Bayerischen Landtagsabgeordneten droht künftig ein Ordnungsgeld von bis zu 4000 Euro, wenn sie bei Sitzungen in der Volksvertretung die Ordnung oder die Würde des Parlaments verletzen. Dazu wird ein dreistufiges Verfahren eingeführt, das bis zum Ausschluss von Sitzungen gehen kann. Das kündigte Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) am Mittwoch an. Die Änderungen sollen am 1. Juli in Kraft treten. Sie basieren auf einem gemeinsamen Gesetzentwurf von CSU, Freien Wählern, Grünen und SPD. Das neue Verfahren ersetzt die bisher gängigen Rügen bei Fehlverhalten. Der Landtag reagiert damit auf die zunehmende Zahl von Störungen und Regelverstößen, die mit dem Einzug der AfD ins Parlament im Jahr 2018 einhergingen.
Nach dem neuen Modell erteilt die Sitzungsleitung im Falle eines Fehlverhaltens – gemeint sind dabei vor allem Provokationen, Beleidigungen und Herabwürdigungen – zunächst einen Ordnungsruf. Bei einer fortgesetzten Störung oder besonders gravierenden Vorfällen wird ein Ordnungsgeld verhängt. Als Beispiel dafür verwies Aigner auf den Gasmasken-Auftritt des AfD-Abgeordneten Stefan Löw im Jahr 2020. Der Oberpfälzer erhielt damals lediglich eine Rüge. Über die Festsetzung und Höhe des Ordnungsgeldes entscheidet in jedem Einzelfall das Landtagspräsidium. Beim ersten Vorfall kann es bis zu 2000 Euro betragen, bei weiteren innerhalb von sechs Monaten bis zu 4000 Euro. Der Betrag wird dann automatisch von den Diäten des betroffenen Abgeordneten abgezogen. Zeigt auch das keine Wirkung, kann der Ausschluss von der laufenden Sitzung und weiteren bis zu zehn Sitzungen erfolgen.
An die Hausordnung halten
Aigner erklärte, sie könne nicht garantieren, dass das Ordnungsgeld die erwünschte Wirkung entfalten werde. "Ich glaube schon, dass sich etwas verändert, aber es wird ein ständiger Kampf bleiben", meinte sie. Man wolle jedenfalls "alles daran setzen, dass sich die Skandal- und Empörungsspirale nicht immer weiter nach oben dreht". Sie sei zuversichtlich, dass sich Betroffene nach der Verwarnung durch den Ordnungsruf genau überlegten, ob sie die Situation noch weiter anstacheln wollten. "Wer dennoch meint, provozieren, beleidigen oder verunglimpfen zu müssen, bekommt im wahrsten Sinn des Wortes die Rechnung präsentiert", betonte Aigner.
Ein Ordnungsgeld kann zudem verhängt werden, wenn Abgeordnete oder deren Gäste im Landtag gegen die Hausordnung verstoßen. Damit reagiert der Landtag auf einen Vorfall aus dem vergangenen Jahr, als rechtsnationale Burschenschafter auf Einladung eines AfD-Abgeordneten verfassungsfeindliche Symbole zeigten und einen Journalisten bedrängten. "Unsere parlamentarische Demokratie ist wehrhaft, sie lässt sich nicht verächtlich machen und sie lässt sich von niemandem auf der Nase herumtanzen", fasste Aigner die Bedeutung des neuen Regelwerks zusammen. Vorwürfe, es handle sich dabei um eine gegen die AfD gerichtete Aktion, wies Aigner zurück. Die Regeln würden für alle Abgeordneten gleich gelten. Dass die AfD nicht in der Ausarbeitung des Gesetzentwurfs einbezogen worden sei, liege im Recht jeder Fraktion, frei darüber zu entscheiden, mit wem sie eine gemeinsame Parlamentsinitiative starten wolle.
Umfrage zum Thema "Demokratie" geplant
Aus aktuellen Anlass kündigte Aigner eine weitere Änderung des Abgeordnetengesetzes an. Es sollen Konsequenzen daraus gezogen werden, dass wohl auch im Landtag einige Abgeordnete Mitarbeiter beschäftigen, die auch bei als verfassungsfeindlich eingestuften Organisationen tätig sind. Im Bundestag sollen es nach Medienberichten rund 100 Mitarbeiter von AfD-Abgeordneten sein. Im Landtag liege deren Zahl nach aktuellem Kenntnisstand "unter zehn", teilte Aigner mit. Ziel sei es, dass die Löhne dieser Personen nicht mehr aus Steuergeld bezahlt werden. Dafür fehle aber derzeit noch die Rechtsgrundlage. "Ich halte das für eine gefährliche Gesetzeslücke, weil wir damit zulassen, dass Verfassungsfeinde aus Steuergeldern bezahlt werden", erklärte Aigner. Sie habe ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, um eine gerichtsfeste Lösung des Problems zu ermöglichen.
Unabhängig von den landtagsinternen Neuerungen plant Aigner eine jährlich wiederkehrende, repräsentative Umfrage unter allen Wahlberechtigten in Bayern zu ihrer Zufriedenheit mit der Demokratie. Ziel sei es, über einen längeren Zeitraum festzustellen, wie gefestigt die Demokratie in Bayern sei. Der erste "Demokratiespiegel" für Bayern soll nach der Sommerpause vorliegen. Zurückgezogen hat Aigner dagegen ihre Pläne für einen freiwilligen Demokratie-Kodex für Abgeordnete. Gegen diesen habe es rechtliche Bedenken gegeben, zudem mache das neue Ordnungsrecht eine Selbstverpflichtung überflüssig.













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