Der SPD-Europapolitiker und Landtagsvizepräsident Markus Rinderspacher hat einen Neustart der bayerisch-tschechischen Beziehungen nach der Corona-Krise gefordert. Nach dem "Stresstest" der vergangenen Monate brauche es dafür einen "donnernden Wumms". Als Auftakt sprach er sich dafür aus, dass spätestens im Juni die erste Dienstreise der neuen Europaministerin Melanie Huml (CSU) nach Prag führen müsse. Dies wäre auch eine gutes Signal für die Normalisierung der Beziehungen nach den Wirrnissen um Grenzschließungen und die Behandlung von Corona-Erkrankten, erklärte Rinderspacher.
Konkret brachte der SPD-Politiker seinen Vorstoß aus dem April 2020 wieder ins Gespräch, einen bayerisch-tschechischen Koordinierungsrat einzuberufen. Nach der damaligen Ablehnung dieser Idee durch die CSU im Landtag freue er sich, dass nun die beiden CSU-Parlamentarier Gerhard Hopp und Christian Doleschal einen ähnlichen Vorschlag unterbreitet hätten. Wäre der Rat schon im vergangenen Jahr eingerichtet worden, hätten sich viele Missverständnisse und Unklarheiten in den grenzüberschreitenden Beziehungen verhindern lassen, war sich Rinderspacher sicher. Der Koordinierungsrat soll nach seinen Vorstellungen vor allem aus Kommunalpolitikern und Vertretern der Grenzregionen bestehen, aber auch die Regierungen in München und Prag einbinden.
Nachdem die Inzidenzwerte auf beiden Seiten der Grenze in fast allen Regionen wieder unter 100 lägen, sei es an der Zeit, das "harte Grenzregime" zu beenden und so schnell wie möglich den Schengen-Raum mit offenen Grenzen und genereller Freizügigkeit wiederherzustellen, forderte Rinderspacher. Allein den kleinen Grenzverkehr wieder zu ermöglichen, reiche nicht aus.
Zur Vertiefung der Beziehungen regte er die Gründung eines bayerisch-tschechischen Bürgerfonds an, der Städtepartnerschaften, aber auch Treffen ziviler Initiativen und Vereine fördern soll. Möglichst viele Begegnungen seien entscheidend für die Völkerverständigung. In diesem Sinne brauche es auch einen neuen Schub für Schulpartnerschaften, Jugend- und Studentenaustausch sowie den Tschechisch-Unterricht an bayerischen Schulen. Nicht zuletzt müsse endlich der Ausbau der grenzüberschreitenden Bahnverbindungen vorankommen. Als zwingend bezeichnete Rinderspacher eine bayerische Beteiligung an den Entscheidungsprozessen zum Bau eines Atommüll-Endlagers in Tschechien. Dies wäre wegen der Grenznähe der potenziellen Standorte ein "Ausdruck gelebter europäischer Nachbarschaft".
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