09.03.2022 - 15:46 Uhr

Bayerischer Innenauschuss zu Ukraine-Flüchtlingen: "Wer einen Platz braucht, bekommt auch einen"

Die Zahl der in Bayern aus der Ukraine geflüchteten Menschen steigt, viele reisen über Tschechien ein. Die Staatsregierung will nun für eine gerechte Verteilung übers Land sorgen.

Flüchtling Nika (3) aus der Ukraine nach ihrer Ankunft in Deutschland Bild: Julian Stratenschulte/dpa
Flüchtling Nika (3) aus der Ukraine nach ihrer Ankunft in Deutschland

Die aus der Ukraine in Bayern ankommenden Kriegsflüchtlinge sollen gerecht je nach Einwohnerzahl auf die bayerischen Städte und Landkreise verteilt werden. Das kündigte der im Innenministerium zuständige Beamte Daniel Waidelich im Innenausschuss des Landtags an. Bislang seien gut 20 000 Geflüchtete legal nach Bayern eingereist, ein beträchtlicher Teil davon mit privaten Autos über die Grenze zu Tschechien. Offen sei, wieviele davon im Freistaat bleiben würden. Erste Erfahrungen deuteten darauf hin, dass viele der individuell Eingereisten Bayern nur als Transitland in Richtung Spanien oder Italien nutzten, wo es schon vor dem Krieg größere ukrainische Communities gegeben habe.

In bayerischen Flüchtlingsunterkünften seien bis Dienstag mehr als 3500 Ukrainer untergebracht worden, täglich kämen etwa 500 dazu, berichtete Waidelich. Es handle sich hauptsächlich um Frauen und Kinder. Der aktuell noch größere Teil der Geflüchteten komme aber bei Verwandten oder Bekannten unter. In Bayern lebten derzeit gut 26 000 ukrainische Staatsbürger, rund die Hälfte davon in München und Nürnberg. Weitere 8000 Ukrainer seien eingebürgert. Trotz dieser vielen privaten Anlaufstellen für Geflüchtete werde die Zahl der Personen mit Unterbringungsbedarf aber steigen, sagte Waidelich voraus. Um rasch handeln zu können, werde je nach weiterer Entwicklung erwogen, für Bayern den Katastrophenfall auszurufen.

Asylunterkünfte aktuell schon zu 85 Prozent ausgelastet

Um eine ausgewogene Verteilung zu ermöglichen, soll die Registrierung möglichst rasch erfolgen. Dazu sollen in den Ankerzentren für Geflüchtete die Kapazitäten zur Personalerfassung rund um die Uhr zur Verfügung stehen, kündigte Waidelich an. Zudem sei man auf die Bundespolizei und Landratsämter zugegangen, Registrierungen durchzuführen. "Unser Ziel ist Ordnung und Humanität", sagte Waidelich. Für die Unterbringung von Bedürftigen sollen bayernweit in einem ersten Schritt 50 000 Plätze geschaffen werden, für weitere 50 000 wolle man Vorbereitungen treffen. "Wer einen Platz braucht, bekommt auch einen", versprach Waidelich.

Wie der Ministerialbeamte weiter mitteilte, trifft die Flüchtlingswelle aus der Ukraine auf ein "ohnehin hoch belastetes System". Die Unterkünfte für Geflüchtete und Asylbewerber in Bayern seien aktuell zu rund 85 Prozent ausgelastet. Verschärft werde die Lage durch die Aufnahme afghanischer Ortskräfte, denen wegen ihrer Hilfsdienste für die Bundeswehr in ihrem Heimatland Verfolgung drohe. Für die vorübergehende Unterbringung akquiriere man deshalb freie Plätze in Jugendherbergen und Hotels. Erfreulich sei, dass viele Privatpersonen Unterkünfte zur Verfügung stellten. Zur Koordinierung aller Hilfsangebote sei die vom Freistaat unterstützte Internetseite "ukraine-hilfe-bayern.de" eingerichtet worden.

"Fehler von 2015 nicht wiederholen"

Die Abgeordneten im Ausschuss lobten parteiübergreifend das schnelle und umfassende staatliche Handeln und würdigten die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung. Norbert Dünkel (CSU) forderte eine zentrale Koordinierung der Hilfslogistik, um Doppelstrukturen zu vermeiden, sowie eine "geordnete und faire Verteilung" der Geflüchteten in Deutschland und in Europa. Richard Graupner (AfD) mahnte, bei aller notwendiger Hilfsbereitschaft Sicherheitsaspekte nicht außer Acht zu lassen. So gebe es in Sicherheitskreisen Bedenken, dass sich die osteuropäische Organisierte Kriminalität an die Flüchtlingsströme "andocken" könnte. Die rasche Registrierung der Einreisenden sei daher von großer Bedeutung.

Der SPD-Abgeordnete Horst Arnold verlangte die stärkere administrative und finanzielle Unterstützung der für die Aufnahme der Geflüchteten zuständigen Kommunen. Zudem wies er darauf hin, dass die Unterkünfte auf die besonderen Bedürfnisse von Müttern mit Kindern ausgelegt sein müssten. Die Situation sei eine andere als bei der Flüchtlingswelle 2015/16, als überwiegend junge Männer angekommen seien. Nach dem Besuch einer Aufnahmeeinrichtung der Diakonie in München sprach sich Gülseren Demirel (Grüne) dafür aus, ehrenamtliche Helfer bei ihrer belastenden Arbeit mit zum Teil traumatisierten Geflüchteten nicht allein zu lassen. Diese bräuchten professionelle Unterstützung. Die Freien Wählern forderten ebenso wie die Grünen die Einrichtung einer zentralen Koordinierungsstelle. Die bei der Flüchtlingsaufnahme 2015 gemachten Fehler dürften sich nicht wiederholen, betonte der FW-Abgeordnete Fabian Mehring.

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