Amberg
02.10.2019 - 13:12 Uhr

Einkaufszentrum für Drogen

Das Paar hatte längere Erfahrung mit Drogen und nahezu immer heiße Ware im Haus. Vor dem Landgericht Amberg ist es nun um eine Vielzahl einzelner Deals gegangen. Mit süchtigen Leuten, die sich quasi die Klinke in die Hand gaben.

Haftstrafen erhielten ein 64-Jähriger und seine ehemalige Lebenspartnerin, die in einem Haus im Städtedreieck in weit über 100 Fällen Drogen verkauft hatten. Bild: Volker Hartmann/dpa
Haftstrafen erhielten ein 64-Jähriger und seine ehemalige Lebenspartnerin, die in einem Haus im Städtedreieck in weit über 100 Fällen Drogen verkauft hatten.

Im Städtedreieck gibt es ein Haus, das alle Juristen beim Amts- und Landgericht gut aus ihrer Praxis kennen. Die Immobilie taucht immer dann in Anklageschriften auf, wenn es um größere und kleinere Rauschgiftmengen geht. Aber auch bei Raubdelikten und gewaltsamen körperlichen Übergriffen stand diese Liegenschaft öfter mal im Mittelpunkt. Bisweilen fuhren dort auch Staatsanwälte vor, um polizeiliche Einsätze zu leiten.

Vor dem Amberger Landgericht ging es nun erneut um die besagte Adresse und um ein Paar, das eine Art Einkaufszentrum für Drogen betrieb. Beide Leute saßen auf der Anklagebank, brachten Vorstrafen mit und wollten ein Urteil revidiert haben, das heuer im Frühjahr beim Amtsgericht Schwandorf gefallen war. Nähere Personenbeschreibung: Er 64 Jahre alt und bei den Behörden ebenso bekannt wie seine 38-jährige Partnerin. Heute getrennt von Tisch und Bett lebend, bildeten beide in den Jahren 2015 und 2016 eine Art Anlaufstelle für einen Konsumentenkreis, der Crystal Meth bevorzugte.

Zur Debatte standen weit über 100 einzelne Geschäfte, die im Haus abgewickelt wurden. Die 3. Strafkammer unter Vorsitz von Richter Peter Hollweck hörte Zeugen. Darunter auch einen 25-Jährigen, der regelmäßig vorsprach und Crystal Meth kaufte. Unterdessen ist er längst abgeurteilt und hat nicht nur seine eigene Kasse geplündert, sondern auch im Hinblick auf späteres Erbe die Finanzbestände seiner Mutter. In der Gesamtschau formte sich für die Strafkammer der Eindruck, als ob da eine Drogenquelle war, die nie versiegte.

Worum ging es nun dem 64-Jährigen, der in erster Instanz zwei Jahre und acht Monate Haft und die Einweisung in den geschlossenen Rauschgiftenzug erhalten hatte? "Etwas weniger Haftstrafe halt", argumentierte Verteidiger Karl Holzapfel (Amberg) für seinen Mandanten. "Gut, unser Herz hängt nicht daran", argumentierte Richter Hollweck. Der geständige Mann bekam zwei Jahre und vier Monate. Die Einweisung in eine Therapie blieb. Diese Maßnahme wollte er ja selbst.

Die 38-Jährige hatte erstinstanzlich ein Jahr und zehn Monate ohne Bewährung erhalten. Auch sie bekam von der Kammer einen Strafnachlass, der sich bei 14 Monaten Gefängnis einpendelte. Neu war, dass die Frau (Ein Zeuge: "Sie hat in der Wohnung ihre eigenen Geschäfte gemacht") ebenfalls in eine längerfristige Entzugsmaßnahme wandert. Die Fachärztin Anna-Christine Wunder-Lippert (Nürnberg) hatte eine Dauer von zwei Jahren empfohlen. Wenn die Frau diese klinische Maßnahme erfolgreich durchsteht, braucht sie ihre Haftstrafe nicht mehr abzusitzen.

So endete die Geschichte vom Drogenladen, der keine festen Öffnungszeiten kannte. Nun warten Prozessbeobachter gespannt darauf, wann die Adresse im südlichen Landkreis Schwandorf wieder bei einem Prozess auftaucht. Das tut sie eigentlich schon seit vielen Jahren regelmäßig. Mit immer wechselnder Besetzung auf der Anklagebank.

 
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