Denn nur mit Sand und ihren Händen gestaltet die russische Künstlerin Irina Titova einen spannenden und unvergesslichen Abend.
Unglaublich frisch und lebendig, völlig unerwartet und auch poetisch, elegant und charmant begleitet sie den englischen Gentleman Phileas Fogg und seinen gerade erst eingestellten französischen Diener Jean Passepartout, aus dessen Perspektive die vielen Abenteuer rund um den Globus erzählt werden. In 80 Bildern? Das darf angezweifelt werden! Geschätzt sind es wohl viel, viel mehr Sand-Kreationen, die ineinander fließen und immer Neues erschaffen. Auf der großen Leinwand erscheinen wie von Zauberhand Menschen, Landschaften, Tiere, Pflanzen, Wahrzeichen, Fortbewegungsmittel- kurz gesagt: Ein ganzer Kosmos in fantasievoller Darstellung.
Im modischen Glitzerabendkleid tritt die hochgewachsene, hübsche Künstlerin ins Rampenlicht. Vorbei an zwei alten Reisekoffern, die vor der Schauwand liegen, nimmt sie auf einem alten Sessel Platz, greift zum Foliant und beginnt zu lesen. Die voluminöse Bassstimme von Synchronsprecher Joachim Kerzel tönt aus dem Off. Ein geschickt verwobener Soundtrack illustriert die einzelnen Reisestationen musikalisch.
Jetzt geht die Künstlerin ans Pult. Ihr Maluntergrund ist nicht die Leinwand, sondern eine von unten beleuchtete Glasplatte. Sie greift auch nicht zum Pinsel, sondern in den Sand. Was jetzt passiert, ist nicht nur auf der Leinwand zu bestaunen, als Bild und Illustration der Geschichte. Die Künstlerin selbst muss bewundert werden. Wie sie mit dem Medium Sand umgeht, wie sie damit spielt, ihn durch die Finger rieseln lässt, in Spiralen über die Platte stäubt, dann wieder mit der Handkante verschiebt, die rechte Hand bevorzugt zeichnen lässt, aber auch die linke einsetzt, das ist schon eine Augenweide. Dann wieder setzt sie Synchron-Silhouetten in die Mitte, zieht mit der Faust feine Linien, tupft mit dem kleinen Finger hierhin und markiert mit dem Daumen dort.
Die Finger tanzen mit den Sandkörnern, wirbeln sie von einer Ecke in die andere, schieben breite, helle Flächen und fokussieren auf das Wesentliche. Ihr Blick wandert von der Glasplatte zur Leinwand, dann ins Publikum, wenn ein Kapitel abgeschlossen ist. Die Besucher gehen begeistert mit, steigen in den Heißluftballon, die Eisenbahn, den Luxusdampfer, den Zeppelin oder auf den Kamelrücken, bestaunen Eifelturm und Big Ben, Golden Gate Bridge und Freiheitsstatue. Grandios inszeniert ist der Pistolenschuss - alles romantisch erzählt bis zum Happy End.
Das alles passiert mit großer Eleganz und Geschwindigkeit, penibel, perfekt, präzise. Alles fließt. Aus den geschaffenen Bildern entstehen mit unglaublicher Leichtigkeit in Sekundenschnelle neue Szenen, die den großen Applaus absolut verdienen.
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