Oberpfalz
19.08.2019 - 15:54 Uhr

Wetterexperte Andy Neumaier erklärt das unberechenbare Unwetter

Das Tief "Bernd" hat am Sonntagabend dafür gesorgt, dass es in der Oberpfalz ordentlich gekracht hat - aber eben nicht überall: Sturmböen, Starkregen am einen Ort, laues Lüftchen und Tröpfeln ein paar Kilometer weiter. Unser Wetterexperte erklärt, warum.

Blitz und Donner: Am Sonntagabend wütete ein Unwetter in Teilen der Oberpfalz. Bild: Bettina Krapfl
Blitz und Donner: Am Sonntagabend wütete ein Unwetter in Teilen der Oberpfalz.

Vorneweg gilt es eines zu klären: Nicht jedes Gewitter ist gleich ein Unwetter. "Das gestrige Ding zwischen Amberg und dem Dreieck Oberpfälzer Wald kann man aber mit Recht als solches bezeichnen", sagt Oberpfalz-Medien-Wetterexperte Andy Neumaier am Montag. Es war ein sommerlicher und heißer Sonntag in der Oberpfalz, und nach teilweise schon herbstlichen Morgentemperaturen gab es bis zu 32 Grad in Amberg und Schwandorf. "Genau dieser Sprung und das nahende Tief 'Bernd' sorgten dann für eine explosive Mischung", erklärt der Experte. Am Spätnachmittag und zum Abend hin bildeten sich örtlich begrenzte Gewitter, die es "in sich hatten".

Der Meteorologe erklärt: "Wenn heiße Luft in einem Gewitter schnell aufsteigt, entsteht innerhalb der Wolke auch ein Gegenstrom mit kalter Luft, die schnell zu Boden stürzt - ein sogenannter Downburst. Tornados und Downbursts gehören zu den schlimmsten, aber eben auch sehr eng begrenzten Stürmen, die wir in unserem Land erleben können." Genau solch eine Zelle sei am Sonntagabend von Neumarkt und Hersbruck kommend über den Kreis Amberg-Sulzbach und den nördlichen Kreis Schwandorf gezogen, "ziemlich genau an der A 6 entlang in Richtung Tschechien".

In Kümmersbruck wurde laut Neumaier eine Orkanböe von 152 Kilometern pro Stunde gemessen, "da können zum Beispiel selbst namhafte Orkane wie 'Lothar', 'Vivien' oder 'Wiebke' nicht mehr mithalten". In Burgtreswitz (Kreis Neustadt/WN) stürzte das gusseiserne Kreuz einer Kirche ab und beschädigte das Dach. In Amberg wurden teils Dächer abgedeckt und Bäume aus dem Boden gerissen, Straßen wegen Überflutungen gesperrt. Andere Gemeinden waren während des Unwetters ohne Strom.

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Oberpfalz19.08.2019

Bahn massiv betroffen

Auch weiter im Norden des Freistaats führten die Gewitter zu Dauereinsätzen von Feuerwehr und Rettungsdiensten. Besonders betroffen war der Zugverkehr: Auf einigen Strecken, etwa zwischen Nürnberg und Augsburg, ging lange Zeit nichts mehr. Bei Roth, südlich von Nürnberg, mussten 400 Fahrgäste in einem Nachteinsatz aus einem ICE geborgen werden, nachdem sie zuvor mehrere Stunden in dem Zug festgesessen hatten. Der S-Bahn-Verkehr im Nürnberger Süden war bis weit in den Vormittag betroffen, sagte ein Bahnsprecher.

Südlich von Nürnberg stürzten Bäume ins Gleis und legten den Regionalverkehr und die S-Bahn zwischen Nürnberg und Roth lahm. Der Fernverkehr zwischen Frankfurt/Main und Würzburg werde wegen der Sturmschäden in beiden Richtungen über Fulda umgeleitet, so eine Bahnsprecherin am Montag. Die Sperrung werde voraussichtlich noch bis Dienstagabend dauern.

Andernorts in der Oberpfalz, wie beispielsweise im Landkreis Tirschenreuth oder in Weiden, bekam man teilweise kaum etwas von der tobenden Gewitterfront mit. Genau dies sei aber charakteristisch für sommerliche Wetterlagen: "Im Vorfeld kann man nur abschätzen, dass es irgendwo in der Region zu heftigen Gewittern kommt, aber nicht genau wo. Das ist eine Laune der Natur."

Die Gewitterzelle am Sonntag über der Oberpfalz. Die violetten Regionen waren besonders stark betroffen, die blauen erlebten „normales“ Gewitter. Bild: Wetter Online/Neumaier
Die Gewitterzelle am Sonntag über der Oberpfalz. Die violetten Regionen waren besonders stark betroffen, die blauen erlebten „normales“ Gewitter.

Warnungen nicht umsonst

Manchmal erstrecken sich schwere Gewitter mit all ihren Gefahren nur über wenige Kilometer, und gerade Hagel, Orkanböen oder Tornados treten oft nur in einem wenige hundert Meter breiten Streifen auf und ziehen die sprichwörtlichen "Schneisen der Verwüstung" durch Wälder und Orte. "Die Gewitterzelle vom Sonntag war da noch verhältnismäßig groß", ergänzt Neumaier.

Der Fachmann kann zwar nachvollziehen, dass manch einer die Unwetterwarnungen des Deutschen Wetterdienstes nicht mehr ernstnimmt, wenn "mal wieder nix" war. "Sie waren aber auch diesmal mehr als gerechtfertigt", betont er, "denn es war eben doch was, aber eben ein paar Kilometer nebenan. Das kann man im Vorfeld nicht wissen, und wird man auch nie beherrschen."

Die gute Nachricht zum Schluss: In den kommenden Tagen ist die Unwettergefahr vorbei, sagt Andy Neumaier. "Am Dienstag, anfangs auch noch am Mittwoch, fällt zwar häufiger Regen bei eher frühherbstlichen Temperaturen. Danach wird es für den Rest der Woche aber freundlich und trocken bei steigenden Temperaturen." Am Wochenende dann "gewitterfreie 26 bis 31 Grad".

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Amberg19.08.2019
Burgtreswitz bei Moosbach19.08.2019
 
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