Es war am 30. September 1967. Landrat Karl Winkler und Guy de la Vasselais, Generalrat des Kantons Maintenon, besiegelten mit ihrer Unterschrift die Freundschaft zwischen dem damaligen Landkreis Sulzbach-Rosenberg und dem einstigen französischen Kanton Maintenon. 2016 wurden die Kantone in Frankreich neu strukturiert und Maintenon auf zwei Kantone aufgeteilt: Épernon und Auneau.
Der Bund war damals ein Novum: Es war die erste deutsch-französische Partnerschaft zwischen zwei Landkreisen. Bis dahin hatte es nur Partnerschaften zwischen Städten und Gemeinden gegeben.
55 Jahre sind seit der Unterschrift im Rathaus von Saint-Symphorien-le-Chateau vergangen. Ein Jubiläum, das nun zelebriert wurde. Eine Delegation um Landrat Richard Reisinger, unter anderem bestehend aus Kreisräten, der Blasmusik Gebenbach und den Fahnenschwingern aus Gebenbach, reiste nach Frankreich, um zu feiern, aber auch um den Eid der Partnerschaft zu erneuern.
Verständnis fördern
Ziel der Partnerschaft ist die Förderung kultureller, wirtschaftlicher und menschlicher Beziehungen, um durch ein besseres gegenseitiges Verständnis zum Gelingen von Frieden und Wohlstand beizutragen: der Einigung Europas.
Wie wichtig das ist, das betonte Reisinger in seiner Rede beim Festakt in Chartres, dem Sitz des Département-Rats von Eure-et-Loir, zu dem der ehemalige Kanton Maintenon gehört: „Großbritannien hat unser Haus verlassen, die verschiedenen Flüchtlingswellen waren nicht unbedingt ein Musterbeispiel an Solidarität zwischen den europäischen Ländern. Darüber hinaus gibt es mancherorts Einschränkungstendenzen, beispielsweise bei der Freiheit von Presse und Justiz. Und seit nunmehr schon einem halben Jahr mit der russischen Offensive in der Ukraine einen reellen Angriffskrieg. Und jetzt wird sich das wohl wieder bewahrheiten, was Jean-Claude Juncker, der einstige Kommissionspräsident der Europäischen Union, 2008 sagte: ,Wer an Europa zweifelt, wer an Europa verzweifelt, der sollte Soldatenfriedhöfe besuchen!’“
Gerade in dieser herausfordernden Zeit müsse daher umso mehr das Erfolgsmodell Jumelage propagiert werden. „Es ist nachhaltig gelebte Freundschaft und Vertrauensbildung. Unsere Jumelage ist zwar etwas historisch Anmutendes, es ist aber trotzdem und vor allem auch und gerade jetzt etwas Zukunftsträchtiges“, so der Landrat.
Auch Daniel Morin, Präsident der Jumelage, gab das feierliche Versprechen ab, den Austausch in allen Bereichen weiterzuentwickeln, um durch besseres, gegenseitiges Verständnis das lebendige Gefühl der europäischen Brüderlichkeit zu stärken. „Heute und in Folge der Aggression Russlands gegen die Ukraine dürfen wir feststellen, dass die Europäische Union vereint ist. Der Zusammenhalt der 27 Länder ist das stärkste Bindeglied für eine gemeinsame Zukunft.“
2025 in Amberg-Sulzbach
Um die Bindung zwischen dem Landkreis Amberg-Sulzbach und dem einstigen Kanton Maintenon weiter zu vertiefen, lud Richard Reisinger die französischen Freunde für 2025 ins Amberg-Sulzbacher Land ein. Zwei Jahre später, 2027, soll dann das 60-jährige Bestehen der Freundschaft ebenfalls in Amberg-Sulzbach gefeiert werden. „Wir sind nun umso mehr gefordert, eine Art echten Liebesbeweis für Europa abzugeben, weil wir wissen und es erlebt haben, wie wohltuend so eine Völkerfreundschaft ist und wie wohltuend diese auch in den nächsten Jahrzehnten sein wird“, so der Landkreis-Chef. „Lasst uns daher nicht aufhören, den Menschen einen Austausch und eine Begegnung zu ermöglichen. Und es ist meine Vision und mein Wunsch, dass wir wieder mehr Gruppen miteinander auf den Weg der Begegnung schicken, wie einst Musiker, Sportler, Künstler, Volkshochschulen, Schüler, Landwirte, Kirchengemeinden, Feuerwehren und Politiker.“
Der Wunsch des Landrats sollte sogar noch in Frankreich erhört werden. Die Blasmusik Gebenbach umrahmte mit einer 21-köpfigen Abordnung nicht nur den Festakt in Chartres und spielte dort sowohl die französische als auch die Bayern- und Europahymne, sondern war auch die tragende Säule eines deutsch-französischen Gottesdienstes in Épernon sowie beim Festzug durch den Ort.
Musikalischer Höhepunkt für die Blasmusik Gebenbach war ein Konzert in Saint-Piat, auf das sich die Musiker seit August vorbereitet hatten. Die erste Konzerthälfte gestaltete das französische Pendant, das Orchestre d’Harmonie d’Éperonon. Im zweiten Teil begeisterten die Gebenbacher Musiker unter der Leitung von Gerhard Böller das deutsch-französische Publikum mit Italo-Pop-Klassikern, Märschen und traditionell bayerischer Blasmusik.
Den Abschluss des Konzerts bildeten zwei Lieder, die die beiden Musikgruppen aus Deutschland und Frankreich unabhängig voneinander einstudiert und beim Konzert erstmals gemeinsam wiedergegeben haben. „Ein geglücktes Experiment“, wie es Simon Lösch direkt nach dem Auftritt zusammenfasste. Als Dankeschön für die herausragende Gastfreundschaft lud der Vorsitzende der Blasmusik Gebenbach die französischen Musiker zum Gegenbesuch nach Gebenbach ein. Dieser Austausch soll voraussichtlich im kommenden Jahr stattfinden, so Lösch.
Landrat Richard Reisinger, der selbst seit der Jugend und weit vor seiner Zeit als Landrat die Partnerschaften aktiv begleitet, dankte der Blasmusik Gebenbach, aber auch den Fahnenschwingern aus Gebenbach, den mitgereisten Kreisräten und weiteren Gästen für ihr Engagement, das zum Gelingen des Jubiläums beigetragen habe.
Großherzige Gastfamilien
Die Teilnehmer der Delegation waren in Gastfamilien untergebracht und begeistert von der Gastfreundschaft ihrer Gasteltern. „Wir wurden nicht nur im Haus, sondern in der Familie aufgenommen“, so Cornelia Siegert, Trompeterin bei der Blasmusik Gebenbach. Die Musiker kamen überwiegend bei Mitgliedern des Orchestre d’Harmonie d’Épernon unter, so dass abends auch über Musik gefachsimpelt werden konnte. Die restliche Delegation schlief größtenteils bei Mitgliedern der Jumelage.
Die Partnerschaft zwischen dem Landkreis Amberg-Sulzbach und dem ehemaligen Kanton Maintenon ist 55 Jahre alt geworden. „Auch wir sind älter geworden“, so Reisinger, „aber wir sind nicht alt geworden in unserem Anliegen, sondern jung, dynamisch und zukunftsgewandt geblieben. Es lebe die deutsch-französische Freundschaft. Es lebe Europa!“
Hinweis: Christine Hollederer ist Pressesprecherin des Landkreises Amberg-Sulzbach. Sie war in Frankreich dabei und hat den Artikel in ihrer Funktion für das Landratsamt verfasst.
Landkreis-Partnerschaften
- Die Partnerschaft mit dem ehemaligen Kanton Maintenon ist nicht die einzige des Landkreises.
- Seit 1967 unterhält der Landkreis Amberg-Sulzbach auch freundschaftliche Beziehungen zum schottischen District Argyll & Bute.
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.