Knapp eine halbe Stunde dauert der rasante Ritt durch die komplizierte sogenannte Vergütungskette, die das Erneuerbare-Energiengesetz (EEG) vorgibt. Am Ende stellt der Rechtsanwalt und Spezialist auf diesem Gebiet, Christin Wenzel (Regensburg), fest, dass von den angeklagten 7,4 Millionen Euro nur noch wenig bis gar nichts übrig bleibt. Unausgesprochen steht damit im Raum, hier wurde zwar jahrelang nicht korrekt abgerechnet, aber ein Betrug fand nicht statt, weil es keine benennbaren Geschädigten gibt.
Mit einer gewissen Genugtuung nimmt ein 62-jähriger Kaufmann aus dem Landkreis das zu Kenntnis. Er sitzt seit vergangener Woche vor der Großen Strafkammer des Landgerichts auf der Anklagebank und bisher sind nur Zeugen aufgetreten, die ihn mehr oder weniger belasteten. Demnach soll der Betreiber eines Biomasse-Blockheiz-Kraftwerks (BHKW) seit 2011 nach höchsten Öko-Strom-Kategorien abgerechnet haben, obwohl er seine Anlage mit Heizöl betrieb. Er sei der Auffassung gewesen, das zu dürfen, der Rest sei ein Versäumnis seiner Schlampigkeit, ließ er sich am Montag erstmals zu den Vorwürfen ein. Doch es gibt auch Telefonmitschnitte, die auf eine jahrelange Täuschung und frisierte Nachweise schließen lassen. Alles nur Missverständnisse, lässt der Angeklagte wissen.
Deutlich konkreter werden an diesem vierten Verhandlungstag die beiden Anwälte des Beschuldigten. Christian Pustelnik (Regensburg) übernahm den strafrechtlichen Teil und betonte, „Betrug ist ein Erfolgsdelikt“. Soll wohl heißen, wo es keinen Schaden oder Geschädigte, gibt, gibt es auch keinen Betrug. Die Vorarbeit zu dieser Feststellung hatte der auf Verwaltungsrecht spezialisierte Kollege geleistet. Am Ende von Wenzels Argumentation hatte sich der von der Staatsanwaltschaft ins Feld geführte Gesamtschaden von 7,4 Millionen Euro quasi pulverisiert: „Dieser Betrag ist irgendwo untergegangen.“ Wo, darüber könne man sich trefflich den Kopf innerhalb der komplizierten, vom EEG vorgegebenen Vergütungskette zerbrechen.
Nicht weniger als 55,5 Milliarden Euro seien zwischen 2011 und 2018 im Zuge des EEG ausgeschüttet worden, bei einem Marktwert von gerade einmal neun Milliarden, beschrieb Wenzel die Gesamtsituation. Zudem gebe es eine Verjährungsfrist, so dass maximal die Abrechnungsjahre 2016, 2017 und 2018 infrage kämen. Das Bayernwerk habe außerdem von Tennet alles bezahlt bekommen, was für das BKHW des Beschuldigten ausgezahlt worden sei. „Deswegen muss von uns keiner mehr bezahlen“, lautete die Quintessenz des Anwalts.
Die Vorsitzende der Großen Strafkammer, Roswitha Stöber, sieht das anders. „Dass das der Verbraucher zahlt, ist wohl klar“, gibt es für sie offenbar zumindest Leidtragende solcher Zahlenspiele mit Subventionsmilliarden. Heute wird plädiert und wohl auch das Urteil verkündet.
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.