Erwin Voit ist in den vergangenen Jahren viele Male in dem Gebäude gestanden, das einst das Amberger Josefshaus gewesen ist. Immer wieder hat er Pläne geschmiedet und wieder verworfen, hat überlegt, wie er dem ehemaligen Amberger Veranstaltungstempel, den er gekauft hatte, eine passende Nachfolgenutzung geben kann. Heute ist er wieder da, gemeinsam mit Architekt Georg Zunner. Das Josefshaus existiert nicht mehr, es heißt nun Prechtl-Haus. Benannt nach dem bekannten Amberger Künstler, der hier an der Fassade einst eines seiner ersten Werke angebracht hat. Und getanzt wird nur noch im privaten Rahmen: 16 Eigentumswohnungen haben inzwischen ihre Besitzer gefunden und sind auch schon bewohnt.
Dass heute im ehemaligen Saal des Josefhauses im Erdgeschoss die Autos der Bewohner parken – es sollte ursprünglich nicht sein. Nachdem das Haus im Dezember 1996 nach dem Neubau des ACC in unmittelbarer Nachbarschaft geschlossen und ein Jahr später für eine Million D-Mark in zwei Teilen verkauft worden war, passierte mit dem Saalbau aus den 1950er Jahren erst einmal nicht viel. Der neue Eigentümer lagerte darin seine Waren, später verkaufte er das Gebäude an den Amberger Unternehmer Klaus Herdegen, der hier die Idee eines Hotels mit Bezug zum Luftkunstort Amberg verwirklichen wollte.
Event-Location geplant
Weil aber Herdegen als geschäftsführender Gesellschafter von Lüdecke mit der Expansion des Unternehmens und einem Zukauf damals stark ausgelastet war, gab er das Josefshaus an Erwin Voit, Eigentümer einer betontechnischen Spezialfirma in Amberg, weiter. Voit hielt zunächst an den Hotel-Planungen fest, suchte sich sogar einen neuen Interessenten, als sich herausstellte, dass die Luftpläne in der Gebäudeschale so nicht verwirklicht werden konnten. "Denen waren das dann aber zu wenig Fläche und Zimmer", schildert Erwin Voit den Grund dafür, warum das Josefshaus kein Hotel geworden ist.
Es entstand daher die Idee, das "alte" Konzept des Josefshauses wiederzubeleben: als Event-Location. "Wir hatten dafür junge Amberger Leute, die das machen wollten." Es sollte eine Nutzung zwischen Yoga-Kurs und Disco werden. Mit veränderbaren Raumgrößen, wild, laut und kreativ. "Die Verträge waren bereits unterschriftsreif", schildert Voit, wie weit die Planungen schon gediehen waren. Nur ein "Hindernis" stand der Unterschrift noch im Weg: die Formalien. "Wir hätten für die Umsetzung einen Bebauungsplan gebraucht", sagt Architekt Georg Zunner, der das Vorhaben noch heute "mega-cool" findet. Das hätte aber mindestens zwei Jahre an erneuter Planung, an Lärmgutachten und Stellplatznachweisen bedeutet. Verbunden mit der Unsicherheit, dass jederzeit jemand gegen diesen Bebauungsplan klagen und die Umsetzung des Konzepts noch einmal um Jahre verzögern konnte.
Die Notbremse gezogen
Erwin Voit zog daraufhin die Notbremse und stoppte das Projekt. "Die jungen Leute, die das machen wollten, waren darüber wirklich sehr, sehr traurig", erzählt er. Doch Voit wollte das unabwägbare Risiko nicht eingehen und wählte den sicheren Weg in den Umbau in 16 Eigentumswohnungen samt Stellplatz im ehemaligen Saal sowie Kellerabteil. Vier Jahre dauerte die Planung und Umsetzung alleine dafür, zweieinhalb Jahre davon nahmen die eigentlichen Bauarbeiten in Anspruch. Die Corona-Pandemie trat kräftig auf die Bremse, was normalerweise in einem Jahr zu schaffen ist, dauerte nun zwei.
Der Umbau war aber auch extrem aufwendig, wie Georg Zunner schildert. Die Bausubstand aus der Mitte der 1950er Jahre war extrem schlecht, gleichzeitig musste auf die Überreste der Stadtmauer Rücksicht genommen werden, die bereits in die beiden ersten Bauten aus den Jahren 1893 und 1905 integriert worden waren. Eigentlich, so sagt es Zunner, hätte das Josefshaus angesichts einer eher fragwürdigen Statik längst einstürzen müssen. 90 Mikrobohrpfähle wurden 13 Meter tief in den Untergrund getrieben, um das Bauwerk zu stützen, eine Art Tisch aus Beton verleiht dem Gebäude jetzt wieder die notwendige Stabilität. "Es war sicher kein Zuckerschlecken", sagt Erwin Voit mit einem wehmütigen Blick auf das Projekt, das viel Zeit, Geld und Nerven verschlungen hat.
Jetzt spielt wieder eine Band
Aber jetzt ist das Prechtl-Haus fertig, die Wohnungen sind bezogen. Schön ist es geworden mit den hölzernen Verkleidungen, den Balkons mit den Jalousien sowie den kleinen Reminiszenzen an das frühere Josefshaus. Da ist zum einen das originalgetreu wieder auf den Putz aufgetragene Sgraffito, das dem Amberger Künstler Michael Mathias Prechtl zugeschrieben wird. Wohl eines seiner ersten öffentlichen Werke. Und dann ist da noch in der alten "Laterne" des Gebäudes ein Kunstwerk des Bärnauers Herbert Lanke, der aus Metall eine Band geformt hat. Schließlich war das Josefshaus die Kultstätte des Amberger Beat und Rock. Hier fanden legendäre Konzerte statt, hier erlebten Bands wie Major Knockout ihre größten Triumpfe. Ein Foto des inzwischen verstorbenen Majors-Sängers Georg Übler sticht aus der Zusammenstellung der historischen Aufnahmen heraus, die Georg Zunner nach einem Aufruf bei Oberpfalz-Medien zugeschickt bekommen hat.
Während das Kunstwerk sehr gut angenommen worden ist, gab es wegen der außergewöhnlichen Fassadenfarbe dann doch gewisse Irritationen. Zahlreiche Amberger fanden das strahlende Lila nicht passend. "Dabei ist das die originale Farbe", erzählt Architekt Georg Zunner. Das Josefhaus war ursprünglich außen lila, das Prechtl-Haus ist es den Wünschen der Denkmalpfleger entsprechend jetzt auch. Irgendwann wurde die Farbe nur mit dem farblosen rostbraun der vergangenen Jahrzehnte überstrichen. Georg Zunner und Erwin Voit sind zufrieden mit dem Ergebnis ihrer gemeinsamen Arbeit. Und während Voit tief durchatmet, plant Zunner schon wieder. Man könnte doch...
Ein kurzer Abriss über die Geschichte des Josefshauses
- 1. Juni 1892 Grundsteinlegung für das Josefshaus
- 1893 Eröffnung
- 1905 Erster Umbau und Erweiterung
- 1954/55 Umfassende Sanierung und Erweiterung um den Saalbau - das Josefshaus dient zu dieser Zeit auch als Spielstätte für das geschlossene Amberger Stadttheater
- Das Josefshaus wird auch Hotel mit modernster Einrichtung
- 1979/80 Erneute Sanierung durch die Kolpingsfamilie
- Dezember 1996 Schließung
- 1997 Verkauf in zwei Teilen für insgesamt eine Million Mark - der vordere Teil wird Pizzeria, den Saalbau kauft ein Amberger, der das Gebäude aber nicht nutzt
- 2016 Verkauf an Klaus Herdegen, der hier ein Hotel bauen will
- 2018 Verkauf an Erwin Voit
- 2022 Fertigstellung nach Sanierung und Umwandlung in Eigentumswohnungen
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