Der Tisch ist gedeckt, mit Spitzendecke und feinem Kristallglas, Festlich gefaltete Stoffservietten drapiert die Hausherrin (Michaela May) dazu. Der Hausherr (Krystian Martinek) sitzt bequem vor dem Fernseher. Die Freunde David und Catherine werden zum Abendessen erwartet. Er ist Anwalt und Geschäftspartner, sie enge Freundin und Ladenbesitzerin für Ziervögel. Da klingelt das Handy. David sagt ab. Einbrecher sind der Grund. Kleider, Schmuck und ein echter Degas von Catherines Großvater sind weg, Catherine ist auch nicht zu Hause und die Polizei noch nicht vor Ort.
Soweit die Vorgeschichte der Komödie „Der Sittich“ von Audrey Schebat, die am Freitagabend im Stadttheater in Amberg aufgeführt wurde. Einzige – prominente – Darsteller sind Michaela May und Krystian Martinek. Bekannte Namen, bekannte Gesichter. Sie mit etwas gezähmter Mähne, einmal im Plisseerock und Blazer, dann im elegant-teuren Seidenmorgenmantel über geschlitztem Negligé und schließlich in jugendlicher Bluse über enger Jeans. Er wenig wechselnd mit und ohne Sakko über grauer Hose und Hemd. Dafür aber mit sehr feinem, wandelbarem Spiel. Das beherrschen beide perfekt.
Es geht um das eigene Leben
Sie lassen den Text wirken, ernst und voller Fragen. Das ist die Kunst der ganz Großen, sich nicht zur Schau zu stellen und doch in die Tiefe zu wirken. Hier zeigt sich die Hand des erfahrenen Regisseurs Bernd Schadewald. Für seine Filme "Der Hammermörder", "Angst" oder "Schicksalsspiel" erhielt er zweimal den Adolf-Grimme-Preis, den Regiepreis der Akademie der Künste, den Telestar und weitere, teils internationale Auszeichnungen. Aber weiter in der rundum gelungenen Inszenierung. Zuerst überwiegt das Mitleid mit den Beraubten, dann folgen Mutmaßungen, dann Enthüllungen, die gar keine sind. Urplötzlich steht der Verdacht im Raum, Catherine könnte ihren Mann aus heiterem Himmel verlassen haben.
Der anfangs dahinplätschernde Disput gerät immer mehr aus den Fugen, weil keiner die Argumentation des anderen verstehen will. Jeder vertritt vehement seinen Standpunkt, stellt Mutmaßungen an und verzettelt sich in Missverständnissen und Fragen. Längst dreht es sich nicht mehr um die Freunde, es geht um das eigene Leben. Wo ist sie geblieben, die eigene Liebe? Alles nur Gewohnheit? Ein Leben im goldenen Käfig? Der schöne Schein vorbei, der Tisch abgeräumt und nackt.
Heftiger Applaus
Es sind die kleinen Hinweise, Bewegungen, Gesten, die berühren. Ein kurzer Tanz, eine Demonstration vom Nord- und Südteil des männlichen Körpers, eine Zurechtweisung zwischen blöd und einfältig mit passendem Augenaufschlag. Es ist die erste Bühnenarbeit von Audrey Schebat und sie ist überaus gelungen. Ernster Text, psychologische Tiefe, doppelbödiger Witz und französischer Esprit - nicht nur wegen Aznavour-Chanson und Eifelturm-Fotografie im Bühnenbild. Ein rundum vergnüglicher Boulevard-Abend, der heftig beklatscht wurde.
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