München
14.11.2024 - 16:47 Uhr

Bayerische Regierung will Schutz vor häuslicher Gewalt ausweiten

Seit dem Ende der Corona-Pandemie steigen die Zahlen häuslicher Gewalt in Bayern. Zu den Betroffenen zählen immer mehr Männer. Im Landtag berichteten Vertreter mehrerer Ministerien, wie Prävention und Opferschutz verbessert werden sollen.

Seit dem Ende der Corona-Pandemie steigen die Zahlen häuslicher Gewalt in Bayern. Symbolbild:  Karl-Josef Hildenbrand /dpa
Seit dem Ende der Corona-Pandemie steigen die Zahlen häuslicher Gewalt in Bayern.

Die Staatsregierung will den Schutz vor häuslicher Gewalt ausweiten. Dazu soll das Netz an Frauenhäusern und Beratungsstellen bedarfsgerecht flächendeckend ausgebaut werden. Lücken gibt es derzeit vor allem noch in ländlichen Regionen. Allerdings fällt die Zuständigkeit für die Einrichtungen in die Verantwortung der Kommunen. "Wir können als Freistaat nur die passenden Rahmenbedingungen und finanzielle Anreize schaffen", erklärte die im Sozialministerium zuständig Abteilungsleiterin Christiane Nischler-Leibl im Sozialausschuss des Landtags. Im Staatshaushalt stünden dafür pro Jahr mehr als 42 Millionen Euro zur Verfügung.

Nach Angaben Nischler-Leibls gibt es in Bayern derzeit 41 staatlich geförderte Frauenhäuser mit rund 400 Plätzen, dazu 36 Fachberatungs- und 31 Interventionsstellen sowie in jedem Regierungsbezirk eine Täterberatungsstelle. Auch dieser Aspekt dürfe im Sinne von Konfliktlösung und Prävention nicht vernachlässigt werden, betonte Nischler-Leibl. Sie räumte ein, dass Bayern mit seinen Angeboten "noch nicht völlig bedarfsgerecht ausgestattet" sei. Der Ausbau komme aber dank Mittelerhöhungen in den vergangenen Jahren gut voran. Der Aufbau zusätzlicher Beratungskapazitäten sei zudem erforderlich, um die wachsende Zahl von häuslicher Gewalt betroffener Männer aufzufangen. Deren Anteil liege inzwischen bei rund 30 Prozent.

Mit Blick auf die Frauenhäuser sagte Nischler-Leibl, dass im Durchschnitt rund ein Viertel der betroffenen Frauen bis zu 14 Tage in den Einrichtungen verbringe, ein weiteres Viertel bis zu 70 Tage. Bei den restlichen Betroffenen könne der Aufenthalt mehrere Monate dauern. Wünschenswert wären möglichst kurze Verweilzeiten, betonte sie. Eine Entlassung aus den Einrichtungen komme aber nur in Frage, wenn für die Frauen und gegebenenfalls auch ihre Kinder ein gewaltfreies Leben gesichert sei.

Zu einem erfolgreichen Ergänzung hätten sich sogenannte "Second-Stage-Angebote" entwickelt. Diese Unterkünfte stellten für Frauen einen "geschützten Übergang" vom Frauenhaus in ein möglichst gewaltfreies Leben dar, erläuterte Nischler-Leibl. Gedacht seien sie für Frauen, die die Frauenhäuser verlassen, aber nicht gegen ihren Willen in eine Gewaltbeziehung zurückkehren wollten. Derzeit gebe es diese Angebote bereits an 23 Standorten mit 107 Plätzen. Sie sorgten für eine Entlastung in den Frauenhäuser, weil dort Akut-Plätze schneller frei würden.

Auf ein neues Unterstützungsinstrument für von häuslicher Gewalt betroffene Frauen verwies Sebastian Arnold aus dem Gesundheitsministerium. Voraussichtlich ab dem kommenden Frühjahr werde es die Möglichkeit zur "vertraulichen Spurensicherung" geben. In deren Rahmen könnten sich Frauen im Krankenhaus oder bei niedergelassenen Ärzten ihre Verletzungen dokumentieren lassen, um sie bei einer späteren Anzeige gegen den Täter vorbringen zu können. Viele Frauen scheuten derzeit davor zurück, die Verwundungen von Polizei oder Gerichtsmedizinern aufnehmen und damit sofort aktenkundig werden zu lassen, erklärte Arnold. Das neue Angebot verschaffe ihnen Zeit, sich mit der Situation auseinanderzusetzen und die Entscheidung über eine Anzeigeerstattung ohne Druck zu treffen.

Der CSU-Abgeordnete Thomas Huber lobte das "umfassende Schutznetzwerk" für Opfer häuslicher Gewalt im Freistaat. Es umfasse von Prävention über Opferschutz bis hin zur Tataufklärung alle Bereiche. "Trotzdem dürfen wir nie aufhören, noch besser zu werden", sagte Huber. Lob kam auch von Christiane Feichtmeier (SPD). Allerdings müsse der Ausbau der Plätze in Frauenhäusern und der Beratungsangebote auf der Tagesordnung bleiben. Das gelte vor allem für die ländlichen Regionen, wo die Angebote "oft recht dünn" seien.

 
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