Viele freischaffende Künstler sind auch in Bayern finanziell nicht auf Rosen gebettet. Nach einer von den Grünen im Landtag in Auftrag gegebenen Studie kann knapp die Hälfte von ihnen nicht von der Kunst leben, sondern muss sich anderweitig etwas dazuverdienen. Corona hat die Lage für die Meisten noch verschärft. Die Grünen haben deshalb ein Antragspaket in den Landtag eingebracht, das die Einkommenssituation freier Künstler verbessern soll. Kernpunkt: Die verpflichtende Einhaltung von Honorarempfehlungen der einschlägigen Berufsverbände bei allen Kunstprojekten und -veranstaltungen, die von der öffentlichen Hand in Auftrag gegeben oder gefördert werden.
Die Grünen sind nicht die einzigen, die freiberuflich arbeitenden Kulturschaffenden zu auskömmlichen Einnahmen verhelfen wollen. Die Gewerkschaft Verdi geht noch ein Stück weiter, sie fordert die Einführung von "Basishonoraren" als eine Art "Mindestlohn für Selbständige", wie der Vorsitzende der Landeskommission der Selbstständigen bei Verdi, Oliver Pyka, erklärt. Es gehe um soziale Absicherung und die Vermeidung des bei der Vergabe von Aufträgen heute nicht seltenen "Unterbietungswettbewerbs".
Löcher in den Kassen von Künstlern
Während der Corona-Lockdowns gehörten die Solo-Selbständigen, vor allem die im Kulturbereich, zu denen mit den größten Existenzsorgen. Theater, Kleinbühnen oder Galerien waren die Einrichtungen, die am längsten geschlossen bleiben mussten. Inzwischen läuft der Betrieb wieder, aber wer damals "praktisch einem Berufsverbot ausgesetzt" gewesen sei, habe auch heute noch zu "knapsen", berichtet Pyka. Zwar hätten die Künstlerhilfen Bayerns meist gereicht, um über die Runden zu kommen, aber die auftragsfreien Zeiten hätten trotzdem Löcher in den Kassen von Künstlern, freiberuflichen Bühnentechnikern oder Kulissenmalern hinterlassen. Besonders getroffen habe Corona freie Dozenten, die etwa vor versperrten Volkshochschulen gestanden und keine Künstlerhilfen bekommen hätten.
Für zunächst alle Selbständigen im Bereich Kunst, Kultur und Bildung will Verdi nun ein am Gehaltstarifvertrag des öffentlichen Dienstes orientiertes "Basishonorar" durchsetzen, gestaffelt nach Qualifikation der Leistungsanbieter und Komplexität der Tätigkeit. Der Stundensatz würde sich zwischen 36 und 66 Euro als jeweilige Untergrenze bewegen, bei längerfristigen Engagements käme ein monatliches Mindesthonorar zwischen 3750 und 6800 Euro brutto heraus. Zahlen sollen es alle Kultureinrichtungen in öffentlicher Hand, also zum Beispiel kommunale Theater oder Museen, sowie Kulturveranstalter, die für ihren Betrieb staatliche Zuschüsse erhalten.
Kritik vom Bund der Selbständigen
Im bayerischen Kunstministerium hat man sich noch keine Meinung zum "Basishonorar" gebildet. Man stecke nach Corona bezüglich der Künstlerhonorare in einem "umfangreichen Diskussionsprozess", dessen Ergebnissen man nicht vorgreifen wolle, teilt eine Sprecherin auf Anfrage mit. Auch für den Bayerischen Städtetag ist der Verdi-Vorstoß Neuland. Man könne das Modell deshalb noch nicht bewerten, heißt es aus dem Verband. Der Bund der Selbständigen (BDS) sieht das Verdi-Modell skeptisch. Grundsätzlich befürworte man die bessere Bezahlung selbständiger Künstler. Doch Eingriffe in Tarifautonomie und Vergaberecht sehe man kritisch, erklärt ein Verbandssprecher.
Auch die Grünen-Kulturpolitikerin Sanne Kurz hält die starre Orientierung am Tarif für den öffentlichen Dienst für nicht zielführend. Neben einer besseren, auf die einzelnen Berufsgruppen abgestimmten Bezahlung plädiert sie zudem für Berufseinstiegsstipendien, eine höhere Atelierförderung und die gleiche Bezahlung von Künstlerinnen und Künstlern. Denn im Kulturbereich sei die Einkommenslücke zwischen Männern und Frauen noch um zehn Prozentpunkte größer als in der übrigen Berufswelt.
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