Durch die Hängematte dröhnt das Brummen der Kaffeemaschine. Ansonsten ist es noch ruhig in dem Jugendzentrum. Das wird sich bald ändern. Es ist kurz nach 14 Uhr an diesem Freitag. „Ich denke, in einer Stunde werden die Ersten kommen“, sagt Sandra Konopek, auch Sandi genannt, und nimmt den Kaffeebecher aus der Maschine. Die 41-jährige Erzieherin arbeitet seit September 2021 in der Hängematte. „Schon als Jugendliche war ich oft hier. Vor allem bei Punkkonzerten“, erzählt die gebürtige Sulzbach-Rosenbergerin und lacht. Sie setzt sich auf einen der mit blauen Polstern überzogenen Pallettensofas im Café, dem Herzstück der Hängematte. Die Wände des lichtdurchfluteten Raumes zieren bunte Bilder. „Vier Mal pro Woche findet hier der offene Treff statt. Jugendliche können sich hier treffen, sich austauschen, gemeinsam Spiele spielen, an unserer PlayStation 4 zocken oder einfach quatschen. Es gibt Getränke und alles, was sie brauchen, um sich wohl zu fühlen."
Die Hängematte als Einrichtung der Stadt Sulzbach-Rosenberg gibt es seit 1985. Das Ziel: Einen Ort für Jugendliche und junge Erwachsene zu schaffen, an dem sie sich frei fühlen, Ansprechpartner finden und eine entspannte Zeit mit ihren Freunden verbringen können – und das alles kostenlos. Das ist gelungen. Bis heute. Im November 2020 übernahm die Sozialpädagogin Jessica Graf die Leitung der Hängematte, nachdem das Juz ein halbes Jahr unbesetzt war. Eine Herzensangelegenheit, jedoch kein einfacher Zeitpunkt, erinnert sich Sandra Konopek, die Jessica schon von einer früheren Arbeitsstelle kannte. „Der Start war nicht leicht. Wir haben die Hängematte im Juli 2021 wieder aufgemacht. Erst lief alles gut, doch dann kamen neue Coronaregeln. Maskenpflicht. 2G. Das Problem war, dass die Jugendlichen damals noch nicht geimpft wurden. Deshalb mussten wir viele wieder nach Hause schicken. Das merken wir heute noch, denn es ist nicht leicht, genau diese Jugendlichen wieder für die Hängematte zu gewinnen. Doch wir versuchen, die jungen Menschen mit unserem Angebot zu begeistern.“
Offenes Ohr und Spielpartner
Und das ist vielfältig. 20 Stunden pro Woche hat das Juz für Jugendliche und junge Erwachsene bis 27 Jahren geöffnet. Ein Grundsatz ist Jessica Graf und Sandra Konopek dabei besonders wichtig: „Wir sind eine offene Jugendarbeit. Das bedeutet: Alles, was wir anbieten, ist freiwillig und kostenlos. Jeder kann, muss aber nicht.“ Im Alltag sieht das so aus: „Wir haben ein offenes Ohr für alle, die mit uns reden wollen. Sei es über familiäre Probleme, die Schule oder auch Liebeskummer. Manchmal sind wir auch einfach ,Bereitsteller’ eines Safe Spaces, wenn sich jemand mit seinen Freunden treffen und ein paar schöne Stunden verbringen will. Und natürlich Spielpartner“, erklärt Sandi und lacht. Einen typischen Arbeitsalltag gibt es für die zwei jungen Frauen nicht. „Aber genau das macht es auch so spannend. Manchmal kommen viele, manchmal finden nur wenige den Weg zu uns. Wir wissen nie, was uns erwartet. Es ist einfach richtig cool, Zeit mit den Jugendlichen zu verbringen. Gemeinsam mit ihnen Kicker oder Billard zu spielen und mit ihnen zu reden. Mich erfüllt diese Aufgabe sehr. Man geht abends nach Hause und ist glücklich“, sagt Sandra Konopek.
Es ist 14.30 Uhr. Die Tür der Hängematte öffnet sich. Benjamin Gebhardt steht im Foyer mit dem Billard- und Kickertisch und den bunten Comicfiguren an den Wänden und lächelt. Seit er 13 Jahre alt ist, kommt er regelmäßig in die Hängematte, machte seine ersten Banderfahrungen hier. Heute arbeitet der 34-Jährige als Teilzeitkraft im Jugendzentrum. Der Raumausstatter hat ein Händchen für technisches Equipment und Bühnenaufbau. „Das ist Gold wert“, sagt Sandi und lacht. Heute arbeitet er mit einem ehrenamtlichen Helfer an der Bühnentechnik. „Für mich ist die Hängematte so etwas wie meine Heimat. Ich mag die Atmosphäre hier, das tolle Team. An diesem Ort hängen viele Erinnerungen. Es ist schön, ein Teil davon zu sein“, sagt er, bevor er in den Saal geht, um sich an die Arbeit zu machen.
Auch das ist ein Markenzeichen der Hängematte – die vielfältigen, räumlichen Möglichkeiten. Der Saal bietet Platz für Konzerte – oder auch eine Partie Tischtennis. Dann gibt es da noch den Aktions-Raum mit Airhockey-Tisch, der sich auch für Ausstellungen eignet. „Zusätzlich haben wir einen Rückzugsraum, in den sich die Besucher zurückziehen, in Ruhe ihre Hausaufgaben machen oder in geschützter Atmosphäre reden können“, erklärt Sandra Konopek. Natürlich darf auch ein Bandproberaum im Keller nicht fehlen. „Ab kommenden Jahr wird es wieder mehr Konzerte in der Hängematte geben. Darauf freuen wir uns sehr.“
Vielfalt und Kreativität
Die junge Frau ist zurück im Café. Noch 15 Minuten, bis die Hängematte öffnet. „Es ist unglaublich wichtig, dass es so ein Angebot für junge Menschen gibt. Das spüren wir immer wieder. Manche kommen zu uns, weil die Eltern lange arbeiten und sie Ansprechpartner brauchen, andere nutzen den Ort, um sich mit Freunden zu treffen oder neue Kontakte zu knüpfen.“ Natürlich dürfen auch Vielfalt und Kreativität im Angebot nicht fehlen. Deshalb arbeitet das Jugendzentrum unter anderem mit der kommunalen Jugendarbeit zusammen. „Gemeinsam organisieren wir Workshops und Aktionen. Vor kurzem hatten wir hier einen Graffiti-Workshop. Das war toll, die Jugendlichen konnten sich kreativ ausleben und haben die Basics gelernt. Erstaunlich war, dass die Teilnehmer alles Mädels waren. Eine tolle Aktion.“ Zudem kooperiert das Juz mit der Initiative „Foodsharing“. „Dadurch haben wir die Möglichkeit, den jungen Leuten zum Beispiel kostenlos Obst anzubieten.“
Und auch so wird es nie langweilig. Egal ob Kickerturnier, Kinoabende oder Konzerte, „es ist immer etwas los“. Auch am Altstadtfest ist die Hängematte vertreten. Eines der persönlichen Highlights von Sandra Konopek. „Wir bespielen das Schoss. Das bedeutet, wir organisieren die Band und kümmern uns um den Ausschank. Doch das alles wäre nicht möglich ohne die vielen Ehrenamtlichen, die uns helfen. Ein Großteil von ihnen war als Jugendliche selbst hier.“
Aufklären statt verurteilen
15 Uhr. Startschuss für die Hängematte. Zwei Jugendliche kommen herein. Nach einer kurzen Begrüßung gehen sie zielsicher ins Airhockey-Zimmer. Kurze Zeit später schallt lautes Lachen durch die Einrichtung. Auch Sandi lacht, als sie die angeregten Gespräche der Jungs hört. „Es gibt junge Erwachsene, die regelmäßig kommen. Andere schauen bei uns vorbei und dann sehen wir sie einige Monate nicht mehr. Auch das ist immer unterschiedlich.“ Eines ist allerdings fest geregelt: Die Umgangsformen in der Hängematte. „Wir akzeptieren keine Diskriminierungen, keinen Sexismus und keine Beschimpfungen. Wir verurteilen nicht, sondern klären auf. Das ist uns wichtig. Wir wollen ein Safe Space sein – für alle.“ Genug Airhockey für heute. Die zwei Jungs kommen ins Café und holen sich eine Cola. „Und jetzt eine Runde Fifa?“, fragt Sandi. „Ganz genau“, erwidert einer der beiden. Während Messi und Aubameyang um das nächste Tor kämpfen, öffnet sich erneut die Tür. Zwei junge Männer steuert auf den Billardtisch zu. Sie besuchen die Hängematte regelmäßig. Mal zu zweit, mal in einer größeren Gruppe. Mohammad ist einer von ihnen. Seit 2016 ist die Einrichtung auch für ihn so etwas wie ein zweites Zuhause geworden. „Es ist ein toller Ort, hier ist immer viel los. Und er ist perfekt, um neue Freunde zu finden. Ich komme ursprünglich aus Syrien und bin froh, dass es so etwas wie die Hängematte gibt, denn so war es leicht, Kontakte zu knüpfen.“ Er setzt den Queue an und versenkt die gelbe Kugel. „Auch beim Kickerturnier vor ein paar Wochen war ich dabei. Ich habe den fünften Platz belegt – ein tolles Erlebnis.“
Langsam füllt sich die Hängematte. Lachen und Gemurmel erfüllen die farbenfrohen Räume. Was heute noch alles passieren wird? „Wir werden sehen. Es bleibt spannend wie immer. Und genau das ist das Schöne an der Hängematte“, betont Sandi.
Öffnungszeiten und Infos
Der offene Treff in der Hängematte ist immer dienstags bis donnerstags von 14 bis 19 Uhr und jeden Freitag von 15 bis 20 Uhr.
Du hast Fragen?
Dann melde dich unter Telefon 09661/510192 oder bleib bei Instagram @juz_haengematte auf dem Laufenden.
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