München. Nach einem "Brauerei-Gipfel" mit Vertretern von Brauereien und der bayerischen Brauwirtschaft hat Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) eine Öffnungsstrategie für die Gastronomie und den einfacheren Zugang der Bierbrauer zu Wirtschaftshilfen und Steuervorteilen gefordert. Viele kleinere Brauereien, deren Umsatz stark von Absatz in der Gastronomie und bei Volksfesten abhänge, befänden sich wegen des Lockdowns zunehmend in einer existenziellen Notlage. "Ich will nicht, dass wir mit 640 Brauereien in die Pandemie gegangen sind und mit Importbier aus China und den USA aus der Pandemie herausgehen", sagte Aiwanger im Anschluss bei einem Pressegespräch. Es gehe um eine "Säule des bayerischen Lebensgefühls".
Aiwanger lenkte den Blick vor allem auf kleine Brauereigasthöfe, die bislang durch fast alle Hilfsraster fielen. So sollte wegen des Lockdowns nicht verkauftes Bier wie die Winterkollektion in der Modebranche als verderbliche Saisonware eingestuft und dessen Entsorgung im Rahmen der Überbrückungshilfe III als Fixkosten erstattet werden. Nötig sei eine Gleichbehandlung der Brauereigaststätten mit Bäckereien und angeschlossenen Cafés. Um der Brauereibranche langfristig aus der Krise zu helfen, brauche es zudem eine Ausweitung des steuerlichen Verlustvortrags auf mindestens zwei Jahre sowie auch bei Getränken die Absenkung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie auf sieben Prozent.
Als weiteren Punkt nannte Aiwanger eine Öffnungsperspektive für die Außengastronomie bis spätestens Ostern. Dies sei wegen wirtschaftlicher Zwänge und der "Gefühlslage der Bevölkerung" erforderlich. "Ich strebe das an und halte es auch für verantwortbar", betonte Aiwanger. Voraussetzung sei die Anwendung der bereits im vergangenen Jahr erfolgreich eingesetzten Abstandsregeln und Hygienekonzepte sowie eine FFP2-Maskenpflicht bis zum Erreichen des Sitzplatzes. Auch könne er sich die verpflichtende Vorlage eines tagesaktuellen negativen Selbstschnelltests vorstellen. Vertreter der Brauereien und der Brauereiwirtschaft erklärten sich zur Einhaltung auch strengerer Maßnahmen bereit, selbst wenn das für sie einen Mehraufwand bedeuten würde. "Wir wollen keine Öffnungen, die nicht pandemietauglich sind", stellte Stefan Stang, Hauptgeschäftsführer des Verbandes privater Brauereien in Bayern, klar.
Der Initiator des "Brauerei-Gipfels", der Brauereigasthof-Besitzer Michael Schmitt aus Pretzfeld (Kreis Forchheim), erklärte, das Wichtigste für ihn und seine Kollegen sei eine Perspektive für die Wiederöffnung. "Wir haben die Konzepte dafür und passen sie auch gerne noch weiter an", sagte er. Für viele kleine Brauereien sei es "fünf vor zwölf". Problem sei vor allem, dass der Absatz von Fassbier wegen des Lockdowns völlig eingebrochen sei. Dieser biete im Regelfall eine höhere Gewinnspanne als der Verkauf von Flaschenbier. Nach Auskunft Stangs, greift in der Branche Perspektivlosigkeit um sich. Nach wie vor profitierten die Brauereien nicht von der November- und Dezember-Hilfe des Bundes, es fehle die Aussicht auf eine Öffnung in der Gastronomie.
Der Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Brauerbundes, Lothar Ebbertz, dankte Aiwanger für die Einberufung der Gesprächsrunde. Die Brauer hätten sich damit "erstmals von der Politik angehört gefühlt". Es sei deutlich geworden, dass bei vielen Brauern "die nackte Existenzangst herrscht". Ebbertz appellierte an Aiwanger, auch über bayerische Finanzhilfen für die Brauereien nachzudenken, sollte sich beim Bund in diese Richtung nichts bewegen. Aiwanger reagierte darauf zurückhaltend. "Es geht jetzt erst darum, die Hilfsbereitschaft des Bundes einzufordern", sagte er. Würde man "mit bayerischen Millionen winken", würde das den Druck vom eigentlich zuständigen Bund nehmen.
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