Das alte Notstain-Haus in Amberg wird Lokal mit Namen Notstain

Amberg
03.02.2021 - 16:15 Uhr
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Draußen sitzen, die lauen Abende mit Freunden genießen, das sollte in der Nach-Corona-Zeit wieder zum Alltag gehören. Daran glauben zumindest die Leute, die daran arbeiten, aus dem alten Amberger Notstain-Gebäude ein Lokal zu machen.

Das Anwesen Schiffgasse 5 wird nach seiner Fertigstellung im Sommer 2022 ein Lokal über zwei Etagen sowie vier Wohnungen beinhalten.

Als Fabian Schmidt, der Geschäftsführer der Amberger Wohnwert-Bau, im März 2019 das Anwesen Schiffgasse 5 gekauft hat, um es zu sanieren, hatte er so ein oder zwei Ideen, was daraus werden könnte. Natürlich sollte zeitgemäßer Wohnraum in der Altstadt geschaffen werden, wo zuletzt noch Menschen unter zum Teil erbärmlichen Bedingungen gehaust haben. Was aber nicht nur seiner Ansicht nach an dieser wunderschönen Stelle hinter der Martinskirche direkt an der Vils fehlt, ist ein Lokal. Ein gastronomischen Entree in die Schiffgasse, dieser über viele Generationen gar so unterschätzen Schönheit am Fluss.

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Amberg18.12.2020

Und so wuchs und gedieh die Idee: Dort, wo der legendäre Jon Notstain über Jahrzehnte Schuhe, Uhren, Münzen und vieles mehr verkauft hat, sollte ein Speise-Lokal entstehen. Ein gastronomisches Angebot vom Frühstück bis zum gepflegten Abendessen. Der Name für diese Lokalität drängte sich förmlich auf, war er doch in das eiserne Gitter geschmiedet, das den Laden lange geziert hat: Notstain. Eine Reminiszenz an den legendären Kaufmann mit der unvermeidlichen Pelzmütze und dem Hang zum an sich verbotenen Taubenfüttern. Der bis ins hohe Alter auf seinem Stuhl an der Vils saß und seine zuletzt sehr selten werdenden Kunden bediente.

Dort, wo lange Notstain drauf stand und künftig wieder stehen wird, war natürlich nicht immer Notstain drin. Das Anwesen Schiffgasse 5 ist immerhin auch schon fast wieder 550 Jahre alt. Erbaut um das Jahr 1476 als Abschluss- und Eckhaus an der damals wohl sehr belebten Vilslände, über die der reiche Amberger Handel abgewickelt wurde. Hier wurden Eisenerz, Salz und andere Luxuswaren umgeschlagen, hier war es laut und gut gerochen dürfte es auch nicht unbedingt haben.

Ab Mitte des 16. Jahrhunderts diente es als Benefiziatenhaus, als Unterkunft für einen Kleriker von St. Martin. Die prächtigen Stuckdecken in einigen Räumen, sogenannte Herz-Jesu-Decken, erzählen bis heute diese Geschichte. Und sie sind gemeinsam mit dem etwas fremd wirkenden Krüppelwalm von 1779 als Giebel ein Beleg dafür, dass dieses Haus im Lauf der Jahrhunderte immer und immer wieder verändert worden ist. "Wahrscheinlich wurde hier alle 20 bis 25 Jahre umgebaut", vermutet Nico Sticke, der das Gebäude gemeinsam mit Fabian Schmidt und dessen Vater Wolfgang herrichtet.

Insofern ist es für die Bauherren auch schwierig, einen Urzustand im Sinne des Denkmalschutzes herzustellen. Nico Sticke, der Stuckateur ist beispielsweise ein Fan der Herz-Jesu-Decken. Wolfgang Schmidt hingegen, der Zimmerer, hält die Bohlen-Balken-Decken aus der Entstehungszeit des Hauses, die darunter liegen, für wesentlich wertvoller. Am Ende werden natürlich die Stuck-Decken gewinnen, doch das ist ohnehin im Augenblick das geringere Problem. Zunächst einmal muss das ganze Gebäude einmal strukturiert werden.

Die Umbauten der Jahrhunderte haben ihre Spuren hinterlassen, Wände stehen nicht mehr übereinander. Für den Krüppelwalm, den die Bauherren liebend gerne durch den originalen Spitzgiebel ersetzen würden, wurde munter am Dachstuhl gesägt. Und doch: Im Sommer 2022 soll alles fertig sein.

Vier Männer stehen an diesem kalten Winternachmittag in den ehemaligen Verkaufsräumen von Jo Notstain in der Schiffgasse. Fabian und Wolfgang Schmidt sowie Nico Sticke sind Partner bei der Wohnwert-Bau, sie sind es gewohnt, sich richtig schmutzig zu machen, sind sich für keine Aufgabe zu schade. Person Nummer vier sticht ein bisschen heraus.

Der Mann trägt keine Arbeitsklamotten und hat auch kein Werkzeug in der Hand. Aber Daniel Hoffmann, so sein Name, kommt im künftigen Notstain eine zentrale Rolle zu: er wird der Eigentümer des Lokals sein.

Viele Amberger kennen Daniel Hoffmann – er betreibt derzeit das Café Colomba samt angeschlossenem Catering am Markplatz. Mit dem Notstain an der Schiffgasse geht er jetzt den nächsten Schritt. Das Notstain wird sich ab Sommer 2022 über zwei Etagen erstrecken. Im Erdgeschoss wird die große Theke dominieren, hier sollen unter anderem Cocktails ausgeschenkt werden, es ist das Tor zum großzügigen Außenbereich, der im Sommer barrierefrei vom Notstain aus zugänglich sein wird. „Wir wollen ein Lokal schaffen, das von 9 bis 12 Uhr Frühstück anbietet, das von Mittagessen über Kaffee und Kuchen und Abendessen alles bietet“, umreißt Daniel Hoffmann das Konzept.

Gaststube im Obergeschoss

Im Obergeschoss des Lokals werden ganz normale Gasträume zu finden sein, ein Kaminzimmer für private Veranstaltungen und natürlich die Küche. In der warmen Jahreszeit wächst das Notstain dann auch auf die Straße hinaus. Bestuhlt wird direkt vor dem großen Schaufenster – dafür wird sogar ein Parkplatz rückgebaut. Besonders stolz sind Daniel Hoffmann und Fabian Schmidt aber darauf, dass auch die Vilsseite auf voller Hauslänge gastronomisch genutzt werden darf.

Bleibt die Frage, ob die Schiffgasse überhaupt die Frequenz besitzt, um ein oder sogar zwei Lokale – für das ehemalige Stadtarchiv am anderen Ende der Gasse steht ja nach wie vor Gastronomie zur Debatte – unterhalten zu können. Daniel Hoffmann und Fabian Schmidt haben im vergangenen Sommer einfach mal den Zähltest gemacht. Zwei Stunden lang haben sie sich ans Vilsufer gesetzt und geschaut, wie viele Menschen hier so durchschnittlich durchkommen. Das Ergebnis hat sogar die eingefleischten Optimisten überrascht. „Es waren 392 Leute in zwei Stunden“, erzählt Daniel Hoffmann.

Unabhängig vom Colomba

Organisatorisch soll das Notstain übrigens unabhängig vom Colomba laufen. „Es wird einen eigenen Geschäftsführer oder eine Geschäftsführerin geben und ein eigenes Team“, umreißt Hoffmann das Konzept, das er in den vergangenen Monaten detailliert ausgearbeitet hat. „Wir können im Augenblick ja ohnehin nichts anderes machen, deshalb habe ich Zeit dafür“, hebt er auf die Beschränkungen ab, die Corona gerade der Gastronomie derzeit zumutet.

„Das meiste steht jetzt schon, wir können eigentlich anfangen“, ergänzt Daniel Hoffmann und ist sich mit Fabian Schmidt einig, dass das Notstain tatsächlich pünktlich zur Freiluftsaison 2022 aufmachen kann. Corona fürchten die beiden übrigens nicht. Sie vertrauen fest darauf, dass in eineinhalb Jahren die Pandemie kein Thema mehr sein wird. Und selbst wenn: Ein Worst-Case-Szenario haben sie natürlich auch ausgearbeitet.

Das Team rund um die Schiffgasse 5 (von links): Notstain-Betreiber Daniel Hoffmann sowie das Team der Wohnwert-Bau bestehend aus Fabian Schmidt, Nico Sticke und Wolfgang Schmidt.
 
 

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