Regensburg
08.11.2021 - 17:26 Uhr

Rieger-Prozess könnte kürzer ausfallen

Für Zuschauer und Journalisten ist der erste Verhandlungstag kürzer als geplant. Im Prozess gegen den Regensburger Landtagsabgeordneten Franz Rieger (CSU) ziehen sich die Beteiligten am Montag zu einem Rechtsgespräch zurück.

Landtagsabgeordneter Franz Rieger nimmt vor Prozessbeginn am Landgericht Regensburg zwischen seinen Anwälten Dirk Lammer und Gunnar Mittag (vorne) Platz. Bild: gib
Landtagsabgeordneter Franz Rieger nimmt vor Prozessbeginn am Landgericht Regensburg zwischen seinen Anwälten Dirk Lammer und Gunnar Mittag (vorne) Platz.

Groß ist das Blitzlichtgewitter, das Rieger am Morgen zum Prozessauftakt über sich ergehen lassen muss. Auch der mittlerweile vierte Prozess am Landgericht Regensburg, der sich mit auffälligen Spenden aus der Baubranche an Politiker beschäftigt, zieht wieder viel Medieninteresse auf sich. Nach dem früheren Oberbürgermeister Joachim Wolbergs (früher SPD, heute Wählervereinigung „Brücke“) und dessen ehemaligen Rivalen ums OB-Amt, Christian Schlegl (CSU), steht nun ein Landtagsabgeordneter vor Gericht.

Auch Franz Rieger soll zur Finanzierung seines Wahlkampfs 2013 gestückelte Spenden entgegengenommen haben. Knapp 50 000 Euro sollen von einem Regensburger Bauträger gekommen sein. Dieser soll den Betrag aber nicht einfach gespendet haben. Stattdessen sollen fünf Mitarbeiter des Bauträgers jeweils knapp unter 10 000 Euro überwiesen haben. Sie sollen das Geld als Einmalzahlungen über ihr Gehalt von ihrem Arbeitgeber zurückerhalten haben, heißt es in der Anklageschrift. Rieger soll von dieser Praxis gewusst haben. Die Beträge sollen aber dennoch als ordentliche Spenden in den CSU-Rechenschaftsbericht eingeflossen sein.

Spenden habe Rieger auch von einem zweiten Regensburger Bauträger verlangt – und zwar in Höhe von 60 000 Euro, sagen die Ankläger. Verbunden haben soll er die Aufforderung mit den Worten: „Sie wissen schon, wer in Zukunft über die Baugebiete und die Baugenehmigungen entscheidet.“ Der Bauträger fasste das der Anklageschrift zufolge als „gefühlten Erpressungsversuch“ auf. Neben der Beihilfe zur Steuerhinterziehung und Verstößen gegen das Parteiengesetz wirft die Staatsanwaltschaft Rieger deshalb auch Erpressung vor. Mitangeklagt ist der Inhaber einer Regensburger Marketingagentur, ebenfalls wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung: Er soll Wahlkampfleistungen für Rieger erbracht, das Ganze aber über Scheinrechnungen mit dem Bauträger abgerechnet haben.

Ebendieser Bauträger soll am Mittwoch als Zeuge aussagen. Schon im Wolbergs-Prozess war er als eine Art Kronzeuge aufgetreten. Ob es zu der Aussage kommt, ist derzeit unklar. Denn unmittelbar nach der Anklageverlesung macht der Vorsitzende Richter, Marcus Lang, den Verfahrensbeteiligten ein Angebot. Er schlägt ein Erörterungsgespräch unter Ausschluss der Öffentlichkeit vor, durch das eine Straffung des Verfahrensstoffs möglich werden könnte. Da sowohl die Verteidiger der beiden Angeklagten als auch die Staatsanwaltschaft den Vorschlag begrüßen, wird die Sitzung unterbrochen. Die Beteiligten ziehen sich zum Gespräch zurück.

Rieger wirkt am ersten Prozesstag anfangs angespannt, im weiteren Verlauf aber zunehmend gelöst. In den Verhandlungspausen plaudert der 62-Jährige angeregt mit dem mitangeklagten Agenturchef. Gegen Mittag geht die Verhandlung weiter. Vorsitzender Richter Lang erklärt, die Verfahrensbeteiligten hätten ihre Ansichten ausgetauscht und die Auswirkungen möglicher Einlassungen der Angeklagten auf die weitere Beweisaufnahme und eine mögliche Verurteilung erörtert. Der Richter kündigt an, dass das Rechtsgespräch am Nachmittag fortgesetzt wird. Der erste Zeuge, ein Kriminalhauptkommissar, der in dem Verfahren ermittelte, wird kurzfristig abgeladen. Die öffentliche Hauptverhandlung soll erst am Mittwoch weitergehen. Dann wird auch verkündet, mit welchem Ergebnis das Rechtsgespräch ausgegangen ist – und ob die geplanten acht Verhandlungstage mit 18 geladenen Zeugen zusammenschmelzen oder nicht.

Regensburg04.11.2021
 
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