärt Prölß. Andernfalls sei ein Grenzübertritt gar nicht erlaubt. "Darin wird beispielsweise bestätigt, dass die Welpen eine Tollwutimpfung erhalten haben. Diese ist aber erst im Alter von zwölf Wochen möglich." Wobei die Impfung selbst bereits drei Wochen zurückliegen müsse. Im Klartext: Der Hund muss "bei der Einfuhr" mindestens 15 Wochen alt sein, andernfalls ist der Transport illegal.
Doch abgesehen von der oft fehlenden Tollwutimpfung lauert noch eine ganz andere Gefahr. Dr. Klemens Dötsch sagt: "Der Käufer weiß nicht, mit welchen Krankheiten der Welpe bereits bei der Übergabe infiziert ist." Denn meistens brächen Krankheiten wie Staupe oder die gefürchtete Parvovirose erst aus, wenn der Welpe beim neuen Besitzer ist. Auch den Befall mit Parasiten, wie zum Beispiel Würmern, könne man mit einem Blick in den Kofferraum nicht erkennen.
Daher sein Rat: "Generell die Finger von solchen Käufen lassen." Denn oft sei es so, dass "die später auflaufenden Tierarztkosten den Preisvorteil beim Kauf des Hundes weit übersteigen".
Massive Verhaltensprobleme
Und noch etwas gelte es zu bedenken. Prölß spricht in diesem Zusammenhang von "Kinderstube". "Bei einem solchen anonymen Kauf weiß man nie, woher die Welpen kommen, was sie mit ihren bestenfalls zwölf Wochen schon erlebt haben. Ich kenne ihre Mutter nicht, ihre Wurfgeschwister, ich kenne den Züchter nicht, der dahintersteht." Der Leiter des Veterinäramts fügt hinzu: "Außerdem durchlaufen Welpen in den ersten Lebensmonaten verschiedene Entwicklungsphasen, in denen sie geprägt werden."
Bleiben die Welpen aber lediglich für ein paar Wochen bei der Mutter, entfalle diese intensive Lernzeit und es könne zu massiven Verhaltensproblemen - gerade auch später in den Familien - kommen. "Es ist einfach eine unseriöse Sache, wenn man einen Hund aus dem Kofferraum übernimmt", sagt Dötsch.
Dennoch boomt der Welpenhandel im Internet und auch der Verkauf aus dem Kofferraum. Viele Käufer begründen ihr Verhalten damit, dass sie "etwas Gutes tun", weil sie dadurch "den Kleinen" ein schönes Zuhause geben. Diesem Argument kann der Veterinäramtsleiter nichts abgewinnen: "Wenn man wirklich etwas Gutes tun will, sollte man ins Tierheim gehen und sich von dort ein Tier holen. Wer einen bestimmten Rassehund haben möchte, sollte direkt mit einem seriösen Züchter Kontakt aufnehmen. Zum Beispiel über den VDH, dem Verein Deutscher Hundezüchter."
Im Tierheim in Quarantäne
Werden illegale Transporte an Grenzübergängen entdeckt, landen die Welpen üblicherweise in Tierheimen in Quarantäne, wo sie geimpft und aufgepäppelt werden - und oft lange auf Familienanschluss warten müssen. Ein denkbar schlechter Start ins Leben.
"Die Entscheidung für einen Hund darf nicht spontan erfolgen", unterstreicht Dötsch. "Wer einen Welpen zu sich nehmen will, sollte sich Zeit nehmen und vorher einige Fragen beantworten, und zwar möglichst ehrlich." Fragen wie: "Bin ich überhaupt in der Lage, einen Hund zu halten?"
Aber vor allem: "Bin ich in der Lage, diesen Hund auch auf Dauer zu versorgen?" Denn eines sollte man nicht vergessen: Das neue Familienmitglied auf vier Pfoten kann um die 15 Jahre alt werden.
Checkliste für den seriösen Welpenkauf
- Muttertier: Interessierte sollten sich die Mutter der jungen Hunde zeigen lassen. Unseriöse Händler werden darauf nicht eingehen.
- Preis: Für einen Rassehund von anerkannten Züchtern zahlt man 600 Euro und mehr. „Alles was deutlich darunter liegt, ist nicht marktüblich und daher unseriös“, schreibt die Initiative „Wühltischwelpen.de“ auf ihrer Website. Die Adressen seriöser Züchter hat der Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) (www.hier-ist-mein-welpe.de).
- Verkaufsort: Indiz für Welpenhandel sind Verkäufe auf Parkplätzen und Märkten, aus dem Bus, Kofferraum, Pappkarton oder Drahtkäfig heraus. Die Initiative „Wühltischwelpen.de“ warnt auch vor Angeboten im Internet.
- Verkäufer: „Ein seriöser Züchter möchte wissen, in welche familiären und häuslichen Verhältnisse der Welpe kommt. Werden keine Fragen gestellt, geht es nur ums Geldverdienen“ schreibt die Initiative.
- Kaufvertrag: Enthält er Name, Adresse und eine Haftung des Verkäufers? Ist der Kaufpreis genannt?
- Welpen: Sehen sie gesund aus? Sind sie dünn oder apathisch, ist das Fell dreckig oder stumpf? Wird ihnen Futter und Wasser angeboten?
- Angebot: Wie viele Rassen werden angeboten? „Bei mehr als zwei Rassen und mehr als vier Würfen im Jahr ist Vorsicht geboten“, warnt die Initiative. „Hier handelt es sich oftmals nicht um einen Züchter, sondern um Welpenvermehrung, die größtes Tierleid zur Folge hat.“
- Ablauf: Ein seriöser Züchter wird mehrere Besuchsstunden an mehreren Tagen vorschlagen. „Hund und neuer Besitzer sollen sich aneinander gewöhnen und überprüfen, ob sie miteinander auskommen.“
Weitere Informationen auf www.wuehltischwelpen.de.
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