Möglich macht das ein Rücktritt, der in der nächsten Stadtratssitzung am Montag, 3. Juni, vollzogen werden soll. Die langjährige Stadträtin Barbara Lanzinger will ihr Mandat neun Monate vor der nächsten Kommunalwahl niederlegen. Das bestätigte die 64-Jährige auf Nachfrage. Lanzinger gehört dem Gremium seit 1990 an, könnte also bis 2020 ihren Dreißiger vollmachen. Aber darauf kommt es ihr nicht an. "Ich will dem Nachrücker die Chance geben, zu zeigen, was er kann", sagt sie. Der Nachrücker, das ist Stefan Ott, der bei der Kommunalwahl 2014 den Einzug in den Stadtrat knapp um 90 Stimmen verpasste.
Nicht-Stadtratsmitglied Ott war ein Jahr später zum Vorsitzenden des CSU-Kreisverbandes Amberg-Stadt gewählt worden und hat heuer im Februar nach vier Jahren überraschend seinen Rückzug aus diesem Amt erklärt. "Aus persönlichen Gründen", wie er damals verlauten ließ. Seither wurde aber auch spekuliert, ob nicht parteiinterne Erwägungen eine Rolle gespielt haben und sich manche einen Neuanfang wünschten. Fakt ist, dass im April Stadträtin Michaela Frauendorfer (54) zu Otts Nachfolgerin gekürt wurde und Matthias Schöberl (44, er war bereits von 2002 bis 2008 Stadtrat) als einer ihrer Stellvertreter in die Kommunalpolitik zurückkehrte. Lanzinger muss ihren Rücktrittswunsch der Stadt gegenüber nicht näher begründen. Der Stadtrat ist allerdings gehalten, über den Antrag abzustimmen.
Die 64-Jährige stellt ihren Schritt in den Kontext ihres bisherigen Verhaltens. Sie habe immer wieder für Jüngere Platz gemacht, erklärt sie. Beispielsweise sei sie 2003 vom Amt als stellvertretende Bürgermeisterin zurückgetreten, Michael Cerny folgte ihr nach. 2011 habe sie den Posten der CSU-Kreisvorsitzenden für Martin Preuß geräumt. Für den Sommer plane sie auch ihren Rückzug von der Spitze des Bezirksverbandes der Frauen-Union. Lanzinger: "Ich gehöre bestimmt nicht zu der Art von Politikern, die nicht wissen, wann es Zeit ist, aufzuhören."
2014 über 5000 Stimmen
Rückzug auch bei FU
Stefan Ott hat eine Anfrage der Stadtverwaltung, ob er bereit sei, in den Stadtrat nachzurücken, bereits positiv beschieden. "2014 habe ich es knapp nicht geschafft, obwohl ich über 5000 Stimmen hatte ", erklärt er. "In jeder anderen Partei wäre ich mit dem Ergebnis reingekommen." Darum sehe er durchaus eine Verpflichtung dem Wähler gegenüber. "Was in der Zukunft wird, werden wir sehen", blickt er auf die in zehn Monaten bevorstehende Kommunalwahl voraus. Die Parteien bereiten sich ja bereits darauf vor und arbeiten an einer möglichen Listenaufstellung. Dabei gelten in der CSU amtierende Stadtratsmitglieder als gesetzt.
Ott zeigt sich einer neuerlichen Kandidatur für 2020 nicht abgeneigt. "Ich halte es für sinnvoll, dass jemand, der dem Stadtrat angehört und in meinem Alter ist, erneut antritt, wenn es die persönlichen Gründe zulassen."
Lanzinger setzt Zeichen
So schnell dreht sich der Wind: Hatte es im Februar noch so ausgesehen, als habe die politische Karriere des Stefan Ott ein abruptes Ende gefunden, steht er plötzlich wieder im Rampenlicht. Barbara Lanzinger stellt dem Ammersrichter ein gutes Zeugnis aus. Er habe seine Arbeit in den vier Jahren als Chef der Amberger CSU mehr als ordentlich gemacht, sagt sie. Deswegen bekümmerte sie offenbar der Gedanke, der 39-Jährige würde sang- und klanglos in der Versenkung verschwinden. Ott spricht im Gegenzug von einem „ehrenwerten Verhalten“ Lanzingers. Das alles stützt die Wahrnehmung, dass der Rücktritt im Februar nicht nur aus rein „persönlichen Gründen“ erfolgte. Da muss es zumindest geknirscht haben hinter den Kulissen. Jetzt setzt Lanzinger ein Zeichen.
Uli Piehler