Staatsregierung und bayerische Wirtschaft haben sich klar gegen einen sofortigen Stopp von Gasimporten aus Russland ausgesprochen. "Wir müssen uns unabhängig machen, aber vernünftig und klug", sagte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nach einem Energiekonvent mit Vertretern von Kommunen sowie Wirtschafts- und Handwerksverbänden. Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) ergänzte, Bayern sei "bis auf Weiteres auf russisches Gas angewiesen". Ohne Gasimporte drohe ein Stillstand in vielen Industrie- und Handwerksbranchen.
Eindringlich warnte der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft, Bertram Brossardt, vor einem Boykott russischen Gases. "Die Folgen für die bayerische Wirtschaft und die Arbeitsplätze wären dramatisch", betonte er. Vor allem energieintensive Branchen wie die Porzellan- und Glasindustrie, aber auch das metallverarbeitende Gewerbe könnten ohne Gas nicht produzieren. "Sind die Öfen einmal aus, wird die Produktion in vielen Bereichen wahrscheinlich nicht mehr aufgenommen", prognostizierte er.
Stresstest für die Wirtschaft
Manfred Gößl, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags, sprach von einem "Stresstest, den die bayerische Wirtschaft noch nicht erlebt hat". Es müsse nun vorbei sein mit den Ausstiegen aus allen möglichen Energieträgern. "Wir brauchen jetzt einen Einstieg in alles", sagte er. Auch Gößl warnte vor Produktionsstilllegungen mit enormen wirtschaftlichen und sozialen Folgen. Die Bundesregierung müsse unverzüglich die Energiekosten auch für die Wirtschaft durch Steuer- und Abgabensenkungen deutlich reduzieren. Selbst für mittelständische Unternehmen gehe es aktuell um Millionenbeträge im Jahr.
Söder und Aiwanger schlossen sich diesen Forderungen an. "Es ist unwürdig, dass eine Ampel in Berlin Wochen braucht, um sich zu entscheiden, wie der Energiepreis gesenkt wird", erklärte Söder. Andere EU-Staaten hätten längst gehandelt. Aiwanger beklagte, dass es noch immer keinen Lösungsansatz für die breite wirtschaftliche Basis gebe. "Wenn das nicht kommt, vergeigen wir die Chance, uns wirtschaftlich über Wasser zu halten", warnte er. Söder mahnte erneut niedrigere Spritpreise für Bürger und Unternehmen an. Das Land sei bis in die Mittelschicht hinein "von der Energiefalle bedroht". Der beste und schnellste Weg zur Entlastung seien Steuersenkungen.
Um sich unabhängiger von russischen Energieimporten zu machen, sprachen sich Söder, Aiwanger und Wirtschaftsvertreter für eine Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke von drei bis fünf Jahren, die Umstellung auf Lieferungen auch von Wasserstoff aus anderen Weltregionen sowie den raschen Ausbau der erneuerbaren Energien aus. Hier werde Bayern seien Beitrag zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren leisten, kündigte Söder an. Für die Wasserkraft forderte er die Absenkung von Naturschutzstandards, bei der Windkraft erneuerte er seine Zielvorgabe von "500 plus XXL" neuen Anlagen unter grundsätzlicher Beibehaltung der 10H-Abstandsregel. Zudem müsse der Bau neuer Stromtrassen schneller vorangehen. "Jede Form von Generalwiderstand gegen den Stromleitungsausbau ist falsch", stellte Söder klar.
Kritik aus der Ökostrom-Branche
- Vertreter der Ökostrom-Branche waren nicht eingeladen, obwohl es dort auch um den Ausbau von Wind- und Sonnenstrom gehen sollte
- Atom, Erdgas, Erdöl und Kohle seien umweltschädlich, werden teurer und machen von despotisch regierten Ländern abhängig
- Der Ausbau der Windenergie stagniert
- Bayern könnte vollständig mit erneuerbarer Energie versorgt werden
- Dafür müsste die heutige Ökostrom-Kapazität vervierfacht werden













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