Der Anlass dieses Kabarett-Abends im Amberger Stadttheater war der 80. Geburtstag von Eckhard Henscheid, mit dem Polt seit langer Zeit ein freundschaftliches Verhältnis pflegt. Dem Amberger Publikum konnte es nur recht sein, denn so durfte es dabei sein, wenn vier Profis auf der Bühne ihr kabarettistisches und musikalisches Können unter Beweis stellten. Die Eltern der Wellbrüder, Lehrer aus dem Biermoos bei Fürstenfeldbruck, scheinen dabei einen besonderen Wert in die musikalische Früherziehung ihrer fünfzehn Kinder gelegt zu haben. Gefühlt das gesamte Instrumentarium eines Orchesters (ohne Schlagwerk) wurde dem Publikum von den drei Brüdern an diesem Abend präsentiert. Dabei überzeugten sie nicht nur mit schierer Menge, sondern auch mit Können. Dem standen ihre tiefgründigen Arrangements der Stücke in keinster Weise nach.
CSU und katholische Kirche
Wie schon die Biermösl Blosn seinerzeit, so verwebt auch die neue Besetzung der Well-Brüder immer wieder traditionelle bayerische Elemente der Volksmusik mit allen möglichen musikalischen Einflüssen dieser Welt. Wer jetzt aber denkt, es handele sich bei dem dargebotenen um modern interpretierte Volksmusik, der irrt. Die Well-Brüder persiflieren. Sie nutzen ihre Kunst, um dem Publikum den Spiegel vorzuhalten. Radikal überzeichnen sie dabei alles was das bayerische Heimatgefühl – speziell im ländlichen Raum – auszumachen scheint. Von der Dorfstruktur mit ihrem Vereinsleben, beispielsweise dem Feuerwehrfest mit Händel-Variationen auf der Trompete – die Feuerwehrmusik in vier Sätzen – hin zum Grundmotiv: CSU und katholische Kirche. Dieses gibt auch Gerhard Polt genügend Stoff für sein Kabarettprogramm. Als geschickter Beobachter pointiert er jedoch überwiegend Alltagssituationen. So spricht er das Publikum immer im Singular, natürlich per Du, an, als wäre er ein alter Freund, der einem gerade erzählt, was er kürzlich erlebt hat.
Polt als bayerischer Grantler
Was wie improvisiert wirkt ist auf das Höchste herausgearbeitet. Seine Halbsätze und Gedankensprünge führen so in seinen kurzen Geschichten von A nach B, vom Ästchen aufs Stöckchen. Am Ende kommt man nie da an, wo man es am Anfang erwartet hat. Aber immer sind dabei aktuelle gesellschaftliche und politische Themen verarbeitet. Polt wird auch in seiner Art als bayerischer Grantler niemals trivial. Und schon seine gespielte, völlige Teilnahmslosigkeit während der Zwischenstücke der Well-Brüder ist preiswürdig. Denn, während sich diese ihrerseits über "das Bayerische" stellen und dabei höchstes Niveau zeigen, so stellt Polt sich mit seiner avantgardistischen, elitären Attitüde, die er dabei einnimmt über die Wells. Das ist feines Kabarett. Als diese Könner sich am Ende der Vorstellung mit einem Ständchen vor Eckard Henscheid verneigen, spendete das Publikum seinen Schlussapplaus nicht nur den vieren auf der Bühne, sondern auch dem Jubilar.
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