Die Landtagsdebatte zur Regierungserklärung des zuständigen Ministers über die Wirtschaftspolitik lief schon eine ganze Weile, da stellte Florian von Brunn (SPD) die entscheidende Frage: "Was waren die konkreten Vorschläge von Hubert Aiwanger?" Wissen wollte er das von dessen Parteifreund Florian Streibl. Der Fraktionschef der Freien Wähler hatte die Ausführungen Aiwangers gerade zum allgemeinen Erstaunen als "historischen Meilenstein" gewürdigt. Für seine Antwort nutzte Streibl aber nicht einmal die eine Minute aus, die ihm die Geschäftsordnung gewährt hätte. Was hätte er auch groß sagen sollen?
Eine knappe Stunde hatte Aiwanger geredet. Er beklagte einmal mehr die schlechte Wirtschaftspolitik der verblichenen Ampel, verwies auf die wachsende Konkurrenz aus China und den Protektionismus der USA und kam zu dem Fazit: "Die Großwetterlage ist alles andere als rosig, gleichzeitig erlaubt sich Deutschland, keine Lösungen für die Herausforderungen anzubieten." Schon wahr. Aber wer nun ein Feuerwerk der Ideen zur Unterstützung wenigstens der bayerischen Wirtschaft erwartet hatte, wurde enttäuscht. Oder wie SPD-Fraktionschef Holger Grießhammer später sagte: "Eine klare Wirtschaftsstrategie für Bayern habe ich in der Regierungserklärung vermisst."
Übung für den Bundestag?
Ganz blank war Aiwanger natürlich nicht. Er zählte den jüngst beschlossenen Transformationsfonds für die Autobranche auf, die verbesserte Unterstützung für junge Unternehmensgründer, die Initiative zum Bürokratieabbau und den neuen Schwung beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Neu war das alles nicht. Genauso wenig wie seine Liste aller echten und vermeintlichen Ampel-Fehler und sein sich Abarbeiten am Grünen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Es schien, als übe Aiwanger schon für den Bundestag, in den er mit seinen Freien Wählern nach den Neuwahlen im Februar einziehen möchte.
Im Einzelnen wetterte Aiwanger gegen Fehlanreize beim Bürgergeld, das Verbrenner-Aus und den Wust an Vorschriften, der Investitionen behindere. "Bis bei uns ein Unternehmer das Haselmausgutachten für seinen Erweiterungsbau vorliegen hat, ist in China die Fabrik längst gebaut", führte er ebenso exemplarisch wie treffend aus. Unfreiwillig komisch geriet seine Passage über die Energiepolitik. Beim Ausbau der Erneuerbaren habe Bayern inzwischen ein "Luxusproblem", weil der viele Wind- und Sonnenstrom mangels Netzausbau kaum mehr eingespeist werden könne. Dabei hatte Aiwanger selbst noch vor zehn Jahren an vorderster Front gegen "Monstertrassen" gekämpft und den Leitungsausbau für unnötig gehalten, was ihm Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze genüsslich unter die Nase rieb.
Die weitere Aussprache war mehr aufdräuender Wahlkampf denn Fachdebatte über die angesichts von Insolvenzen, Firmenverlagerungen und Entlassungen nicht wegzudiskutierenden Herausforderungen. Das begann schon mit Ingo Hahn (AfD), der jeglichen Wirtschaftsbezug unterließ und lieber über Wassercent und Bürgerbegehren redete. Was ihn aber nicht davon abhielt, Aiwanger für dessen Inhaltsleere zu kritisieren. Schulze sagte, Populismus und Schimpfen auf die Ampel sei noch keine Wirtschaftspolitik. Dann verwendete sie viel Redezeit dafür, ihren Parteifreund und Kanzlerkandidaten Habeck zu loben.
CSU-Kritik an Aiwanger
Am nächsten beim Thema war SPD-Fraktionschef Grießhammer. Womöglich lag das daran, dass er als Handwerksmeister einschlägige Wirtschaftserfahrungen vorweisen kann. Immerhin legte er sechs Punkte vor, wie der Wirtschaft in Bayern auf die Beine geholfen werden könne. Zum Beispiel mit höheren Hilfen für die anstehende Transformation, der Beschleunigung von Energiewende und Netzausbau, der Stärkung von Aus- und Weiterbildung und einer temporären Lockerung der Schuldenbremse, um dringend erforderliche Infrastrukturinvestitionen anzuschieben. Und es brauche einen Minister, der nicht nur auf Berlin schimpfe, sondern sich aktiv um die bayerische Wirtschaft und ihre Unternehmen kümmere.
Letzteres deutete auch CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek an, als er seine persönlichen Vorort-Bemühungen um den Erhalt der Arbeitsplätze beim Regener Brillenglashersteller Rodenstock thematisierte. Aiwanger hatte im Sommer dessen Verlagerungspläne nach Tschechien zunächst nur mit einem rhetorischen Achselzucken aus München quittiert. Zudem benannte Holetschek explizit eigene Handlungsmöglichkeiten des Freistaats bei Energiewende und Bürokratieabbau. In diesem Zusammenhang schlug er die Einrichtung von Pilotregionen vor, in denen der weitreichende Abbau von Vorschriften in einer Art Feldversuch auf Praxistauglichkeit getestet werden könnte. Kein Meilenstein vielleicht, aber zumindest ein mögliches Meilensteinchen.



















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