Rettungsdienst-Projekt im Grenzbereich droht ohne Kostenträger das Aus

Furth im Wald im Landkreis Cham
03.08.2022 - 17:53 Uhr
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Dem Projekt "Grenzüberschreitender Rettungsdienst" droht mangels fehlender Finanzierung das Aus. Die Koordination bei Notfällen im deutsch-tschechischen Grenzgebiet könnte damit in der Oberpfalz in Zukunft deutlich komplizierter werden.

Deutsche und tschechische Rettungsdienste, die sich an der Staatsgrenze treffen und einen verletzten Patienten unter freiem Himmel aus dem tschechischen Rettungswagen in den Deutschen hieven müssen. Dem Bayerischen Roten Kreuz sind aus der Vergangenheit einige dieser Fälle bekannt. Doch durch das Projekt "Grenzüberschreitender Rettungsdienst" konnten solche Probleme seit 2019 verhindert werden. Mit Ende des Jahres 2022 endet allerdings die Förderung des Projekts seitens der Europäischen Union. Ob die Krankenkassen das länderübergreifende Konzept als verantwortlicher Kostenträger finanziert, ist bis jetzt unklar. Sollte man wirklich keine Zusage der Krankenkassen bekommen, wäre schnelle und unbürokratische Hilfe bei Einsätzen im Grenzgebiet deutlich komplizierter, sagt der Projektleiter des extra geründeten Kompetenzzentrums "Grenzüberschreitender Rettungsdienst" Manfred Maurer gegenüber Oberpfalz-Medien.

Koordination von Einsätzen schwierig

"Einsätze zu koordinieren würde extrem schwierig werden", erklärt Maurer, mit Blick auf das drohende Aus des Projekts. Der Tirschenreuther leitet das Kompetenz- und Koordinationszentrum "Grenzüberschreitenden Rettungsdiensts" in Furth im Wald im Landkreis Cham an der tschechischen Grenze seit 2016. Zu dessen Aufgaben gehört unter anderem die Übung und Planung von Einsätzen und der Informationsaustausch über verfügbare Rettungsfahrzeuge auf beiden Seiten der Grenze. Auch um Sprachbarrieren in der Notfallkommunikation kümmert sich das Kompetenzzentrum.

Gute Zusammenarbeit

Wie gut die deutschen und tschechischen Rettungsdienste im Ernstfall zusammenarbeiten, zeigte der Fall einer vermissten Achtjährigen im Oktober 2021. Das Mädchen war beim Wandern mit ihrer Familie im Böhmerwald an der deutsch-tschechischen Grenze verschwunden. In enger Abstimmung beteiligten sich rund 1400 Rettungskräfte aus Bayern und der Tschechischen Republik an der Suchaktion. Auch der "Grenzüberschreitende Rettungsdienst" unter der Leitung von Manfred Maurer war zu großen Teilen in die Suche involviert. Ein in die Aktion eingebundener Förster fand die achtjährige Julia nach mehr als zwei Tagen. Das Bayerische Rote Kreuz sprach später von der größten, grenzüberschreitenden Suchaktion, die in der Region je stattgefunden habe.

Teilweise noch Hindernisse

Trotz der stetigen Verbesserungen über die Jahre, gibt es für Manfred Maurer und das Kompetenz- und Koordinationszentrum "Grenzüberschreitender Rettungsdienst" noch einiges zu tun. Maurer erklärt, dass es nur im Bereich zwischen der Oberpfalz und Pilsen wirklich "Hilfe ohne Grenzen" gäbe. In den anderen Grenzbereichen bestehen teilweise noch Hindernisse, die die Umsetzung verschiedener Einsätze erschweren, sagt Maurer. "Die Rahmenbedingungen müssen angepasst werden", fordert der Projektleiter weiter. Bestehende Verträge würden nicht ausreichen und müssten endlich angepasst werden. Sollte die Finanzierung eingestellt werden, wäre das auch das Ende des Kompetenzzentrums in Furth im Wald im Landkreis Cham. "Wir würden dann einfach auf dem heutigen Stand stehen bleiben und riskieren sogar einige Schritte zurück", sagt Maurer.

Kein Informationsaustausch mehr

Sollte das Projekt eingestellt werden, könnte, laut Maurer, nicht garantiert werden, ob es überhaupt noch länderübergreifende Rettungsdienste gibt. Beide Seiten dulden den "Grenzüberschreitenden Rettungsdienst" zwar, doch eigentlich seien manche Einsätze nach dem Rettungsdienstgesetz verboten. "Ein Gentlemans Agreement", erklärt Maurer, welches ab kommenden Jahr in Gefahr wäre. Ein Rückfall auf das Niveau der Rahmenverträge, die geschlossen wurden, bevor das Kompetenzzentrum gegründet wurde, wäre fatal für den ganzen Grenzbereich. "Wir hätten keinerlei Informationsaustausch mehr und dürften nur noch auf Anfrage der tschechischen Kollegen helfen." Sollte also ein Unfall im Grenzbereich passieren, müsste der Krankenwagen in das nächstgelegene inländische Krankenhaus fahren. Auch wenn ein Krankenhaus auf der anderen Seite der Grenze näher liegen würde und sogar besser geeignet wäre.

Auch BRK-Präsidentin Angelika Schorer erinnert bei einem Besuch des Koordinations- und Kompetenzzentrums an die Wichtigkeit des Projekts. "Im Jahr 2022 darf Lebensrettung an Staatsgrenzen nicht Halt machen", bekräftigt Schorer den "Grenzüberschreitenden Rettungsdienst." Weiter spricht sie von einem "Erfolgsprojekt", welches "dringend fortgesetzt werden muss." Der Rettungsdienst sei ein Teil der Daseinsvorsorge für die Bürgerinnen und Bürger in den Grenzgebieten.

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