Mit einer Normenkontrollklage vor dem Bundesverfassungsgericht will die Staatsregierung das neue Bundestagswahlrecht stoppen. Wie die bereits am Montag angekündigte Verfassungsbeschwerde der CSU richtet sich auch der Antrag der Staatsregierung gegen zwei Punkte in dem Gesetz: Zum einen soll es keine Überhangmandate mehr geben, zum anderen soll die Grundmandatsklausel fallen. Diese Änderungen seien "weder mit dem Grundsatz der Wahlgleichheit noch mit dem Demokratie- und Bundesstaatsprinzip vereinbar und deshalb aus unserer Sicht verfassungswidrig", sagte Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Als Prozessbevollmächtigten für ihre Klage benannte die Staatsregierung den Bayreuther Rechtsprofessor Markus Möstl.
Nach Angaben Herrmanns könnten die Neuerungen dazu führen, dass die CSU trotz guten Abschneidens in Bayern künftig nicht mehr im Bundestag vertreten ist und zudem die Zahl bayerischer Abgeordneter dort um rund ein Drittel sinkt. Ähnliches könne der Linken in ostdeutschen Bundesländern drohen. Konkret könnte die CSU nicht mehr alle ihre in Stimmkreisen direkt gewählten Abgeordneten nach Berlin schicken, wenn dafür das Zweitstimmenergebnis nicht ausreicht. Diese Mandate würden verfallen. Bislang gab es dafür Überhang- und Ausgleichsmandate, die allerdings den Bundestag zuletzt auf Rekordgröße aufgebläht hatten. Hätte die neue Regelung schon bei der Bundestagswahl 2021 gegolten, wären laut Herrmann sieben der 46 bayerischen Wahlkreise unbesetzt geblieben, in Baden-Württemberg zehn von 38 und in Brandenburg drei von zehn. Das Problem betreffe also nicht Bayern allein, betonte Herrmann.
Mit der Streichung der Grundmandatsklausel, die einer Partei den Einzug in den Bundestag auch dann sicherte, wenn sie bundesweit die Fünf-Prozent-Hürde gerissen, aber mindestens drei Direktmandate gewonnen hatte, könnte die CSU trotz zahlreicher Direktmandate in Bayern aus dem Bundestag fallen. Damit würden auch alle von der CSU gewonnenen Wahlkreise ohne direkt gewählten Abgeordneten im Bundestag unbesetzt bleiben und die Zahl bayerischer Volksvertreter in Berlin sinken. Hätte die CSU 2021 bundesweit berechnet nur 4,9 statt der tatsächlichen 5,2 Prozent der Stimmen erhalten, würden heute im Bundestag nicht 98 bayerische Abgeordnete sitzen, sondern nur 65, erklärte Herrmann. Die Abschaffung der Grundmandatsklausel könne also zu "nicht hinnehmbaren föderalen Proporzverschiebungen sowie der Unterrepräsentation eines Landes" führen.
Auf seiner Sitzung am Dienstag beschloss der Ministerrat zudem eine Bundesratsinitiative zur Eindämmung der Leiharbeit in der Pflege. Leiharbeit solle eigentlich nur helfen, kurzfristige Personalengpässe zu beheben, erklärte Staatskanzleiminister Florian Herrmann (CSU). Diese Ausnahme drohe derzeit aber zur Regel zu werden, weil Leiharbeiter oft besser bezahlt würden und planbarere Arbeitszeiten hätten. Dies bringe das "Gesamtgefüge beim Personal in Schieflage", sagte Herrmann. Um den Trend weg vom Stammpersonal zu stoppen, sei die Gleichbehandlung beider Beschäftigungsformen in der Praxis Ziel der Initiative. Zudem sollten Springerkonzepte zum Schließen kurzfristiger Personallücken beim Stammpersonal gefördert werden.
Kommentare
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.