Amberg
20.11.2019 - 16:10 Uhr

Wie viel Energiewende brauchen wir?

Die Energiewende beschäftigt viele Menschen aus unterschiedlichen Gründen: Umweltschützern geht der Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energien viel zu langsam. Unternehmer fürchten um die Energiesicherheit. Und Verbraucher ärgern sich über hohe Strompreise, wie unser Leser Dr. Peter Steinbock.

Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromgewinnung steigt, bei Heizung und Verkehr stagniert er noch. Bild: Bundesumweltamt
Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromgewinnung steigt, bei Heizung und Verkehr stagniert er noch.
Amberg20.11.2019

"Anstatt immer nur unbewiesene Positionen abzudrucken, bringt ein Dialog zwischen den gegensätzlichen Positionen mehr Erkenntnis", findet Leseranwalt Jürgen Kandziora. Die Redaktion lud deshalb OTH-Professor und Umweltingenieur Frank Späte und den Unternehmer Siegfried Schröpf von Grammer Solar zum moderierten Strom-Streitgespräch mit unserem Leser Dr. Peter Steinbock, Kritiker der Energiewende.

Gegensätzlicher geht's kaum: Auf der einen Seite der Kernkraftbefürworter aus der ehemaligen DDR, der eine zentrale Planung für unerlässlich hält. Auf der anderen Seite ein überzeugter Anhänger der Energiewende aus der Hochschule, für den der Umstieg auf Erneuerbare nur Vorteile bietet. Und ein Praktiker, der die Region seit drei Jahrzehnten mit PV-Anlagen versorgt. Kann es zwischen diesen Polen eine Verständigung geben?

Professor Späte steigt mal mit der Sinnfrage ein: "Sind wir uns über den vom Menschen verursachten Klimawandel einig?" Alle Forschungsergebnisse von 97 Prozent der Klimaforscher belegten ihn. Steinbock überzeugt das nicht: "Klimawandel gab es immer", sagt der Thüringer, "die Auswahl dieser Wissenschaftler ist verzerrt." Gleich bei der ersten Frage eine Sackgasse? Versuch einer Moderation: "Auch wenn wir uns hier nicht einigen können, so dürfte doch unstrittig sein, dass der Mensch nur auf den von ihm verursachten Anteil Einfluss hat - ist es nicht auch dann sinnvoll, den zu minimieren?" Zähneknirschende Zustimmung.

Solarunternehmer Siegfried Schröpf und Leseranwalt Jürgen Kandziora. Bild: jrh
Solarunternehmer Siegfried Schröpf und Leseranwalt Jürgen Kandziora.

Rezept gegen Dunkelflaute

Sind die Ziele der Bundesregierung (siehe Infokasten) realistisch? "Mir geht's nicht um eine philosophische Diskussion", lässt Steinbock die Entscheidung für die Reduzierung konventioneller Energieträger gelten. Er zeigt eine selbst gefertigte Skizze: "Solange der Ertrag aus Wind und Sonne an bestimmten Tagen auf Null geht, brauchen wir parallel ein System konventioneller Versorgung."

Unternehmer Schröpf hält eine Grafik der Bundesregierung dagegen: "Es ist richtig, dass es die sogenannte Dunkelflaute gibt, aber dennoch ist der Anteil der Erneuerbaren stetig gewachsen." In Wellenlinien zwar, die den zyklischen Charakter von Sonne und Wind abbilden, aber gleichwohl beträchtlich. "Und dieser steigende Anteil trägt erheblich dazu bei, die Spitzenlast am Tag abzufedern und billiger zu machen." Schön und gut, aber was macht man bei windstiller Nacht?

"Da gibt's mehrere Möglichkeiten", erläutert Späte, "Sonne und Wind machen die Spitzenlast billiger und für die Grundlast haben wir Biomasse, Wasserkraft und Geothermie, sehr konstante Energieträger." Kinkerlitzchen seien das, findet Steinbock. Keineswegs, konkretisiert Schröpf: "Biomasse und Wasser haben zusammen einen Anteil von 11,5 Prozent am Energiemix."

Leser Dr. Peter Steinbock und OTH-Professor Frank Späte. Bild: jrh
Leser Dr. Peter Steinbock und OTH-Professor Frank Späte.

Solarspeicher-Schwärme

Apropos Energiemix: "Solarspeicher-Schwärme sind bereits heute als Regelkraftwerke zertifiziert. Da werden 20 000 Akkus zusammengespannt." Man brauche zwar auf Sicht noch Ersatzkraftwerke, aber man sei auch erst am Anfang. "Fakt ist, seit März 2019 haben regenerative Energien bereits mehr Strom erzeugt als fossile." Der Energieertrag durch Biomasse lasse sich verdoppeln, sagt Späte, und zwar ohne umstrittene Verwertung von Lebensmitteln. "Geothermie ist noch nicht mal erschlossen", sieht er großes Potenzial in der Erdwärme.

 
Kommentare

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A. Schmigoner

Man kann über den Sinn oder dem Unsinn eines solchen Gesprächs wohl ebenso lang diskutieren, wie die Herren Steinbock, Späte und Schröpf über das Thema an sich diskutiert haben. Herr Steinbock der sich selbst als „Energiewirtschaftler“ bezeichnet, „der einen Teil seines Lebens mit dem technisch-ökonomischen Zusammenwirken von Kernkraftwerken und konventionellen Kraftwerken beruflich befasst war“, konnte keinen aktuellen Gesprächsbeitrag liefern, außer die vorliegenden Fakten zu leugnen. Steinbock beruft sich dabei gerne auf AfD-nahe Autoren und Positionen. Forschungen haben schon vor Jahren einen signifikanten Unterschied bei der Bewertung von Umwelt- und Naturschutzfragen zwischen Ost und West ergeben. Eine Sozialisation in der DDR, wo Umwelt- und Naturschutz einen geringeren staatspolitischen Stellenwert hatten, prägte demnach auch ihre Bürger entsprechend. Tätigkeiten im AKW Greifswald und in Kohleheizkraftwerken, wie im vorliegenden Fall, dürften weiter prägend für veraltete Technologien gewesen sein. Hinzu kommt oftmals eine Isolation gegenüber Informationen, die nicht dem Standpunkt des Benutzers entsprechen (Filterblase). In seinem Leserbrief springt Manfred Schiller dem Klimaleugner Dr. Steinbock bei, schließlich sei ein kernkraftbefürwortender Rentner, der auf Erfahrung und ein langes Berufsleben zurückblicken kann und sicher kein persönliches monetäres Interesse an dem Thema hat, glaubhafter als 97 % der weltweiten Klimaforscher. Ohne die Lebensleistung von Herrn Dr. Steinbock herabwürdigen zu wollen, muss doch festgehalten werden, dass H. Steinbock (nach eigenen Angaben) zuletzt 1977 in einem Kernkraftwerk gearbeitet hat. Anschließend habe er in einem Gummiwerk, und bis zur Wende in der Geschäftsführung eines Möbelwerks gearbeitet. Anschließend habe er umgeschult und bei einem Steuerhilfeverein gearbeitet. Man tritt H. Steinbock also nicht zu nahe, wenn man seine Qualifikation in Klima- uns Stromversorgungsfragen zumindest anzweifelt. Einen echten Klimawandelleugner stört das aber kaum (siehe vorstehende Kommentare).

15.12.2019
Manfred Schiller

Anmerkungen zum Onetz Artikel vom 20.11.2019: "Wieviel Energiewende brauchen wir?"

Zitat aus dem Artikel zu den teilnehmenden Personen: "Gegensätzlicher geht's kaum"

Es geht wirklich kaum gegensätzlicher.

Auf der einen Seite diskutiert ein kernkraftbefürwortender Rentner, der auf Erfahrung und ein langes Berufsleben
zurückblicken kann und sicher kein persönliches monetäres Interesse an dem Thema hat.

Auf der anderen Seite die "echten Experten", ein Professor der OTH, dessen Lehrstuhl am Thema Energiewende
zu hängen scheint und ein Unternehmer, der seinen Lebensunterhalt mit Produkten verdient,
die ohne staatliche Begünstigung niemals marktfähig wären. Also absolut neutrale Teilnehmer (Ironie off).

Zum angesprochenen 97% Thema:

Dazu braucht man nichts mehr schreiben, da diese "Ente" schon so oft widerlegt wurde,
dass es doch langsam peinlich sein müsste immer wieder darauf rumzureiten.
Schon 1994 zog man den Konsens in Zweifel:

https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/klimawandel-97-prozent-konsens-bei-klimaforschern-in-der-kritik-a-992213.html

Es regen sich auch Gegenstimmen:

https://www.epochtimes.de/umwelt/ueber-31-000-wissenschaftler-unterzeichnen-petition-hypothese-der-vom-menschen-verursachten-globalen-erwaermung-ist-falsch-a2323579.html
https://kaltesonne.de/90-italienische-wissenschaftler-unterzeichnen-petition-gegen-klimaalarm/

Man sollte es mit Einstein halten, der einmal sagte:
"Warum einhundert? Wenn sie Recht hätten, würde ein Einziger genügen!"

Es gibt keinen Beweis dafür, dass menschengemachtes CO2 signifikant für eine Klimaerwärmung verantwortlich ist.
Es gibt aber genügend Beweise, dass es Phasen in der Erdgeschichte gab, an denen es deutlich wärmer als heute war
ohne dass menschengemachtes CO2 dafür verantwortklich gemacht werden kann (Bäume tauchen im Schmelzbereich
des Großglocknergletschers auf über 2100m Meereshöhe auf. Die heutige Baumgrenze liegt dort bei ca. 1800m Meereshöhe.

Thema Dunkelflaute. Zitat Herr Schröpf:
"Es ist richtig, dass es die sogenannte Dunkelflaute gibt, aber dennoch ist der Anteil der Erneuerbaren stetig gewachsen."

Das ist total sinnbefreit, da in einer Dunkelflaute eben kein Strom aus erneuerbaren Energien zu erwarten ist auch wenn
noch soviel zugebaut wird.

Eine entscheidende Frage stellt der Redakteur:

"Schön und gut, aber was macht man bei windstiller Nacht?"

Die Antwort ist erschreckend banal. Sonne und Wind machen eben die Spitzenlast nicht billiger sondern überschwemmen
mittags wenn die Sonne scheint den Strommarkt, so dass die Preise zwar ins Bodenlose fallen und oft sogar mit Zuzahlung
ins Ausland verklappt werden müssen. Die Differenz zum festen Garantiepreis für den Unternehmer zahlt der Verbraucher
über die EEG Umlage. Je mehr Anlagen der Unternehmer baut, desto mehr fällt mittags der Preis und umso mehr erhält
der Unternehmer aus der EEG Umlage vom Verbraucher. Ein gutes, risikoarmes Geschäft für den Unternehmer aber fatal für
unsere Versorgungssicherheit und die Höhe der Strompreise.

Sicherlich kann man Biomasse und Wasserkraft als grundlastfähig bezeichnen. Auch tragen sie etwa 10% zum STROMMIX bei.
Aber wenn man schon, wie im Artikel gebraucht, das Wort ENERGIEMIX verwendet, sollte man auch den Anteil nennen, den
diese Energieträger am Primärenergieverbrauch (inkl. Industrie, Verkehr, Heizung) haben. Dieser liegt dann um den
Faktor 6 niedriger also bei etwas unter 2%.

Zitat:
"Solarspeicher-Schwärme sind bereits heute als Regelkraftwerke zertifiziert. Da werden 20 000 Akkus zusammengespannt. Man
brauche zwar auf Sicht noch Ersatzkraftwerke, aber man sei auch erst am Anfang."

Aha 20 000 Akkus werden zusammengespannt. Welche Strommenge können diese denn speichern ?
Diese ist lächerlich im Vergleich zu den Mengen, die an Tagen wie heute aus solchen Speichern entnommen werden müssten.

Dass sich die Strommenge über Biomasse verdoppeln ließe halte ich für unmöglich, da die dafür notwendige Vermaisung
der Landschaft sicher nicht erstrebenswert wäre. Eine Verdoppelung der Energie aus Biomasse würde unseren Primärenergie-
bedarf mit zusätzlichen 1 Prozent abdecken. Geothermie ist sicher eine feine Sache aber nicht dazu geeignet signifikant viel
zum Energiemix beizutragen.

Dazu aktuelle Zahlen vom 20.11.2019, Quelle Agorameter:

3 Uhr Nacht:
Leistung Solar 0 MW
Leistung Wind an Land: 863 MW
Leistung Wind auf See: 8 MW
Leistung Wasserkraft: 1.790 MW
Leistung Biomasse 5.563 MW
Wind und Sonne insgesamt: 871 MW
Gesamt erneuerbar: 8224 MW

BEDARF zu dieser Zeit: 58.495 MW

12 Uhr Mittag:
Leistung Solar 4.856 MW
Leistung Wind an Land: 724 MW
Leistung Wind auf See: 429 MW
Leistung Wasserkraft: 2009 MW
Leistung Biomasse: 5584 MW
Wind und Sonne insgesamt: 5309 MW
Gesamt erneuerbar: 13602MW

BEDARF zu dieser Zeit: 77264 MW

22.11.2019
Paul Paulsen

Die Atomenergie ist derzeit ohne Alternativen. Ein richtiger Weg kann die Brennstoffzelle - nicht nur mobil, sondern auch stationär sein.

Um ein AKW zu ersetzen, braucht es ca. 6.500 Windräder ... Da soll der Herr Umweltingenieur sich doch mal hinsetzten und errechnen, wie viel Fläche bei dem nötigen Abstand zwischen den einzelnen Windrädern benötigt wird, um ein AKW zu ersetzen.
Nimmt man dann noch mehrere hundert benötigte Speicherkraftwerke dazu, ist kein Platz mehr für die Menschen da. Wir leben nicht in Amerika, China oder Russland, wo ein Ende des Platzes noch nicht absehbar ist.

Ich will hier die riesigen Mengen an Batterien nicht vergessen. Die Befürworter dieses Wahnsinns sollten mal einen Monat in Afrika die benötigten Elemente abbauen, statt im bequemen Bürostuhl zu hocken und solch einen Wahnsinn auszubrüten. Davor werden aber gerne die Augen verschlossen, bzw. der Bürger nicht in Kenntnis gesetzt. Das setzt das schöne Bild der sauberen Energie ja in ein ganz schlechtes Licht.

Man muss draußen in der Natur (dass ist da, wo es NOCH ganz grün aussieht) der Oberpfalz schon schauen, um noch einen Panoramablick ohne Windräder oder PV-Anlangen zu haben. Und dass ist der Anfang.
PV-Parks ... angeblich auf landwirtschaftlich weniger ertragreichen Flächen hieß es doch?! Ich habe Bildmaterial, auf denen prächtig gedeihende Felder zu sehen sind und mit einmal, wie abgeschnitten, ist der Boden nahezu unfruchtbar. Da gibt es dann den einen und anderen Hektar, der landwirtschaftlich nicht nutzbar ist.
Die Nachwelt wird ganz besondere Gedanken an Menschen haben die dafür verantwortlich sind, wenn sie die zugepflasterten Flächen in blühender Landschaft sieht.

Und mit dem dummen deutschen Michl kann man es ja machen. Zuerst zahlt der die EEG-Umlage und dann noch die Rechnung für das temporäre Einspeisen nicht benötigten teuren deutschen Stroms in ausländische Netze. Apropos teurer Strom. In Frankreich kostet der Strom ca. die Hälfte, in Amerika ca. ein Drittel. Hauptsache Menschen, die die Landschaft verschandeln, verdienen sich eine goldene Nase und unsere Politiker Tapezieren ihr Abräumen am gedeckten Tisch.

22.11.2019
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