Wenn Thomas Appel und "sein" Amberger Sinfonieorchester traditionell am letzten Tag des Jahres zum Silvesterkonzert ins Stadttheater einladen, dann ist das altehrwürdige Kulturkleinod immer rappelvoll. Weil die Amberger wissen, was sie an diesem grandiosen Klangkörper haben. Eine gelungene, zu absoluten Höchstleistung fähige Mischung aus erfahrenen Orchestermusikern und Novizen, die sich hier ihre ersten Sporen in einem "richtigen" klassischen Orchester verdienen können.
Für dieses Jahr hatte Thomas Appel vor der Pause ein durchaus anspruchsvolles Programm ausgesucht. Gerade das Konzert für Violine und Orchester in g-Moll von Max Bruch hatte es vor allem für die Solistin Valerie Rubin in sich. Dazu aber später. Das Licht geht aus, das Orchester stimmt die Ouvertüre von Ferdinand Hérolds einziger Oper "Zampa" an und es kommt der Gedanke, dass so eine Ouvertüre – das "Best Of" der normalerweise folgenden Oper und Operette, ganz gut so ein abgelaufenes Jahr spiegelt.
Ein Spiegel des Jahres
Für die einen zog 2023 eher in einem düstern Moll vorbei, die anderen erlebten das vergangene Jahr in einem lauten Dur. Aber meistens ist so ein Jahr eine Mischung aus allem. Es ist laut und leise, traurig und fröhlich, es galoppiert wie eine Polka vorbei, schwebt im Walzertakt dahin und leider wird in letzter Zeit auch wieder viel marschiert auf unserer Welt. All dieses Stimmungen weiß das Amberger Sinfonieorchester musikalisch umzusetzen. Präzise folgt es dabei dem Dirigenten, spielt auf den Punkt genau und nimmt die Herausforderungen dieser durchaus anspruchsvollen Ouvertüre mit Bravour an.
Das gilt auch für das Hauptstück an diesem Abend, das lange vergessene Konzert für Violine und Orchester in g-Moll von Max Bruch (1838 bis 1920). Bruch, der im Gegensatz zu Max Reger oder Richard Wagner eher zu den musikalisch konservativen Vertretern der Romantik gehörte, schuf damit ein Stück voller Klangschönheit, eingängiger Melodik und von sehr klaren Strukturen, welches aber gerade den Violinsolisten technisch einiges abverlangt.
Valerie Rubin in Bestform
Valerie Rubin, Professorin für Geige an der Hochschule für Musik in Nürnberg, hat ihren Max Bruch im Griff. Bis in die höchsten Töne hinauf spielt sie absolut rein. Das lyrische Adagio lässt ihre Violine schweben, das Orchester gibt ihr den Raum, nimmt sich vornehm zurück und vermeidet es, die zarten Töne der Geige durch pure Lautstärke zu erdrücken. Selbst das ausgefuchste Doppelgriffspiel, welches das Finale des Konzerts von ihr verlangt, stellt sie vor keinerlei Probleme. Obwohl das Stück beileibe kein Gassenhauer der Klassik ist, das Publikum dankt der Solistin und dem Orchester mit lang anhaltendem Applaus.
Die "Gassenhauer" stehen dann nach der Pause auf dem Programm. Schließlich soll ja das werte Publikum leicht und beschwingt ins neue Jahre hinein rutschen. Die Ouvertüre der Operette die "Fledermaus" von Johann Strauß Junior ist hier allerbeste Wahl. Die etwas verunglückte Verfilmung aus dem Jahr 1962 mit dem leider auch schon vergessenen unvergesslichen Hans Moser als Frosch gehörte in den 1960er und 1970er Jahren über viele Jahre hinweg zum Standard im Fernsehprogramm des Silvestertages.
Danach gibt es Giocchino Rossini mit der Ouvertüre aus der Oper "Die diebische Elster". Mit dem typischen Trommelwirbel als Einleitung. Sehr eingängig, viel Militärmusik, dazwischen Walzer. Ein buntes Potpourri eingängiger Wiener Melodien präsentiert danach die Ouvertüre der Operette "Pique Dame" von Franz von Suppé, bevor es mit dem Filmmedley "Star Trek", das Calvin Custer arrangiert hat, hinaus in die Fernen des Weltalls geht. Filmmusik bedeutet gerade für die Bläser und Perkussionisten absolute Schwerstarbeit. Kein Problem für das Amberger Sinfonieorchester. Ästhetisch sieht man in seiner Interpretation die Raumschiffe durch die unendlichen Weiten des Weltalls schweben. Leider bietet sich das für die Realität – noch – nicht an. Vielleicht sollten wir lieber ein bisschen besser auf unseren alten Planeten achten, bevor wir unsere Augen ins Weltall richten. Mit oder ohne Musik.
Dann ist auch schon Schluss. Ohne Zugabe will das Publikum das Orchester aber nicht in die Silvesternacht entlassen. Die Zuschauer werden reichlich belohnt und traditionell stimmt das Amberger Sinfonieorchester zum Abschluss den Radetzky-Marsch an. Und wer das Sinfonieorchester das nächste Mal live erleben will, hat dazu am Karfreitag im ACC die Gelegenheit. Dort tritt es gemeinsam mit dem Amberger Oratorienchor um 19 Uhr auf.
Weitere Auftritte des Amberger Sinfonieorchesters
- Karfreitag, 29. März, 19 Uhr, ACC, Gemeinsam mit dem Amberger Oratorienchor: Passion von G.A. Homilius
- Silvester, 31. Dezember 2024, 19 Uhr, Stadttheater Amberg. Solist Sandro Hirsch, Solotrompeter der Bamberger Symphoniker
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