In den letzten zehn Jahren mussten kunst- und kulturbeflissene Amberger darben. Und sich in der Kunst des Wartens üben. Hatte in den Nullerjahren Herbert Hottner mit seinem Ensemble Zentral regelmäßig pro Saison eine Inszenierung auf die Bühne gezaubert und dabei Weltliteratur von William Shakespeare, Harold Pinter oder Thornton Wilder im Lokal am Marktplatz zum Leben erweckt – so war im letzten Jahrzehnt die Bühne leer geblieben.
Gut, 2015, da hatte der leidenschaftliche Laienschauspieler das Stadttheater gemietet, um als Solist zweimal vor ausverkauftem Haus in der Komödie „Heute weder Hamlet“ zu brillieren. Aber seither war es künstlerisch ein bisschen stiller geworden um den Metzgermeister. Jetzt aber, im Frühsommer 2022, endet die Geduldsprobe – und zwar mit „Warten auf Godot“. Und während Wladimir und Estragon wie auch Pozzo und Lucky dieses Warten zum lustvoll-quälenden Menschheitsdrama erheben – darf Amberg aufatmen. Denn Herbert Hottner kehrt in Ensemblestärke zurück auf die Bühne. Und wer weiß: Vielleicht lässt sich ja sogar Godot sehen, im Zentral?
Das Theater leben und lieben
Aber auch die fünf mussten zuletzt viel erdulden. Denn eigentlich war das Comeback schon für März 2020 geplant. Die sattsam bekannten Umstände der Pandemie aber machten dieses Kalkül zunichte. Jetzt, kurz vor der Premiere am Pfingstsonntag, da ist Herbert Hottner Feuer und Flamme, wenn er davon erzählt, dass es schon immer sein Traum gewesen sei, diesen Samuel-Beckett-Klassiker auf die Bühne zu bringen. Als Mitspieler vertraut er auf Mitarbeiter, Gäste und routinierte Kräfte aus dem Stall von Schultheaterlegende Winnie Steinl – nämlich auf Andreas Guckenberger, Tobias Haller, Manuel Sailer und Mark Häckel.
Und mit Bettina Schönenberg hat sich das Ensemble zugleich eine künstlerische Beraterin ins Boot geholt, deren Aufgabe es ist, „die Weichen in die richtige Richtung zu stellen“. Spricht man mit der in Regensburg ansässigen Theaterpädagogin, so wird klar, dass sie die Arbeit des Ensembles ziemlich schätzt – und auch dem zentralen Baustein höchsten Respekt zollt: „Der Herbert, der lebt einfach die Theateridee!“ Und weil sie den Satz wiederholt, wird klar: Eigentlich hat sie „liebt“ gesagt.
Standbein und Spielbein
Bei den Proben freilich geht es nicht durchwegs lieb zu. Wer am Ende mehr als gönnerhaften Applaus des Publikums einheimsen will, muss auch bereit sein, seine Grenzen zu erkennen. Denn nur so lassen sie sich überschreiten. Bettina Schönenberg kommt auf eine weitere Qualität des Amberger Theaterfreaks zu sprechen: „Der Herbert ist ganz einfach beratungsoffen. Das Gegenteil von einem Sturkopf. Einer, der sich was sagen lässt.“ Denn ganz tief drinnen, da sei er eben vielleicht gar kein Metzger. Sondern ein ziemlich konstruktiver Mensch, der über Sensibilität ebenso verfüge wie über Kunstverstand.
Unterhält man sich mit ihm selbst, dann ist sofort zu spüren, wie viel Kraft der 61-Jährige vom Wirken auf den Bühnenbrettern bezieht. Aber nur Künstler zu sein? Nein, sich nur vom Nektar des Applauses zu nähren, das wäre eben dann auch nichts für ihn. Weil er ohne seinen Brotberuf gar nicht sein wollte. Deshalb ist diese Strategie der zwei Beine – des Standbeins und des Spielbeins – wohl sein höchstpersönliches Glücksrezept. Geduld und Warten, die fein ausgewogene Dosierung – alles das, was beispielsweise seine Weißwürste so schmackhaft macht – sie vermitteln ihm jenen Mehrwert, der sein Leben lebenswert macht.
Die letzten Jahre waren ohnehin von Auf- und Umbrüchen geprägt – nicht nur wegen Corona. Die Metzgerei hat er aufgegeben. Das Zentral wurde erweitert. Trotzdem steht der Theaterregisseur einmal in der Woche noch im Schlachthaus. Und bereitet Würste zu. Demnächst möchte er sogar Weißwurstseminare geben. Davor aber haben die Götter des Herbert Hottner noch die Premiere von „Warten auf Godot“ auf den Programmzettel gesetzt. Oben im ersten Stock. Auf einer Bühne, die mitten im Publikum steht. Um da zu bestehen, bedarf es nicht nur eines Spielbeins. Auch ein sicheres Standbein ist da unerlässlich.
Die Termine
- Premiere am Sonntag, 5. Juni,
- Montag, 6. Juni,
- Mittwoch, 8. Juni,
- Donnerstag, 9. Juni
- Sonntag, 12. Juni
- Montag, 13. Juni
- Dienstag, 14. Juni
- Beginn jeweils um 19.30 Uhr
- Tickets gibt es für 18 Euro im Zentral-Store
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