Amberg
29.10.2018 - 10:33 Uhr

Ausstellung über den Krieg in seiner ganzen Grausamkeit

Plünderung, Vergewaltigung, Tod und Verderben. Drei Jahrzehnte lang tobt zwischen 1618 und 1648 ein erbarmungsloser Krieg durch Mitteleuropa. Auch die Menschen in der heutigen Oberpfalz leiden erbärmlich darunter.

Großes Interesse für ein wichtiges Thema. Die Eröffnung der Ausstellung „Menschen im Krieg. Die Oberpfalz 1618 bis 1648“ lockt zahlreiche Besucher ins Staatsarchiv an der Archivstraße. Links im Bild: Till Strobel. Bild: Stephan Huber
Großes Interesse für ein wichtiges Thema. Die Eröffnung der Ausstellung „Menschen im Krieg. Die Oberpfalz 1618 bis 1648“ lockt zahlreiche Besucher ins Staatsarchiv an der Archivstraße. Links im Bild: Till Strobel.

Das Datum hätte nicht besser passen können: Am 24. Oktober 1648 wurde der Westfälische Frieden unterzeichnet, der den Wahnsinn endlich stoppte. Auf den Tag genau 370 Jahre später eröffnete Maria Rita Sagstetter die Ausstellung "Menschen im Krieg. Die Oberpfalz 1618 bis 1648" in den Räumen des Bayerischen Staatsarchivs an der Archivstraße.

Ein Jubiläum, das in den Feierlichkeiten zum Ende des Ersten Weltkriegs beinahe drohte unterzugehen. Jochen Rösel, Till Strobel und Erwin Stoiber haben sich dem Thema Dreißigjähriger Krieg aus einer sehr lokalen Perspektive gewidmet. Die heutige Oberpfalz kann nicht mit großen Schlachten dienen, doch litt die Bevölkerung an ständigen Durchzügen von Truppen, an Belagerungen oder Einquartierungen. Jochen Rösel bediente sich in seinem Vortrag des theatralischen Talents von Michael Ritz, dem Leiter des Theuerner Kulturmuseums, um die an sich trockenen Aktentexte höchstlebendig werden zu lassen.

1618, so Jochen Rösel, standen weite Teile Mitteleuropas vor einer Katastrophe. Die Fürsten versuchten zu diesem Zeitpunkt ihre Herrschaft mit wenig Personal durchzusetzen, sie hatten allerorten Probleme mit der Organisation und der Demonstration ihrer Macht. Einen Krieg, wie den nun folgenden, konnten sie gar nicht aus eigenen Kräften führen. Sie waren daher auf gedungene Heerführer wie den böhmischen "Warlord" Albrecht von Wallenstein angewiesen, die plündernd und marodierend durch die Lande zogen.

Dabei war es relativ egal, wie die im Staatsarchiv ausgestellten Quellen und Urkunden zeigen, ob die Gewalt an der einfachen Bevölkerung vom Feind oder vom Freund ausging. Die Bewohner der Dörfer und Städte erlebten einfach nur Brutalität von allen Seiten, Deutschland verlor während der 30 Jahre, die der Krieg dauerte, rund ein Drittel seiner Einwohner. Dabei erwischte es oft die ungeschützten Dörfer stärker als die mauernbewehrten Städte. Amberg zum Beispiel wurde nicht erobert, litt allenfalls an den Einquartierungen der kaiserlichen Truppen. Das deutlich kleinere Weiden hingegen ging in Flammen auf und musste fast vollständig neu aufgebaut werden.

Im Vortrag entwickelten Eingaben an die Regierung in Amberg oder Schilderungen von Beamten erst die Grausamkeit und das Elend, das die Menschen im Krieg erleben mussten. Beispiel Waidhaus, Winter 1640/41: Die Bewohner des Dörfchens an der Grenze zu Böhmen bekommen es zunächst mit den schwedischen Truppen unter Feldmarschall Johan Banér zu tun. Wochenlang verstecken sich die Menschen bei eisiger Kälte mit dem bisschen Hab und Gut, das sie retten können, im Wald. Endlich zieht Banér ab.

Doch schon im März 1641 kommt Erzherzog Leopold Wilhelm mit seinen Truppen - eigentlich ein Verbündeter der Waidhauser. Doch der Quartiermeister des Löwenstein'schen Regiments verschafft sich gewaltsam Zugang zum Dorf, das daraufhin geplündert und zerstört zurückbleibt. Die Vorräte werden mitgenommen oder an die Pferde verfüttert, das Vieh geschlachtet und aufgeladen. Fazit: Der Schaden durch die Schweden beträgt am Ende "nur" 2000 Gulden, die Kaiserlichen verursachen knapp 4000 Gulden.

Bevor Till Strobel durch die Ausstellung führte, verglich Jochen Rösel noch die beiden Friedensschlüsse von 1648 und 1945. Letzterer brachte Mitteleuropa eine Friedensperiode von jetzt 70 Jahren. "Der Westfälische Frieden hingegen hat zwar den Krieg beendet, die Kämpfe aber gingen weiter."

Die Ausstellung "Menschen im Krieg" ist bis zum 30. November im Staatsarchiv Amberg, Archivstraße 3, zu den üblichen Öffnungszeiten zu sehen. Führungen können unter der E-Mail poststelle[at]staam.bayern[dot]de sowie, telefonisch unter 09621/307-911 vereinbart werden. Am Donnerstag, 22. November, um 19 Uhr referiert Professor Fritz Dross von der Uni Erlangen über "Wallensteins Zipperlein: Die Krankheiten des Feldherrn und seiner Soldaten.

Eröffnung der Ausstellung "Menschen im Krieg".Die Oberpfalz 1618 bis 1648 im Staatsarchiv in Amberg. Im Bild Jochen Rösel (links) und Michael Ritz (rechts). Bild: Stephan Huber
Eröffnung der Ausstellung "Menschen im Krieg".Die Oberpfalz 1618 bis 1648 im Staatsarchiv in Amberg. Im Bild Jochen Rösel (links) und Michael Ritz (rechts).
Eröffnung der Ausstellung "Menschen im Krieg".Die Oberpfalz 1618 bis 1648 im Staatsarchiv in Amberg. Bild: Stephan Huber
Eröffnung der Ausstellung "Menschen im Krieg".Die Oberpfalz 1618 bis 1648 im Staatsarchiv in Amberg.
Eröffnung der Ausstellung "Menschen im Krieg".Die Oberpfalz 1618 bis 1648 im Staatsarchiv in Amberg. Michael Ritz Bild: Stephan Huber
Eröffnung der Ausstellung "Menschen im Krieg".Die Oberpfalz 1618 bis 1648 im Staatsarchiv in Amberg. Michael Ritz
Eröffnung der Ausstellung "Menschen im Krieg".Die Oberpfalz 1618 bis 1648 im Staatsarchiv in Amberg. Jochen Rösel Bild: Stephan Huber
Eröffnung der Ausstellung "Menschen im Krieg".Die Oberpfalz 1618 bis 1648 im Staatsarchiv in Amberg. Jochen Rösel
 
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